Forum Allgemeine Themen Aktuelle Themen Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?

Aktuelle Themen Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?

olga64
olga64
Mitglied

Re: Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?
geschrieben von olga64
als Antwort auf rose42 vom 20.05.2014, 17:29:50
Ich wuchs in Thalkirchen auf (Nähe des Tierparks) und musste auch ca 2 - 3 km zu Fuss zur Volksschule gehen. Da war in der Nähe die Grossmarkthalle, wo ich zum ersten Mal in meinem Leben eine angefaulte Orange geschenkt erhielt und staunend gegessen habe.
GEspielt haben wir viel in und an der Isar. Wenn wir in die Stadt wollten, gab es ein Trambahn (seit langem eine U-Bahn). Oft sparten wir das Geld und gingen zu Fuss, was dann auch oft 1 1/2 Stunden dauerte.
Ich verliess die elterliche Wohnung mit 18 Jahren nach der Schule und lebte dann in Schwabing, was mir viel besser gefiel und auch näher zur Uni lag. DA bewegte sich dann mein Leben endlich und ich war frei und ungebunden, zwar immer noch ohne Geld, aber in der WG hatten wir schon eine Waschmaschine und auch Zentralheizung - baden und duschen war kein exotisches Erlebnis mehr.
Dann verliess ich Ende der 70er Jahre für 30 Jahre meine bayerische Heimat und kehrte erst vor einigen Jahren wieder zurück. Nicht mehr nach München, dort würde ich für die Miete, die ich jetzt am schönen See bezahle, nur ein Loch bekommen. ABer mein Freund lebt ja dort und ich habe in seiner grossen Wohnung mein Zimmer, das ich oft und gerne benütze. So lebe ich Heimat mit all meinen erworbenen Lebenseindrücken und -erfahrungen versöhnt und froh hoffentlich noch lange. Olga
Monioma
Monioma
Mitglied

Re: Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?
geschrieben von Monioma
Die Frage hat auch mich zum Nachdenken animiert...
Was mir beim Begriff "Heimat" durch den Kopf gegangen ist, habe ich in meinem Blog beschrieben.
Hätte ihn gerne hierher verlinkt, kann es aber nicht!
Monioma
luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf Monioma vom 23.05.2014, 14:42:40
Monioma, ich habe mal Deinen Blog hierher verlinkt, da mir der Inhalt gefallen hat. In Vielem habe ich auch meine Gefühle wieder erkannt. Es gibt immer wieder Momente, in denen mich und sicher auch viele andere Menschen dieses Empfinden überfällt. Es muss nicht immer der Geburtsort sein, sondern einfach der Ort , an dem man sich immer angenommen und vertraut zuhause fühlt oder mit dem sich schöne und unvergessliche Erinnerungen verbinden. Wirklich "Heimat" zu definieren kann schwierig sein. Wohl dem, der diesen Wurzeln ohne zu fragen folgen kann.

Luchs

Anzeige

Monioma
Monioma
Mitglied

Re: Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?
geschrieben von Monioma
als Antwort auf luchs35 vom 23.05.2014, 18:24:00
Vielen Dank, liebe luchs! Vielleicht lerne ich es noch einmal!
LG Monioma
ehemaligesMitglied32
ehemaligesMitglied32
Mitglied

Re: Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?
geschrieben von ehemaligesMitglied32
als Antwort auf olga64 vom 20.05.2014, 17:40:55
Für mich war meine Heimat lange Zeit (ca. 60 Jahre)jener Ort, wo ich aufgewachsen bin. Irgend etwas stimmte da aber gefühlsmäßig nicht, weil richtig wohl fühlte ich mich dort nie. Natürlich machte ich mir wegen dieser Gefühle oft Gedanken, kam aber erst sehr spät auf die Ursache der unguten Gefühle, welche dem allem zugrunde liegen dürfte.

Ich wurde nämlich als Kind von den Leuten dort ständig misshandelt. Es war am Land, viele unserer Nachbarn waren Bauern und diese hatten eben kein Feingefühl für andere Menschen. Das übertrug sich auch auf deren Kinder, welche mit mir zur Schule gingen.
Mein Vater blieb im 2. Weltkrieg verschollen und auch meine Mutter alleine schaffte es kaum, sich gegen diese Meute zur Wehr zu setzen. Auch sie war vielen Übergriffen ausgesetzt und so viel mir heute bewusst ist, hatte auch sie keine wirkliche Freude mit unserem damaligen Domizil. Sachzwänge (ein Haus) hielten uns aber dort fest und wenn ich mir das heute überlege, hätten wir damals schon längst Leine ziehen sollen.

Vor 13 Jahren zog ich mit meiner Frau nach Ungarn an den Balaton und wir lebten dort 10 Jahre. Erst da wurde mir klar, dass es ein Fehler war, in dieser Gemeinde so lange zu bleiben. Heimatgefühle hatte ich in Ungarn zwar auch nicht, ich war aber durch den räumlichen Abstand geistig nicht mehr mit der Vergangenheit belastet und das tat mir gut.

Heute lebe ich in Graz und da fühle ich mich relativ wohl. Ich denke aber, ein wirkliches Heimatgefühl hat man ein Leben lang nur dort, wo man aufgewachsen ist und sich dabei wohlfühlte.

