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RE: Der Handwerkermangel
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf MarkusXP vom 10.01.2023, 15:21:57

Da sollte etwas passieren! 

Solange aber zukünftigen Handwerkern die persönliche Bildung und
eine angemessene Bezahlung vorenthalten wird,
sie sind es der Gesellschaft nämlich noch nicht wert,
wird jeder denkende Erziehungsberechtigte auf eine möglichst lange Schulzeit drängen.

Handwerker sterben durchschnittlich 5 Jahre früher.
nurmalsoanmerk



Übrigens
der Fachkräftemangel in der Politik liegt bei über 90 %

barbarakary
barbarakary
Mitglied

RE: Der Handwerkermangel
geschrieben von barbarakary
als Antwort auf barbarakary vom 10.01.2023, 15:27:17

Sam - mein Antwortbutton funktioniert doch....

olga64
olga64
Mitglied

RE: Der Handwerkermangel
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.01.2023, 17:38:29

Das Grundübel in unseren westlichen Staaten  liegt darin begründet, dass immer weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen. Und denjenigen, die vorhanden sind, sollte man schon selbst die Entscheidung überlassen, ob sie in einen akademischen Beruf oder als Handwerker tätig werden wollen.

Die Menschen sind mit 18 Jahren volljährig und solche Entscheidungen werden auch nicht mehr in den Elternhäusern gefällt, sondern direkt vom jungen Menschen, der vor einer Berufswahl steht.
Oft orientieren sich diese natürlich auch an ihren Elternhäuser, will heissen, wenn sie aus einem akademischen Haushalt kommen, geht es meist auch so weiter. Oft auch deshalb, weil z.B. eine Anwaltskanzlei vom Nachwuchs übernommen werden sollte oder ein Unternehmen an sich usw.

Die Einstellung zu Handwerkern in unserer Gesellschaft ändert sich spätestens dann, wenn man selbst Handwerker braucht und erfährt, dass mit sehr langen Wartezeiten gerechnet werden muss.
Man sollte deshalb selbst so weitblickend sein, sich frühzeitig ein Netzwerk von Handwerkern aufzubauen. Das bedeutet dann auch, dass man als Kunde treu bleibt und auch die örtlichen Betriebe bevorzugt, auch wenn diese u.U. teurer sind als andere.
Ich hatte während der Weihnachts-Urlaubswochen selbst so einen Notfall als in meinem Badezimmer die LED-Beleuchtung ausfiel und ich im Dunklen war, weil ich dort kein Fenster habe.
Die meisten Elektriker waren nicht erreichbar; einer,der für die Bauunternehmung meines Vermieters viel arbeitet, war anwesend und er half mir auch sofort. Allerdings war die Leuchte dann einige Tagen nicht lieferbar und der Elektriker brachte ein Provisorium an.
Seit gestern ist alles okay und ich bin froh, dass ich diesen Kontakt habe. Olga


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olga64
olga64
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RE: Der Handwerkermangel
geschrieben von olga64
als Antwort auf barbarakary vom 10.01.2023, 17:27:16
Ob die Klassenfahrt sinnvoller ist als feilen zu lernen? Menschen machen in dem Bereich Erfahrungen, in dem sie gegenwärtig stehen - Gymnasium muss nicht unbedingt sinnvoller sein. Wieviele arbeitslose Akademiker gibt es? Wieviele haben nie gelernt, zu arbeiten, weder richtig für die Schule - vielleicht Abitur gerade so geschafft oder auch super, weil es leicht fiel? Keine Ahnung, was sie studieren sollen, da und dort ausprobiert, mit über 30 noch an der Uni? Da lobe ich mir doch einen fleißigen Handwerker, der weiß, was er will und sich ständig weiterbildet für seinen Beruf. Hat er Lust auf mehr Bildung, stehen ihm Volkshochschulen offen....

Hat alles mehrere Seiten....

LG barbarakary.
Das ist schon ein wenig hart, Barbarakary - so verallgemeinernde Ansichten über Akademiker, die nie gelernt haben sollen, zu arbeiten.
Aus meinem persönlichen Bereich kenne ich die Situation völlig anders und ich halte es bis heute richtig, einen Lerneifer bis zum Lebensende zu  verfolgen - für vieles und viele eignen sich da Volkshochschulen nicht unbedingt.

