andere gesellschaftliche Themen Ethik-Debatte: Die Würde des Menschen
Für mich zählt, so weit wie möglich aufgeklärt zu sein.
Nicht der ARZT soll entscheiden - diese Entscheidung ist in meiner Verantwortung
Beispiel:
Paul Lieverse ist Anästhesist. Zusätzlich hat er sich auf die Palliativmedizin spezialisiert..
Für Lieverse ist nicht Sterbehilfe der letzte Ausweg, sondern palliative Sedierung. Wenn Patienten in Atemnot geraten, Angst- und Panik-Anfälle bekommen oder zu ersticken drohen, versetzt er sie in tiefen Schlaf, aus dem sie nicht mehr aufwachen. Nach ein paar Tagen sterben sie.
Entnommen aus: https://www.deutschlandfunk.de/sterbehilfe-in-den-niederlanden-mein-tod-gehoert-mir-100.html
@Vivienne
Eine Erinnerung:
Ich lag auf der Intensivstation zur Überwachung: Ein Wespenstich im Mund, es bestand Erstickungsgefahr.
Es wurde eine sehr alte Patientin eingeliefert mit Luftnot.
Stundenlang haben mehrere Personen(Arzt, Pflegepersonal) alles dafür getan zu beatmen.
Die Patientin hat sich mit all ihrer Kraft, die sie noch hatte, dagegen gewehrt.
Am nächsten Morgen kam der Chefarzt und hat in einem sehr barschen Ton Klartext gesprochen: "Entweder sie unterschreiben, dass sie Hilfe wollen oder sie verfügen, dass sie sterben wollen. Dann sterben sie hier."
Dann zu mir: So hätte es bei Ihnen auch aussehen können.
Ja - die Ärzte haben die Aufgabe Leben zu erhalten. So sehe ich das auch.
Denke aber auch weiter ......
Mareike
@Mareike, deinen an mich gerichteten Beitrag verstehe ich nicht ganz.
Das Verhalten der Ärzte war doch von Anfang bis Ende korrekt:
Einem Patienten mit akuter Atemnot muss man doch immer helfen, ohne Ausnahme. Oder hätten die Ärzte nach Deiner Ansicht die alte Frau ersticken lassen sollen, nur weil sie schon alt war??
Korrekt ist auch, dass sie sich nach erfolgreicher Reanimation haben unterschreiben lassen, falls die Patientin weitere ärztliche Hilfe ablehnte ... Wo ist das Problem?
vivienne
Ich musste mal vor vielen Jahren meine schwer kranke, prä-komatöse Mutter in die Notaufnahme eines (nächstgelegenen) Krankenhauses begleiten, wo mir der Arzt nach einiger Zeit den Ernst der Lage erklärte und mich als den (18 jährigen) nächsten Angehörigen fragte, ob ich darauf bestehen würde, alles Mögliche zu versuchen ... oder meine Mutter, wie er empfehlen würde, nicht einfach gehen lassen wollte, wenn sie es nicht mehr allein schaffen sollte...
Für mich damals eine fast unerträgliche Entscheidung, aber ich wusste um den Willen meiner Mutter. Wir hatten öfters darüber,den Tod im allgemeinen und in erlebten besonderen Situationen (Krieg, Krankheit, Unfall ..) gesprochen.
Sie war physisch und mental stark und hat nicht nur aus eigener Kraft überlebt, sondern ist danach weitgehend genesen.
Will sagen, nicht jedes Krankenhaus (das, das ich meine, war etwas anthroposophisch 'angehaucht' = würdevolles Altern und Sterben als 'zentrales' Anliegen - aber das bekam ich erst viel später mit) ) und nicht jeder Arzt, wollen um jeden Preis, unbedingt und ohne Beachtung der Würde des Todkranken, "Leben" retten.
Auch mein Hausarzt, bei dem ich nach langen Gesprächen meine Patientenverfügung hinterlegt habe, weiß um meine ethische Einstellung und würde diese (an meiner Stelle) ggf.den Kollegen im Krankenhaus entsprechend nachdrücklich vermitteln.
Ich denke, es macht einen erheblichen Unterschied, ob es darum geht, ein bedrohtes Leben zu retten oder darum ein Leben mit den gegebnen modernen Möglichkeiten zeitlich nur zu verlängern.
Aber da nähert man sich bedenklich der Frage nach der 'Triage' - welches Leben rette ich, wenn nur eines von beiden zu retten ist, aber beide Leben gleiche Rechte haben auf einen Rettungsversuch ... ? Wo bleibt da die Würde, die Achtung vor dem Leben ?
Wie gesagt , kein einfaches Thema ...
Es freut mich, dass einige hier so gute Erfahrungen mit den Ärzten und Krankenhäusern gemacht haben, in denen ihre Liebsten gestorben sind. Ich habe da leider eine vollkommen andere Erfahrung machen müssen.
