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andere gesellschaftliche Themen Benachteiligung von Frauen und Mädchen in der frühen Bundesrepublik

Karl
Karl
Administrator

Benachteiligung von Frauen und Mädchen in der frühen Bundesrepublik
geschrieben von Karl

In einem anderen Thread wurde dieses interessante Thema angesprochen, aber dort ist es off topic, weshalb ich es hier neu eröffne.

Ich schilderte aus der eigenen Familie den Fall, dass meine Schwester als "Mädchen", das ja eh irgendwann heiratet und Kinder bekommt, nicht auf die "höhere Schule" geschickt wurde. Meine Eltern machten bei der Erziehung deutliche Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen. Wie ist es euch ergangen?

Ich finde das Thema interessant, macht es doch deutlich, wie nachhaltig sich innerhalb kürzester Zeit gesellschaftliche Begebenheiten ändern können.

Karl

 

Songeur
Songeur
Mitglied

RE: Benachteiligung von Frauen und Mädchen in der frühen Bundesrepublik
geschrieben von Songeur
als Antwort auf Karl vom 16.02.2023, 21:34:38

In meiner Familie haben wir andere Erfahrungen gemacht.

Meine Schwester hat ebenso wie ihre beiden jüngeren Brüder eine "höhere Schule" besucht. Weil diese beiden Brüder jünger waren sogar als erste. Da ich nur unwesentlich jünger bin als Du, betrifft das schon in etwa die gleiche Zeit.

 

barbarakary
barbarakary
Mitglied

RE: Benachteiligung von Frauen und Mädchen in der frühen Bundesrepublik
geschrieben von barbarakary
als Antwort auf Karl vom 16.02.2023, 21:34:38

Lieber Karl,

persönlich hatte ich kein Problem, aber mein Mann (Jahrgang 1936) wollte nicht, dass unsere Tochter (geb. 1968!) aufs Gymnasium geht - weil sie ja doch mal heiratet! Zum Glück setzte ich mich durch - inzwischen hat sie zwei Studienabschlüsse, einen Mann und zwei Söhne!

Einer Freundin von mir ging es schlechter, sie musste das Gymnasium mit 16 verlassen, weil sie arbeiten sollte und Geld verdienen - immerhin durfte sie nach der 4. Grundschulklasse (im Südwesten) aufs Gymnasium. Da ihr Traum war, Missionsärztin bei Albert Schweitzer zu werden, holte sie das Abitur am Abendgymnasium nach. Aus dem Traum wurde leider doch nichts, weil die Liebe dazwischenkam....

LG barbarakary


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Edita
Edita
Mitglied

RE: Benachteiligung von Frauen und Mädchen in der frühen Bundesrepublik
geschrieben von Edita
als Antwort auf Karl vom 16.02.2023, 21:34:38

Bei meiner Mutter war es auch so, sie durfte nur die Handelsschule besuchen, ihr Bruder durfte auf‘s Gymnasium, sie war aber die bessere Schülerin, darum haben meine Eltern, die sehr jung waren, mit 21 und 27 hatten sie schon 2 Kinder alles daran gesetzt, daß wir 3 Kinder, meine 2 Brüder und ich, eine ordentliche Schul- und Ausbildung bekommen konnten, sie selber haben darum auf sehr viel persönliche Freiheit, Urlaub und sonstige Annehmlichkeiten wegen uns verzichtet! 


Edita

peART
peART
Mitglied

RE: Benachteiligung von Frauen und Mädchen in der frühen Bundesrepublik
geschrieben von peART
als Antwort auf Karl vom 16.02.2023, 21:34:38

Unsere Mutter musste 1950, nach der Eheschließung ihre Berufsausbildung abbrechen..

Ende der 60er, gab es selbst in der DDR noch Familien, die den Töchtern, den Zugang zur EOS, also das Abitur verweigerten.
rosemie
rosemie
Mitglied

RE: Benachteiligung von Frauen und Mädchen in der frühen Bundesrepublik
geschrieben von rosemie

Bei mir war es ebenso. Damals kostete das Gymnasium noch Geld, wurde aber bald abgeschafft, Meine Oma wollte sogar noch etwas zum Schulgeld beitragen. Aber mein Vater meinte:" die heiratet ja doch, das ist überflüssig."  Nach der Schulzeit sollte ich schnellstmöglich Geld verdienen und zu Hause abgeben, denn er habe keine Kostgänger grossgezogen. Von meinem Verdienst durfte ich 10 Prozent als Taschengeld behalten und davon habe ich mit noch Kleidung gekauft weil ich immer nur getragene Sachen von meinen Cousinen bekam. Mit 21 Jahren bin ich dann in den Schwarzwald zum Arbeiten gegangen und nur noch an den Wochenenden nach Hause gekommen.( Wir wurden ja erst mit 21 Volljährig) So konnte ich den Führerschein machen und mir ein kleines gebrauchtes Auto kaufen. .


