andere gesellschaftliche Themen Ethik-Debatte: Die Würde des Menschen
Ich kenne diese Anna bereits. Du hast uns schon einmal vorgestellt.
Sie sagt klare, annehmbare Sätze.
Diese Sätze bleiben richtig.
Sie werden nicht falsch, wenn sie öfter nicht eingehalten werden, als
sich danach ausgerichtet.
Das ändert nichts an der Wahrheit.
So sehe ich das.
Anna
Ein großes Lob an die Berufsschule. So was ist wirklioch berufsvorbereitend.
Ansonsten aber doch 'olle Kamellen' - jeder weiss doch, um die Codes und deren Verwendung in Arbeitszeugnissen. Sie liegen als Listen in den SChubladen jedes 'Personalers'.
Ich erinnere mich vage an die Entlassung einer Dame, die lieber redete, als den ganzen Tag an ihrem Arbeitsplatz zu sein (und zu arbeiten).
Da stand dann im Zeugnis so etwas von ausgeprägten Kommunikationsfähigkeiten, sehr intensiven Sozialkontakten mit den Kollegen und den damit zusammenhängenden positiven Beiträgen für das Betriebsklima der Firma, bei dem stets die Anliegen der Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen.
Jeder wusste doch , dass man auch hätte schreiben können, sie war eine in der ganzen Firma bekannte, sehr aktive Klatschtante, ständig auf Achse, um den neuesten Klatsch und Tratsch weiterzutragen ...
Jedes Arbeitsgericht hätte das reklamiert, also braucht es 'Umschreibungen' (oder eben ein Telefongespräch von Personalabteilung zu Personalabteilung - selbst in Zeiten von Arbeitskräftemangel) .
Gut also, wenn die Ausbildung die Azubis da frühzeitig sensibilisiert, um später jeglicher naiven, falschen Freude über ein vermeintlich "gutes" Arbeitszeugnis, den Boden zu entziehen. 😵
Eine kleine Anmerkung:
Es könnte auch hilfreich sein, darauf hinzuweisen, dass nicht alle Bereiche im ST für den Disput (Streit-gespräch) gedacht sind.
Ich spreche nun nicht von den (zu Unrecht verhöhnten) "Wohlfühloasen", sondern Threads, wo man sich im gewohnten, freundlich zugewannten Ton unterhalten möchte.
Ich denke da u a an den Faden: Was mich bewegt.
Mareike
Ich denke, da ist alles im Fluss bei den Beurteilungen.Ich würde mir die für eine 1 notwendige schwülstige sprachliche Steigerung ohne der hier aufgezeigten Texte aus eigenen Gefühl nicht abgerungen haben, obwohl die Gründe gegeben gewesen wären.
Die Personaler brauchen die Verdi Textbausteine (die uralt sind) sicher nicht, um sich was auszudenken (abzuringen).
Was ich immer als positiv empfand, war wenn eine(r) als "integre Persönlichkeit" bezeichnet wurde, wobei dann das Adjektiv "ausgeprägt" schon wieder zur Vorsicht mahnte.
Ich ziehe deshalb den Begriff der Integrität dem der sehr hochstehenden Würde vor.
Warren Buffet gab mal den Rat "Suche nach drei Qualitäten: Integrität, Intelligenz und Energie. Und wenn sie die erste nicht haben, werden die anderen beiden dich umbringen."
"Integrität bedeutet, den eigenen Werten treu zu bleiben und dabei ehrlich und gerecht zu handeln. Wenn du Integrität besitzt, hast du starke moralische Prinzipien und lebst auch danach: Du verhältst dich anständig, aufrichtig, rechtschaffend, zuverlässig und vertrauenswürdig und bist nicht bestechlich." (zitiert nach dem code of conduct für Mitarbeiter von bauermedia; - es hätte aber auch irgendein anderes Benimmbuch sein können - selbst die ST Gouvernante Anna sagt ja Vergleichbares 😁).
Das nach "Prinzipien leben" nennt man mMn auch 'Reifen'. Eine integre Person ist m.E. auch gleichzeitig eine "gereifte Persönlichkeit". Das kann im Alter sich abbauen, heisst dann aber nicht kindlich, sondern eher "kindisch" ...
Das wäre doch schon mal was, wenn jede(r), die hier unterwegs ist, über einen Grundstock an "Integrität" verfügte, entweder es gibt sie oder nicht. Bei Mangel- oder Abwesenheitszuständen helfen allerdings auch noch so viele Ermahnungen an alle nichts.
Es geht auch dann "um Sein oder Nicht-Sein" und wo nichts ist, kann auch nichts sein.
Habe mir alles durchgelesen.
Es bleiben Fragen. Vielleicht kannst du die beantworten.?
Sind z.B. orthodoxe Gläubige per se integer?
Die haben alle starke Prinzipien und leben danach.
Denke nur an die Zeugen Jehovas während des II. Weltkrieges.
Wie entstehen die " eigenen Werte " ?
Kann ich meinen eigenen Werten immer und jederzeit treu bleiben?
Können sich starke moralische Prinzipien im Laufe des Lebens,
mit entsprechenden Erfahrungen ändern?
Bin ich immer " aufrichtig "?
Ich nicht immer.
Dazu ein Beispiel:
Meine Nachbarin kam an den Gartenzaun.
Sie trug ein Kleid, das ich noch nie an ihr gesehen habe. Es war neu.
Sie frug mich: " Wie findest du mein neues Kleid? Ist es nicht wunderschön?
