Aktuelle Themen „Wessis“ und „Ossis“ – Gestern, Heute und Morgen
Liebe Ohwayja!
Ich habe deine Geschichte gespannt gelesen und kann mir nicht ansatzweise vorstellen, wie es so sein musste für dich, nicht alles lesen zu können/dürfen.
Mir kam da so in Gedächtnis, dass ich in dieser Zeit mir die Bravo gekauft habe und nur meine Eltern etwas dagegen hatte Ich musste sie heimlich unter der Bettdecke lesen. Beim Erwischen Hausarrest. Lach.
Aber das ist natürlich nie zu vergleichen mit deinem vom Staat bestimmtes Leseverhalten,
Danke, dass du dieses Erlebnis geteilt hast.
Sweety
Ich erinnere mich sehr gut an die Roman-Zeitung zur DDR-Zeit, sie war für 80 Pfennige zu haben. Neben vielen russischen Autoren gehörten auch Klassiker der Weltliteratur dazu. Von Fontane, Balzac, Traven, Hemingway, W.S.Maugham, Merimee, auch Christa Wolf, Stanislaw Lem, W. Faulkner, Garcia Marquez, Böll, Süskind u.v.a. Knapp 500 von diesen Heften wurden zwischen 1949 und 1990 hergestellt und fanden immer reißenden Absatz, jedenfalls die Lizenzausgaben😉
Vor einigen Jahren habe ich meinen Stapel unserem Kiez-Café vermacht und die haben sich sehr gefreut.
ging, Dein ehrliches Interesse gemerkt, daß Du mehr erfahren möchtest.
Sicher freut das nicht nur mich.
Was Bücher anbetrifft, die man in der DDR nicht erhalten konnte, weil
"verboten", so gab es doch in den 70er und 80er Jahren ein kleines Schlupfloch. Ich weiß nicht mehr,
wie das zwischen BRD und DDR geregelt war, aber über die Kirchen
hüben und drüben hat es eine Vereinbarung gegeben, daß christliche
Literatur vom Westen in die DDR geschickt werden durfte - mit einem
entsprechenden Vermerk auf der Brief- oder Paketsendung.
Das wurde ausgenutzt, um nicht nur christliche Literatur zu schicken.
Ich hatte Bekannte, die auf diese Art "versorgt" wurden und mir ihre
Bücher ausgeborgt haben. Ich erinnere mich an Sartre und Camus u.a.
In den 50er Jahren war alles noch nicht so "streng" in bezug auf Literatur,
und so gingen auch diese Groschenhefte völlig zerfleddert von Hand zu
Hand, ob das nun diese seichten Bastei-Lübbe-Liebesromane waren oder
"Tom Prox", "Billy Jenkins" oder wie die alle hießen.
Demgegenüber stand ein Abonnement, jeden Monat in der Volksbuchhandlung
(so hießen die staatlichen Buchhandlungen alle bis zur Wende) ein Buch
unter mehreren Vorschlägen aussuchen zu können, das nicht mehr als 5 Mark
kostete, aber wirklich gute und auch heute noch gültige 😁 Jugendliteratur
und Klassiker betraf. Es war wohl von der FDJ initiiert. Ich habe diese Bücher
immer von meinem Taschengeld gekauft und kann mich auch nicht von
ihnen trennen 😁.
Charlie
Ja Michiko, so war das...Ja @lupus, viele Aktionen in der ehem. DDR waren kreuz gefährlich. Aber im Laufe der Zeit hatte man seine Kreise und wusste, wo man sich äußern und öffnen konnte und wo nicht.
Ich denke gerade an die heimlich gedrehten Umweltvideos in den 80er Jahren, die ebenfalls heimlich von Hand zu Hand weiter gegeben wurden. Das war schon eine "heiße" Geschichte. Man musste entscheiden, wem man traut und wem besser nicht.
Die industriell verursachten Schweinereinen waren ja mit Ministerratsbeschluss Staatsgeheimnis, ebenso wie die Gesundheitsschäden in der Bevölkerung. Diese Zustände in Bitterfeld und Wolfen.. Für mein damaliges Wohnumfeld war der Uranabbau besonders wichtig.