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jacare4
jacare4
Mitglied

RE: Benachteiligung von Frauen und Mädchen in der frühen Bundesrepublik
geschrieben von jacare4
Meine Frau, Jahrgang 1937, sollte, wenn es nach ihrer Mutter gegangen wäre, wie die meisten Mädchen im Dorf damals nach der Volksschule eine Arbeit in der dortigen Zigarrenfabrik annehmen. Doch ihr Stiefvater hat durchgesetzt, dass sie aufs Lyzeum gehen durfte. (Sonst hätte ich sie vielleicht nie kennen gelernt. )

Meine Eltern haben meiner älteren Schwester, Jahrgang 1932, und uns zwei Jungen ermöglicht, in den ersten Nachkriegsjahren das Gymnasium zu besuchen. Meine Schwester musste allerdings die Höhere Schule vorzeitig verlassen, weil sie in Klasse 10 nicht die geforderten Leistungen im Fach Deutsch brachte. Soweit ich mich erinnere, war eine Wiederholung der Klasse  damals nicht möglich. Sie hat dann in Hamburg eine Ausbildung zur Auslandskorrespondentin gemacht. Sie war später an der  Deutschen Botschaft in Santo Domingo als Sekretärin beschäftigt und hat immer gebangt, dass es herauskommen könnte, dass sie kein Abitur hatte.

jacaré4
schorsch
schorsch
Mitglied

RE: Benachteiligung von Frauen und Mädchen in der frühen Bundesrepublik
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Karl vom 16.02.2023, 21:34:38

Das Negieren der Mädchen einer Familie ging so weit, dass ich auch heute noch zwar alle Buben mit Namen aufzählen kann, aber die Mädchen nicht -, weil sie damals irgendwie "bedeutungslos" schienen.

O.K., es kam dann aber doch noch eine Zeit, wo mich die Buben weniger interessierten als die Mädchen!

minerva
minerva
Mitglied

RE: Benachteiligung von Frauen und Mädchen in der frühen Bundesrepublik
geschrieben von minerva
als Antwort auf Karl vom 16.02.2023, 21:34:38
ja, in den letzten jahrzehnten hat sich da sehr viel ganz erheblich geändert.
in den 50ern und auch einige jahre danach noch, war es doch undenkbar, daß eine frau bundeskanzlerin ist oder astronautin oder sonstiges früher den männern vorbehaltenes.


bei mir waren damals alle verwandten der meinung, daß für ein mädchen die realschule reicht.
dahin wollte ich aber nicht, sondern zum gymnasium und bin dadurch erst mal in der volksschule geblieben.
und ich hatte glück, daß mein klassenlehrer einen wutanfall bekam als er mich in der 5. klasse noch in der volksschule sah und dann dafür gesorgt hat, daß ich zum gymnasium gehen konnte, wenn auch erst nach der 5. klasse, weil das schuljahr schon begonnen hatte.
weil mein vater aber schon sehr früh gestorben war und meine mutter so krank wurde, daß sie sich nicht um mich kümmern konnte und ich nicht noch jahre bei meiner oma in ihrem winzigen zimmer und exrem weit entfernt von der schule (ohne busverbindung) leben wollte, hab ich mit 14 eine ausbildung gemacht und direkt danach noch eine andere, weil die erste nicht ganz das richtige war.
nebenbei hab ich in der abendrealschule den fehlenden schulabschluß nachgeholt, bin dann zum kolleg, wurde aber einige monate vor dem abitur so schwer krank, daß ich sehr lange im krankenhaus war und sich in der zeit auch meine berufl. pläne geändert haben, so daß ich eh kein abitur mehr brauchte und später die ausbildung für meinen jetzigen beruf zwar sehr lange und extrem teuer war (hochschullehrer nehmen für privatunterricht meist sehr viel geld, aber für die hochschule war ich zu alt), aber seitdem hab ich meinen traumberuf und kann ihn hoffentlich noch sehr lange ausüben.

lg
minerva
chris33
chris33
Mitglied

RE: Benachteiligung von Frauen und Mädchen in der frühen Bundesrepublik
geschrieben von chris33

Mein Traumberuf war  Krankenschwester. 

Daraus wurde nichts,  denn  Vater meinte, " so niedere Arbeiten   sollst du nicht machen".

Ich  musste eine Aufnahmeprüfung für  das Mädchengymnasium   machen und wurde angenommen. Das Schulgeld , was in den ersten Jahren anfiel, zahlten meine  Grosseltern., da  der   Arbeitslohn   meines Vaters damals nicht sehr üppig war. 


. Meine Leistungen waren nicht  bedeutend  in der Schule, so ging ich kurz vorm Abi ab ,  machte eine kfm. Lehre ( "ich habe dir eine Lehrstelle  besorgt") hiess es. 

Gehilfenprüfung  bestanden, ein Weilchen als Angestellte im Lehrbetrieb gearbeitet und dann endlich  volljährig......😁

Up Up and away....🌍🌍  nach USA ausgewandert,  das Versäumte nachgeholt  und Anderes  gelernt.

Das war  wohl nicht unbedingt im Sinne meines Vaters, jedenfalls nicht so.....

chris33


 


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