andere gesellschaftliche Themen Gedanken und Erinnerungen zum Beginn und Ende des Lebens
In unsere Senioreneinrichtung kam ein Mann, den ich kannte, weil er bei mir seine Mutter zur Aufnahme angemeldet hatte und ich alle Formalitäten mit ihm gemeinsam erledigt habe. Die Mutter litt an einer beginnenden Demenz. Immer hatte sie Sorge um ihren Sohn, der so schlecht Luft bekam.
Er litt wohl an einer Lungenfibrose. Wenn er seine Mutter besuchte kam er für einen kleinen Plausch zu mir ins Büro. Eines Tage wurde er selbst von seiner Frau angemeldet. Die Krankheit hatte sich so rapide verschlechtert, dass er zum Sterben zu uns kommen wollte.
Ich weiß noch gut, als ich ihn in seinem Zimmer besuchte, dass er zu mir sagte:
"Ich trinke noch eine Flasche Dunkelbier (sein Lieblingsgetränk), dann will ich nichts mehr haben.
Ich bereite mich auf's Sterben vor.
Genauso zog er das auch durch. Ich bewunderte seine innere Ruhe und seine Entschiedenheit.
Tragisch war, dass die Mutter ihren Sohn überlebte. Obwohl sie zwischenzeitlich sehr dement war, hat sie gespürt das ihr Sohn gegangen war.
Anmerken möchte ich noch, dass der Hausarzt dieses Sterbefasten begleitet hat und das Pflegepersonal psychisch unterstützt hat.
Auch für Pflegende ist es kein einfacher Weg.
Seija
@Seija, danke für deine Erzählung, sie sollte uns Mut machen, denn ich glaube trotz aller negativer Berichte über Pflegeheime, dennoch auch an die positiven und guten Pflegeheime, gleichwohl es vermutlich beides gibt. Es ist auch Sache der Angehörigen für die Senioren in der Familie und ihr Wohlbefinden auf ihrem letzten Weg, Sorge zu tragen. Und dass das sterben der Patienten für das Pflegepersonal, wenn sie nicht gerade plötzlich sterben, eine Belastung darstellen kann, glaub ich auf's Wort.
Der Tod meiner Eltern ist 50/40 Jahre her, langsam verblassen meine Erinnerungen, dennoch verlief der Aufenthalt im Altenheim meiner Mutter positiv, da hatte ich den Überblick, bei meinem Vater war es mein Bruder, der für ihn sorgte und ihn besuchte.
Was wünsche ich mir? Einen schnellen und kurzen Tod, fast egal wo.
Tja, Senija, meine Auszeit, " morgen ist auch noch ein Tag".
Granka
attraktiv machen kann.
Der schlechte Ruf der Senioreneinrichtungen trägt nicht dazu bei, schreckt ab,
macht vieles kaputt. Oftmals wird einfach nicht unterschieden (da denke ich an die 90%)
Dem Pflegepersonal kann man nicht genug Wertschätzung entgegenbringen (meine Meinung)
Sie arbeiten im 3-Schicht-System - jedes 2. Wochenende . Ist der Monatsplan fertig und man ist zufrieden damit - der nächste Tag meldet sich jemand krank. Das heißt "einspringen". Nie kann man die Schichten so besetzen, dass eine fehlende Kraft verkraftet werden kann.
Sicher gab es in früheren Jahren Heime in denen am Personal gespart wurde aus Geldgier -
heute bekommt man keins mehr.
Nun aber genug...
Tschüss
Seija
Letztendlich muss man auch darüber nachdenken, wie man jungen Menschen den Beruf des AltenpflegersIch denke, eines der Probleme ist, dass immer weniger staatliche Pflegeheime und immer mehr private entstehen. Und die privat geführten Heime sind zwangsläufig auf Gewinn ausgerichtet. Und hier verschiebt sich dann leichter mal der Blick auf das was Wesentlich und was die Aufgabe ist.
attraktiv machen kann.
Sicher gab es in früheren Jahren Heime in denen am Personal gespart wurde aus Geldgier -
heute bekommt man keins mehr.
Nun aber genug...
Tschüss
Seija
Ähnlich läuft es doch leider auch in den Krankenhäusern und bedauerlicher Weise sind auch immer mehr kirchliche Träger auf Gewinnmaximierung fixiert.
Das Streben nach Gewinnmaximierung baden dann die Pfleger und die Pflegebedürftigen aus.
Mein Eindruck ist der, dass früher noch etwas weniger auf Gewinn geschaut und vor allem noch mehr staatliche/gemeinnütze Pflegeheime zur Verfügung standen bei denen die schwarze Null am Ende des Jahres ausreichte. Hier bei uns hatte fast jeder größere Ort auch eine städtisch oder vom Landkreis geführtes Heim. Die gibt es durch die Bank nicht mehr. Das waren selten durchgestylte Heime, aber sie waren gemütlich und herzlich (zumindest die, die ich bei Besuchen von Innen gesehen habe). Heute haben wir hier in der Gegend einige sehr moderne Heime stehen in denen das Personal durch die Gänge hetzt und Abends eine Person 2 Stationen betreuen muss.