Ich habe zwar nicht im Erzgebirge gelebt, aber auch wir hatten die Wismut "nebenan" und die Loren mit dem radioaktiven Uran wurden per Seilbahn offen über den Ortschaften transportiert.
Wir hatten eine stark erhöhte Anzahl von Leukämieerkrankungen, insbesondere bei Kindern.
Aber das durfte "niemals nicht" damit in Verbindung gebracht werden...😠
Katja
und hatte welche. Außerdem gab es noch sehr preiswert kleine Heftchen, die
man am Postschalter kaufen konnte mit Erzählungen von Tolstoi, Hemingway
u.a.
Gerne erinnere ich mich an das MAGAZIN mit den frechen Illustrationen
von Klemke......
Und manche habe ich heute noch .......
Charlie
Ich habe wahrscheinlich im ST schon einmal über meine Brieffreundschaft mit einem damals jungen Doktoranden der Biologie aus der DDR berichtet. Wir hatten uns - etwa gleich alt - bei einer Tagung im polnischen Krakau kennengelernt und dort beschlossen, in Kontakt zu bleiben.
Wir tauschten Science Fiction aus, Margit und ich schickten ihm Asimov et al. und bekamen von ihm Stanislaw Lem und die Bücher russischer Autoren.
Die Sendungen kamen bei uns wie bei ihm drüben immer nur geöffnet an und irgendwann kam nichts mehr.
Als wir 2019 das ST-Treffen in Erfurt hatten, haben Margit und ich erfolgreich nach diesem Brieffreund recherchiert, seine derzeitige Adresse gefunden und ihn besucht. Wir wurden herzlich empfangen.
Interessant war zu hören, warum der Bücheraustausch stoppte. Er war vor die Wahl gestellt worden, seine Doktorarbeit erfolgreich abzuschließen oder weiterhin mit dem Klassenfeind zu korrespondieren. Er hat sich nachvollziehbar entschieden, seine Doktorarbeit zu Ende gebracht und den Buchtausch mit uns eingestellt.
Jetzt schreiben wir uns immer zu den Feiertagen.
Karl
Genau, liebe Michiko, an die Roman-Zeitungs-Bücher erinnere ich mich auch und hatte welche. Außerdem gab es noch sehr preiswert kleine Heftchen, die man am Postschalter kaufen konnte mit Erzählungen von Tolstoi, Hemingway u.a.Genau, das Magazin, liebe Charlie, was für ein frivoles Druckwerk😂😂Das Foto einer hübschen Person ohne Bekleidung (nur Damen?) war ja immer dabei.😎
Gerne erinnere ich mich an das MAGAZIN mit den frechen Illustrationen von Klemke......
Und manche habe ich heute noch .......
Charlie
Michiko
.....Das war/ist hier nicht viel anders bis heute zu.
Wir hatten eine stark erhöhte Anzahl von Leukämieerkrankungen, insbesondere bei Kindern.
Aber das durfte "niemals nicht" damit in Verbindung gebracht werden...😠
Katja
Zumindest erfuhr man offiziell nichts oder nur wenig.
Schnell wurden Gerüchte als Verschwörungstheorie dargestellt.
Auch eine Art von "Bestrafung".
https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/atomkraft/20220927_BASK_Papier_Unsichbare_Opfer_der_Atomkraftnutzung.pdf
Mareike
Das war mal so, auch weil man keine gesicherten Erkenntnisse hatte, seitdem es sie aber gibt, nämlich seit 2007, kann man es beim Bundesamt für Strahlenschutz einsehen, ergo ist mit dem Verschweigen heute nicht mehr so!