Ich habe es mir für eine Hochzeit gekauft. "
Sie lachte und drehte sich.
" Und? Was sagst du?? "
Ich fand dieses Kleid grauenhaft. Es stand ihr auch nicht.
" Jaaa..., ich finde, du kannst das Kleid tragen. "
Sie: " Nicht wahr! Der Werner findet, es steht mir nicht ! "
Ich: " Ach, was wissen schon die Männer von Kleidern! "
Genau genommen habe ich nicht die Wahrheit gesagt.
Gelogen habe ich aber auch nicht, da meine Antwort eine
Doppeldeutung hat.
Ich wollte ihr nicht die Freude an diesem ( scheußlichen ) Kleid
nehmen.
Aber so richtig aufrichtig war ich da nicht.
Ich fand die Situation problematisch....
Und wohlgefühlt habe ich mich dabei auch nicht.
Anna
Und warum sollte man jemand anderem die Freude an etwas verderben, nur weil man geschmacklich anders unterwegs ist.
Trotzdem ist eine eine solche Situation unangenehm, aber im Zwischenmenschlichen kann man nicht immer dem/der anderen seine Wahrheit einfach so sagen.
Roxanna
Bei meiner Besten Freundin kann ich immer, egal bei was,
offen und ehrlich sein. Aber wir sind seit 1976/1977 Beste
Freundinnen.
Zum Glück komme ich nicht so häufig in eine solche Situation.
Ich denke, dass integer sein, nicht immer so einfach ist.
Manchmal eine Gradwanderung.
Anna
Hallo Anna,
natürlich bleiben immer Fragen bzw. gilt es seine "eigene Betriebsanleitung" den jeweiligen Situationen entsprechend anzuwenden.
Integer können m.E. nur Einzelpersonen sein, nicht aber Kollketive wie Religionen usw.
Deren Leitsätze muss jeder 'Gläubige' für sich bewerten und ggf.zu den seinigen machen, zu 100 % oder nur 50 %- je nachdem was er glauben , für sich 'lebbar' erachtet.
Ein 'per se' gibt es da nicht.
Entsprechendes gilt für die Stablilität bzw. Flexibilität der "eigenen Werte", die sich bzw. deren Verständnis sich für das Individuum im Laufe des Lebens ändern können, wobei es aber die unveränderlichen Grundwerte gibt, wie z.B. Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Respekt vor dem Leben (körperliche und seelischen Verletzlichkeit), die vorgegeben sind und die der in einer Sozietät lebende Mensch zu verinnerlichen, d.h. zu seinen eigenen zu machen hat.
Täte er das grundsätzlich nicht, dann würde er auch nicht als integre Person angesehen werden können.
Zwischen dem erwartbaren 'anständigen' Verhalten und den 'eigenen Werten' entstünde eine Diskrepanz (= Lüge i.S. von sich selbst und/oder anderen was vormachen) , wo doch weitgehende Kongruenz (= Wahrheit) herrschen sollte.
Man kann - so verstehe ich das zumindest - nicht vorgeben, integer zu sein, d.h. sich 'anständig' (den Anderen achtend) zu benehmen und gleichzeitig ihm die 'Augen auskratzen' wollen, durch verletzende Kommentare in anonymen Internetauftritten.
Was bedeuten kann - wie in dem Brautkleidfall - dass man in einzelnen Situationen durchaus abwägen muss, welchem Wert einer höherer Rang beigemessen wird. In diesem Fall war das das Bemühen, der Braut nicht den Spaß zu verderben, sie nicht unglücklich zu machen, sie nicht seelisch zu verletzen.
Der persönliche (Werte-) Schaden durch den Verstoß gegen die Wahrheitspflicht ist hier dagegen sehr gering, zumal er ja bei weitem durch die Freude der Braut kompensiert wird. Sie erleidet keinen Nachteil, dadurch, dass sie ein bisschen 'betrogen' wurde, es sei denn, der Kleiderfetzen liegt so neben der Spur, dass die Hochzeitsgesellschaft sich vor Lachen /Entsetzen nicht mehr einkriegt. Dann wäre es unfair gewesen, sie in dieses Desaster laufen zu lassen, statt ihr (ehrlich) zu sagen , das kannst du nicht tragen, das steht dir nicht o.ä.
Wesentlich ist, dass dies bewusst abwägend passiert und nicht Ausdruck einer permanenten 'Schwäche' ist, die Ausdruck von Feigheit, Bequemlichkeit oder Entscheidungsschwäche ist.
Da kommt die Integrität dann wieder in die Nähe von Kants Postulat, nicht Treibholz im Strom der Masse der Getriebenen zu sein, sondern aktiver Nutzer des eigenen Verstandes, damit jeder einzelne seine Entscheidung fällen kann.
In diesem Fall hätte ich vermutlich wie folgt geantwortet:
Das Kleid muss Dir gefallen, meine Meinung dazu ist vollkommen unbedeutend. Wenn Du Dich darin wohlfühlst , dann ist es das richtige Kleid für Dich.
Es sollte halt immer bedacht werden, dass auch die Wahrheit, hier die eigene Wahrheit/Meinung, verletzend sein kann.
LG,
Drachenmutter
In solchen Situationen, versuche ich neutral zu bleiben.
Statt zu sagen, steht dir oder ist nicht schön, versuche ich eher
dir muss es gefallen, wenn du dich darin wohl fühlst ist doch alles in Ordnung.
Bruny 😉