Als mein Mann durch eine zu spät im Pflegeheim erkannte Blutvergiftung auf der Intensivstation eines Krankenhauses starb, war er noch einen Tag, eine Nacht und einen weiteren halben Tag lang künstlich beatmet worden, obwohl er in seiner Patientenverfügung bestimmt hatte, an keine Maschine mehr angeschlossen zu werden. Er hatte lediglich den Fehler gemacht, dazu zu schreiben wenn es keine Hoffnung mehr gibt. An diesem Zusatz haben die Ärzte sich festgehalten und behauptet, es gäbe noch Hoffnung, obwohl mein Mann teilweise schon blau angelaufen war und seine Haut käsig war.
Ich wusste was das heißt, denn ich kannte das vom Sterbeprozess seiner Mutter. Selbst die Krankenschwester auf der Intensivstation sagte mir, dass er stirbt. Und dennoch haben ihn die Ärzte an der Beatmungsmaschine gelassen. Ich sagte ihnen, dass dies genau das wäre, was er nicht gewollt hat. Ich bekam die Antwort, das diese Behandlung von einer Gruppe mehrerer Ärzte entschieden wurde. Ich konnte nichts dagegen unternehmen.
Am nächsten Tag starb mein Mann. Der Arzt sagte mir, mein Mann habe ihnen die Entscheidung, ob weiter beatmet oder nicht, abgenommen. Was für ein Zynismus.
Ich kann mir denken, warum die ihn nicht von der Maschine genommen haben, als ich das wollte. Eine künstliche Beatmung kostet pro Tag ca. 1500 Euro. Und mein Mann war zwei Tage an der Maschine. Sie hätten ihn auch noch länger dran gelassen, wenn er länger gelebt hätte.
So etwas ist für mich würdelos, denn es ging ihnen nur ums Geld und nicht um den Wunsch meines Mannes. Seitdem sehe ich mit Schrecken meinem eigenen Ende entgegen.
Drachenmutter
Ja Vivienne
Das Verhalten der Ärzte war absolut korrekt!
Nicht sie haben verfügt, die Frau stirbt jetzt, denn sie haben die Aufgabe Leben zu retten.
Ich weiß nicht, welche Entscheidung die alte Frau dann getroffen hat.
In meinem längeren Beitrag #11789098 führe ich aus: Ich darf diese Entscheidung nicht vom Arzt verlangen, da bin ich selber gefordert, sofern ich bei Bewusstsein bin.
Mein Satz: " Krankenhäuser sind nicht die richtige Orte zum Sterben ." soll heißen: Dort ist die Aufgabe Leben zu retten.
Wenn ich sterben möchte, wäre die Palliativstation der richtige Ort
Mareike
Liebe Drachenmutter
Auch Ärzte stoßen da an ihren Grenzen.
Es darf kein Ziel sein, Leiden zu verlängern.
Hoffnung auf was? Auf ein selbstbestimmtes Leben?
Es ist und bleibt eine schwierige Frage.
Alles Gute
Mareike
Liebe @Drachenmutter,
das ist wirklich traurig, was du da schilderst, und du hast recht, das ist würdelos und außerdem inhuman. In Anbetracht der Tatsache, dass die Krankenhäuser immer mehr gehalten werden, gewinnbringend zu arbeiten, die meisten aber im Defizit sind und und befürchten, schließen zu müssen, kann man nur hoffen, dass solche Beispiele nicht jetzt zunehmen.
Vielleicht war das vor Jahren mal besser, weil die Krankenhäuser noch nicht so vor dem Aus standen wie jetzt. Ob die Reform von Lauterbach da hilfreich ist, wage ich zu bezweifeln, ich fürchte, sie verstärkt diese Probleme.
Ja, vielleicht sind die guten Beispiele, die wir jetzt dargelegt haben, auch eine Ausnahme, ich hoffe nicht. Wer weiß denn schon, was hinter verschlossenen Türen in Krankenhäusern so alles geschieht!
Jedenfalls ein Grund mehr, eine Patientenverfügung zu machen, die glasklar ist.
Die Hoffnung bezog sich für die Ärzte darauf, meinen Mann soweit wieder herstellen zu können, dass er weiter im Pflegeheim leben könne, obwohl er nicht mehr ansprechbar war und sein Körper eindeutige Zeichen des Sterbens zeigte.
Drachenmutter
Wenn ich sterben möchte, wäre die Palliativstation der richtige OrtVermutlich wollen die wenigsten Menschen sterben.
Mareike
Palliativstationen sind räumlich zusammenhängende Versorgungseinheiten in einem Krankenhaus; sie sind meist wohnlicher eingerichtet und es gibt speziell ausgebildetes medizinisches Personal.
Verwechseln Sie Palliativ-Stationen evtl. mit Hospizen? Olga