„ Eine Krebsstudie im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz hat ein von AKW-Gegnern oft beschworenes Risiko erneut bestätigt: Die Gefahr für Kinder, an Leukämie zu erkranken, nimmt zu, je näher sie an einem der 16 deutschen AKW-Standorte wohnen. Die vom Deutschen Kinderkrebsregister in Mainz durchgeführte Studie wird am Montag offiziell vorgestellt, am Wochenende gab das Bundesamt bereits die wichtigsten Ergebnisse bekannt. Nach der Untersuchung des Kinderkrebsregisters erkrankten in den Jahren 1980 bis 2003 in einem Umkreis von fünf Kilometern um die deutschen AKWs 37 Kinder neu an Leukämie. Nach dem statistischen Durchschnitt hätte man nur 17 Leukämieerkrankungen erwarten müssen. "Etwa 20 Neuerkrankungen sind also allein auf das Wohnen in diesem Umkreis zurückzuführen", stellte das Bundesamt für Strahlenschutz fest.“
Bundesamt für Strahlenschutz : Höhere Krebsgefahr im AKW-Umkreis
Edita
Es ist so bedauerlich, dass es hier fast nur um das Regime und die Politik sowie die Methoden der Stasi geht und so wenig um die Menschen in der DDR und was die Wende mit ihnen gemacht hat.
Ich hatte lange vor der Wende einige Male sowohl mit Parteibonzen als auch mit offenbar privilegierten DDR Bürgern in Spanien. Da ich damals auch notariell beglaubigte Dolmetscherin war, bin ich bei einigen Immobilienkäufen der DDR in Spanien dabei gewesen und hatte des Öfteren durchaus sehr freundlichen aber immer distanzierten Kontakt mit den Gästen in diesen Ferienanlagen.
Nur einmal schlugen alle über die Stränge, es wurde viel getrunken, zu spanischer Musik getanzt und viel erzählt und gelacht, bis sich schließlich alle in ihre Unterkünfte zurückzogen. Am nächsten Tag wollten wir alle gemeinsam einen Bootsausflug machen. Außer den etwa 20 Leuten aus der DDR waren 3 Deutsch sprechende Spanier, 2 westdeutsche Pärchen und ich dabei. Spät in der Nacht holte mich einer der spanischen Kollegen, der als 2. Direktor in der Anlage gearbeitet hat und der wie gewohnt einen der nächtlichen Kontrollgänge durch di Anlage machte, Er hatte beobachtet, dass offenbar 2 Stasispitzel der Gruppe sämtliche Leute aus den Unterkünften geholt hatten und zu sich in den Bungalow geholt hatte. Sie hatten die Gardinen nicht zugezogen und so konnten wir vom Gehweg gut erkennen, wie sie alle wie erstarrt dasaßen mit versteinerten Gesichtern und wie die 2 Aufpasser abwechseln und gestikulierend auf sie einpredigten. Wir konnten nichts verstehen, aber es war sehr laut.
Am nächsten Morgen standen alle mit gepackten Koffern in der Rezeption und checkten aus. Kein freundlicher Gruß von uns wurde erwidert und sie würdigten uns keines Blickes. sie stiegen wie zum Abtransport in ihren Bus zum Airport. Mir lief es eiskalt über den Rücken, Denn da waren reizende, fröhliche Menschen, mit denen ich nicht nur den fröhlichen Abend zuvor hatte sondern in den Tagen davor sehr interessante und private Gespräche, in denen es aber nie um Ost und West sondern um ganz Alltägliches und Privates wie Kinder, Kochen und Kleidung ging. Unter welchem Druck und welcher Kontrolle sie standen, wurde mir erst am Morgen ihrer traurigen Abreise bewusst.
Wenn es um die DDR geht, dann scheinen hier die Leute aus dem Westen nicht nur alles über die DDR zu wissen, nein, sie wissen es offenbar auch alles besser als die DDR Bürger selbst? Manchmal ist so ein Blick von außen bestimmt viel objektiver, als wenn man mittendrin lebt, aber diese oft zu lesende Rechthaberei fällt schon sehr unangenehm auf. Es ist wohl etwas dran an dem, was da neulich in einem TV Beitrag gesagt wurde. Nämlich dass es Senioren um die 70 sind, die immer noch die meisten Vorurteile beim Thema Wessi - Ossi haben und die am heftigsten darüber streiten, Und das gilt für beide Seiten. Die jungen Leute thematisieren das so gut wie gar nicht mehr,
Und es hätte ja auch ganz anders kommen können. Dazu gibt es ein sehr lesenswertes Buchh, ein Fiction Roman mit dem Titel
Die Mauer steht am Rhein
kennt das vielleicht jemand?