Übrigens haben wir in Deutschland fast 2 Mio freier Stellen - . Oft werden Akademiker händeringend gesucht, z.B. in den MINT-Fächern.Wenn wir das als Deutsche nicht selbst schaffen, diese freien Stellen zu besetzen, benötigen wir dringendst gut ausgebildeten Zuzug auch aus Drittländern, also nicht nur innerhalb der EU. Der demographische Faktor wird nicht enden - er wird immer problematischer. Olga
barbarakary
barbarakary
Mitglied

RE: Der Handwerkermangel
geschrieben von barbarakary
als Antwort auf olga64 vom 10.01.2023, 18:19:46

Was die Akademiker angeht, die evtl. nie gelernt haben, richtig zu arbeiten, so meine ich die Gegenwart. Es gibt Studierende, denen es leicht gemacht wird von wohlhabenden Eltern, sich beim Studieren auszuruhen. Andere wiederum haben die falschen Fächer studiert und bekommen tatsächlich keinen Arbeitsplatz....

Ich wollte nur das Loblied 'Abitur und wenn möglich, Studium um jeden Preis' etwas dämpfen, denn auch so werden Handwerker diskriminiert, die eben kein Abitur haben - aber auch die brauchen wir ständig!

LG barbarakary

Nick42
Nick42
Mitglied

RE: Der Handwerkermangel
geschrieben von Nick42
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.01.2023, 17:18:21

...Meinen herzlichen Glückwunsch.  Du hast Dir das Lernen nicht abgewöhnen lassen.
Wie viele von hundert schaffen dieses? 
Dir ist schon bewusst, dass Du ein Ausnahmefall bist?....

geschrieben von Sam0
Ja, ich war damals der Ausnahmefall. Die Regel war, dass nur die Kinder des Dorflehrers, des Landarztes und des Pfarrers in eine weiterführende Schule gingen. Und die Kinder des Fabrikanten machten alle Abitur. Auch die, die für die Schule nicht unbedingt geeignet waren.

In seltenen Fällen gab es Ausnahmen. Es gab eine einfache Familie, da hatten die Eltern das Lebensziel, dass das Kind Pfarrer wird. Und er wurde auch Pfarrer.

Nick42

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aixois
aixois
Mitglied

RE: Der Handwerkermangel
geschrieben von aixois
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.01.2023, 17:18:21
Mir geht es darum, dass zukünftigen HandarbeiterInnen, so vieles vorenthalten wird.
'Vorenthalten' würde ich es nicht gerade nennen, denn die , die mit 9/10 Jahren 'ins Leben' entlassen werden, machen andere Erfahrungen, die auch einen Wert haben (nicht auf der Penne rumhängen ohne zu wissen was man will , was es soll; sinnvolle, produktive Arbeit mit sichtbarem Nutzen, Verantwortungsbewusstsein und Wahrnehmung, usw. usw.), und um die sie manchmal von den Abi Pennälern beneidet werden.

Ich denek Du stellst auf den sozialen Status ab , auf die Zugehörigkeit zu einer 'einfachen' Kaste, wo sich die aufhalten, die es (so das heute noch aufscheinende Vorteil) sonst zu nicht mehr gebracht haben, die 'bildungsfern', schwach, die , die ...usw. sind. Ziel der Bildungspolitik ist ja bis in unsere Tage, die 'Bildungsreserven' zu mobiliseren und das bedeutete, aufs Gymnasium zu gehen, Abitur zu machen, möglichst zu studieren ... kurz aus dem Milieu der Faustarbeiter und Handwerker aufzusteigen, es mal 'besser' zu haben als die Eltern. Damit schuf man automatisch eine 'Klasse' der 'Zurückgebliebenen', denen es eben nicht 'besser' ging, sondern immer noch gleich schlecht ...
Das ist bekannt, muss nicht weiter ausgeführt werden.

Meine Kritik setzt an der Zahl der Abiturienten an.  Über 60 % eines Jahrgangs, als ob diese Quantität  irgendetwas über die Qualität der  Vermittlung von 'Lebenstüchtigkeit', der echten, der persönlichen Reife der 18-jährigen aussagen könnte.
Wir werden immer noch bewundert wegen unseres Systems der beruflichen Bildung, der Kombination Schule-Praxis. Nicht bewundert werden wir wegen der auch durch viele halbherzigen Reformversuchen im Grunde gleichgebliebenen Dreigliedrigkeit der Schule in drei (mindestens zwei)  getrennten 'Schultypen', wo die Schülerschaft früh aufgespalten wird, in die, denen man eine 'höhere' (allein schon das Wort ist diskriminierend)  Bildung zubilligt, und dem Rest eben.