Aber es gibt sie auch heute noch .. die persönlichen Heime. Das ist so - ich kenne eines davon. Ich frage mich allerdings schon seit Jahren weshalb es in diesem Heim möglich war sich immer freundlich, geduldig, zugewandt und aufmerksam einer alten und manchmal bösartigen/giftigen Frau zu widmen und das so, dass sie nach 2 Wochen zumindest schon wieder auf dem Weg war stehen zu können. (und meine Mutter konnte in der Tat gemein sein. Der Pflegedienst der sie später zu Hause betreute ist so manchmal weinend zur Tür raus.) Dieses Haus hatte auch eine Atmosphäre das sogar mir etwas gab, mich half runter zu kommen. Ich ging da jeden Tag gerne hin.
Ich frage mich immer wieder ... weshalb war das in diesem Heim möglich und weshalb habe ich das in den anderen Heimen die ich besichtigt habe und auch in dem Heim in das meine Mutter dann umziehen musste in dieser besonderen Form nicht mehr erlebte. Die Bezahlung kann es nicht gewesen sein. Nicht einmal die Pflegedienstleitung.
Ich halte das für einen wichtigen Aspekt.
Anmerken möchte ich noch, dass der Hausarzt dieses Sterbefasten begleitet hat und das Pflegepersonal psychisch unterstützt hat.
Auch für Pflegende ist es kein einfacher Weg.
Seija
In dem Heim in dem meine Mutter so gut aufgenommen wurde war auch der behandelnde Hausarzt (also der Arzt der dieses Heim betreut - heutzutage haben selten die alten Leute ab Eintritt ins Heim noch ihren gewohnten Arzt) etwas Besonderes. Das war einfach ein Mensch der auch zuhören konnte, der ein Gespür für Menschen hatte und engagiert war. Und das in alle Richtungen. Das Personal mochte ihn auch.
Möglicher Weise war er so etwas wie die gute Fee - auch für das Pflegepersonal. Und vielleicht ist es das, was dem Personal auch Kraft gibt.
Psychologen, die ja auch in menschliche (Un)Tiefen schauen müssen haben die Möglichkeit der Intervision .. im Katastrophenschutz gibt es inzwischen ebenfalls die Möglichkeit sich nach intensiven/einschneidenden Einsätzen psychologisch betreuen zu lassen. Es gibt auch in diesen Teams inzwischen häufig geschulte Kollegen die auffangen können.
Ich habe aber bisher nichts davon gehört, dass Pflegepersonal, das ja viel menschliches Leid aushalten muss, derartige Unterstützung erhalten kann.
Noch ein Gedanke zum Sterben:
Das Miterleben, wie ein geliebter Mensch stirbt, verändert die zurück bleibenden, ich habe es jedenfalls so erlebt.
Dazu ein, wie ich finde, treffendes Zitat:
Natürlich ist es traurig, wenn das eigene Kind vor einem geht, aber wie du richtig sagst, das Leben geht weiter.
Wir sind nur einmal auf der Welt und kommen nie wieder, deswegen mache ich das Beste für meine Familie daraus. Es belaste mich deswegen auch nicht wie es nach meinem Ableben mit dem Planeten weitergeht. Es warn Milliarden vor mir und es werden vielleicht Milliarden nach mir sein.
LG Hubert
Die Sonne, das Meer, die Wolken.
So möchte auch ich untergehen.
Anna
Am 25. August verstarb mein Schwiegersohn einige Tage nach seinem 55. Geburtstag nach einem sehr langen Leidensweg.
Seine letzten 5 Wochen verbrachte er stationär auf der Palliativ-Station einer Klinik.
Davor wurde er bereits seit Monaten zuhause palliativ versorgt und betreut.
Ich kann nur mit Dankbarkeit betonen, dass er in den letzten Wochen seines Lebens liebevoll und kompetent vom Palliativteam unterstützt und begleitet wurde.
Auch beide Kinder und seine Frau haben dort wertvolle Begleitung erfahren.
Es ist leider tatsächlich so, dass es nicht selbstverständlich ist, dass Ärzte und Pflegepersonal in der "normalen" Betreuung von Sterbenskranken unterstützt und begleitet werden. Dort liegt immer noch der Fokus auf: "Was können wir noch medizinisch machen?"
Unsinnige Untersuchungen zur Dokumentation des Verlaufs etc, sowie lebensverlängernden Maßnahmen sind eher die Regel als die Ausnahme.
Und ja @Maya1
Perspektiven, Prioritäten verschieben sich bei Krankheit, Leiden, Tod.
Momentan lese ich wieder in Sàdhanà. Der Weg zur Vollendung von Rabindranath Tagore
Dieses Büchlein schenkte mir viel Trost nach dem Unfalltod von meinem Mann vor 29 Jahren.
Mareike
Mir hat damals ein guter Freund ein unbekanntes Märchen von Andersen geschickt, eigentlich ein trauriges Märchen, aber es hat mir doch geholfen.
https://www.andersenstories.com/de/andersen_maerchen/die_geschichte_von_einer_mutter