Grazfranz
Re: Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaligesMitglied32 vom 24.05.2014, 21:06:08
Heimat für mich ist dort,wo ich geboren wurde und die ersten zehn Jahre verbringen durfte,es bleiben schöne Erinnerungen,ländlich und schön….mein Zuhause ist jetzt hier,wo ich seit unserer Flucht lebe und mein Vater sein drittes Zuhause schuf,zwei hatte er schon verloren…

Ich erinnere mich noch an die erste Banane hier im Westen….gab es in den ersten 10 Jahren für uns nicht...

Anzeige

nasti
nasti
Mitglied

Re: Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?
geschrieben von nasti
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.05.2014, 21:21:52
Bei Wort Heimat bekomme ich in Kopf immer die gleiche Szenarien:

Die Gräber meiner Verwandten!! Und Fragen: Warum-deshalb müssen die Gräber ohne meine Pflege da stehen? Mehrere sind schon verschwunden, die Gräber meiner Großeltern. Und Grab meines Vaters? Noch letztes mal wenn ich in mein Heimatstadt war / vor ca. 15 Jahren!/ war das Grab noch da. Ich habe mich die letzte Jahre nicht gekümmert um das Grab! Und meine Mutter? Sie liegt in Bratislava, das ist West Slowakei, mein Heimatstadt ist mit ganze verstorbene Verwandtschaft in Südslowakei. Da liegen so 500 km inzwischen! Warum habe ich Sie nicht dort begraben lassen wo Ihr Sohn, mein Bruder liegt in Südloswakei? Und Ihr erste Man, mein Vater? Sie liegt zwischen fremde Seelen....
Und ich wohne in Passau, hier ist mein Ehemann begraben.
Mein Sohn kümmert sich um Grab meiner Mutter manchmal. Er ist Sternzeichen Krebs , und die Krebse sind eng verbunden mit die Familie auch nach dem Tote. Mein älteren Sohn ist ein bewundernswertes Kind, was hat er nicht von mir. Ich staune nur, woher hat er diese Natura, während ich bin schlimmer wie eine NeandertalerIn, weil die Neandertaler haben rührend seine Tote versorgt und sogar mitgeschleppt.
Also ich habe Gewissensbissen, welcher ich versuche mit Gemälde meiner Verwandten zu lindern. Eigentlich ist das eine bessere Methode, ein Herr hat gesehen das Porträt von meiner Mutter und sagte: "Wer ist diese wunderschöne Frau? Ich möchte Sie kennenlernen, Ihr Gesicht ist das was ich immer gesucht hatte....."
Na bitteschön !! Das bringt auch etwas, trotzdem muss ich mich fragen: Wem ähnele ich eigentlich aus der K1C2 reihe meiner langen Genetik? Bei welche Mutation ist das passiert das ich vergaß mich so echt sorgen um Gräber? Werden trotzdem meine Verwandte auf mich warten wenn ich durchgehe durch das Licht? Oder werden Sie sich von mir abwenden?
Ist die Erde in meinem Heimatstadt süsser als die Erde hier?

Nasti



Die verrückte Genetik
Allegra
Allegra
Mitglied

Re: Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?
geschrieben von Allegra
als Antwort auf nasti vom 24.05.2014, 22:30:16
Nasti,
ich bin ganz überwältigt von diesem Bild.
So in etwa stelle ich mir die endlos lange Reihe meiner hugenottischen Vorfahren vor, die aus der Provence kamen und an die mich mein Aussehen erinnert.
Allegra
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf ehemaligesMitglied32 vom 24.05.2014, 21:06:08
Lieber Grazfranz, dein Pseudonym hier verrät mir allerdings etwas ganz anderes. Würdest du dich denn wirklich Grazfranz nennen wollen, wenn du dich mit Graz nicht identifizieren könntest? Wenn du dies aber kannst, dann bekennst du damit: Graz ist zu meiner Heimat geworden.
luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Was geht euch bei dem Wort "Heimat" durch den Kopf?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf ehemaligesMitglied32 vom 24.05.2014, 21:06:08
Vieles, was Du da angeführt hast zum Begriff "Heimat", Grazfranz, erinnert mich auch an meine Kindheit, die ich in den ersten 8 Jahren nach dem Krieg mit meiner Mutter (Vater war in Gefangenschaft) an einem Ort verbrachte, den ich nie als Heimat bezeichnen würde, er war die Hölle, aber nicht mein Geburtsort, in dem ich erst ab meinem 9. Lebensjahr leben konnte. Dort verbrachte ich meine ganze Jugendzeit und das Erwachen zu einer jungen Frau. Dort gab es auch noch ein Rest von Verwandten, die den Krieg überlebt hatten.

Diesen Ort würde ich als Heimat betrachten, denn dort empfinde ich bei meinen Besuchen Gefühle der Verbundenheit, die ich mit einem "Nachhausekommen" verbinden möchte.

Seit rund 40 Jahren habe ich nun mein wirkliches Zuhause in der Schweiz, hier leben auch meine Kinder und Enkel, deren "Heimat" hier ist, sie kennen nichts anderes. Aber mich zieht es immer wieder an den Ort meiner Jugend, nicht meiner Kindheit, zurück, obwohl ich dort gar nicht mehr leben möchte, weil sich alles sehr verändert hat, das auch schmerzlich ist.

Aber der Zwiespalt ist geblieben, obwohl das auf mein Leben gar nie einen Einfluss hatte.

Luchs

Anzeige