Ich bin ein Anhänger der Gesamt(Ganztags)schule, bei der die Schüler so lange zusammen unterrichet werden und zusammenbleiben können, bis sie ihre Prüfungen ablegen. Dazu gehört m.E. unbedingt eine begleitende individuelle Orientierung (Potenzialanalyse), die die Stärken/Schwächen des Einzelnen erkennt und ihm die passenden Fächerkombinationen 'zuweist'. Ein manuell sehr begabter Schüler, der gerne schraubt und bastelt, muss nicht Jura studieren, nur weil Papa es will. Da lässt sich mit - nicht nur klassenbezogenen-  'Binnen'differenzierungen und etwas, besser viel, innovativem Pädagogen-Denken (nicht jeder Lehrer folgt dem Ruf Lehrer zu werden, weil er Pädagoge sein will,) mit neuen Unterrichtsformen sehr viel machen.

Natürlich sollte auch die Bewertung von Arbeit auf den Prüfstand gestellt werden, bevor der Markt das - nicht auf optimale Weise - tut, d.h. warum bekommt einer der nach 8 h Arbeit sich müde gerackert hat, nur einen Bruchteil dessen als Lohn, im Vergleich zu  einem, der nicht seine Muskeln einsetzen musste ? Eine uralte Frage, die noch aus Zeiten stammt, in denen es ein großes Angebot an Muskelkraft gab, aber nur wenig strukturierte Hirne.
Im übrigen bin ich beeindruckt, wieviel 'Hirn' heutzutage "Hand"werker einsetzen z.B.im Umgang mit IT basierten Werkzeugen und Messgeräten, in  der  fachlich anspruchsvollen Beratung ihrer Kunden,  usw.

Vielleicht ändert sich ja was, wenn die "Kopfarbeiter" ihren Müll selbst wegbringen, sich selbst am kaputten Wasserhahn abmühen , ihre Schornsteine selbst fegen, und,  wenn sie mal 'ausgehen' wollen, ihr zuhause zubereitetes Essen ins Restaurant selbst mitbringen, die Betten im Hotel selbst neu beziehen,   sich selbst den gebrochenen Arm schienen  müssen, ...
Da wird dann auch das neue "Workation" - Vergnügen unweigerlich an seine Grenzen stossen   ... denn auch im Urlaub braucht es Nachwuchs und Interessenten für 'hand'werkliche Dienstleistungen und wenn man dann noch 'fremdelt' mit 'Fremdarbeitern' , die die Orders nicht recht verstehen, dann oh weh ....😲

Diesen unter 'Hand'werkerentzug Leidenden sang schon Otto Reutter (nur 'Volks'schule, Lehre als kaufmännische 'Hilfskraft') vor gut 100 Jahren zum Troste:
 

Denk' stets, wenn etwas dir nicht gefällt:
"Es währt nichts ewig auf dieser Welt."
Der kleinste Ärger, die größte Qual
Sind nicht von Dauer, sie enden mal.
Drum sei dein Trost, was immer es sei:
"In fünfzig Jahren ist alles vorbei."

 
Oder sie verstehen , was Georg Herwegh 1864 dichtete (wenn sie wissen mit ihrer Allgemeinbildung , wer das war und was er wollte ):

Deiner Dränger Schar erblaßt,
Wenn du, [Handwerker], müde deiner Last,
In die Ecke lehnst den Pflug,
Wenn du rufst: Es ist genug!








 
Nick42
Nick42
Mitglied

RE: Der Handwerkermangel
geschrieben von Nick42
als Antwort auf olga64 vom 10.01.2023, 18:05:22
.....Ich hatte während der Weihnachts-Urlaubswochen selbst so einen Notfall als in meinem Badezimmer die LED-Beleuchtung ausfiel und ich im Dunklen war, weil ich dort kein Fenster habe.
Die meisten Elektriker waren nicht erreichbar; einer,der für die Bauunternehmung meines Vermieters viel arbeitet, war anwesend und er half mir auch sofort. Allerdings war die Leuchte dann einige Tagen nicht lieferbar und der Elektriker brachte ein Provisorium an.
Seit gestern ist alles okay und ich bin froh, dass ich diesen Kontakt habe. Olga
Hallo Olga,
ein interessantes Beispiel das du schilders. Gute Handwerker sind fast immer überlastet, weil sie kein geeignetes Personal finden. Und der Mitarbeiter deines Vermieters, der eigesprungen ist und improvisirend helfen  konnte war vermutlich kein Akademiker aber in handwerklichem erfahren.

Handwerklich tätige Menschen machen oft gute Arbeit mit guten Fachkenntnissen. Das wird in der Gesellschaft oft nicht genügend gewürdigt.

Nick42

 
olga64
olga64
Mitglied

RE: Der Handwerkermangel
geschrieben von olga64
als Antwort auf Nick42 vom 10.01.2023, 18:58:32

Danke Nick. DAs stimmt aber so nicht: der Elektriker, der mir aus meiner Patsche half, hat ein eigenes, kleines Unternehmen und arbeitet auch für die Bauunternehmung meines Vermieters.
ER ist also dort kein Mitarbeiter, sondern erledigt Aufträge seiner Kunden, die sie ihm erteilen.
Da er bei mir schon öfters mal was reparierte, kennen wir uns seit Jahren - das erleichtert die Angelegenheit sehr. Ich denke, er hätte mich abblitzen lassen, wenn ich als eine ihm unbekannte Frau meine Notlage geschildert und ihn um Hilfe gebeten hätte.
Das meinte ich auch damit, dass man sich beizeiten ein Netzwerk auch mit Handwerkern aufbauen sollte, auf die man sich dann in Notfällen verlassen kann. Lieber ein wenig mehr bezahlen - billigst/billigst ist hier der falsche Weg, weil sich das nie auszahlen wird. Olga

aixois
aixois
Mitglied

RE: Der Handwerkermangel
geschrieben von aixois
als Antwort auf Nick42 vom 10.01.2023, 18:58:32
war vermutlich kein Akademiker aber in handwerklichem erfahren.
@Nick42

das eine schliesst das andere ja nicht aus. Ein bisschen 'Ehren'-Rettung muss sein : als erziehender Vater legte ich Wert darauf, dass unsere Kinder wissen, was eine Bohrmaschine ist, wie man bohrt und dübelt, streicht, Kabel abmantelt, was eine Rohrzange ist und wie man das 'Lederle' des tropfenden Wasserhahns ersetzt, alle drei mussten je ein 5 m langes Verlängerungskabel fabrizieren ...

Einer 'durfte' drei Monate in den Semesterferien einem befreundeten all-round Bauhandwerker tüchtig zur Hand gehen ... der kann jetzt nicht nur guten 'Speis' anmachen, richtet älteren Leuten (dazu zählt er mich nicht !!!)  ihre PC/tablets  usw ein, installiert so manche elektrischen Kram und hätte sicher der netten 'älteren' Dame Olga aus der Nachbarschaft,  auch ihre high-tech LED Lampe zur Erleuchtung gebracht, falls gewünscht,  auch mit Bewegungsmelder und mit Rauchmelder (falls noch nicht vorhanden) ...💪

Als Studentin wurde  unsere Tochter von ihren Studentenkollegen, ständig angerufen, zum Regale aufbauen, Bohren usw. alles Akademikersöhne, manche mit nagelneuer Bohrmaschine von ihren Eltern (meist ihren  etwas praktischer veranlagten Onkels) bestens ausgestattet, aber trotz ihrer bis nach China führenden Weltreisen, kamen  ihnen Begriffe wie 'Bohrfutterschlüssel' oder 'Kreuzschlitzschraubenzieher' oder ' Inbusschlüssel' ... nur chinesisch vor. 
Einer musste sogar erst lernen, in welcher Richtung man Schrauben/Mutter drehen musste, um sie 'anzuziehen' ...
Ich empfahl der Tochter dann, diesen für 'höhere' Weihen sich vorbereitenden Herren die Nummer der benötigten Handwerkerdienste als maximale Dienstleistung zu liefern. Auch Handwerker wollen leben ....😁

Schon Reinhard Mey wusste:
Denn in Villen und in Lauben
Gibt es Muttern zu verschrauben
Selbst auf Schlössern, alten stolzen
Gibt es Schellen zu verbolzen

 
Ich bin [zwar kein]  Klempner von Beruf
[trotzdem:] Ein dreifach Hoch dem,  der dies gold'ne Handwerk schuf
Denn auch in den größten Nöten
Gibt es immer was zu löten

 
Einer überliess der  Tochter  sogar seine Bohrmaschine mit der Bemerkung, "was soll ich damit, Du kannst damit umgehen, ich nicht   ..."
 

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