Aktuelle Themen Putin gegen Punk!

ingo
ingo
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Re: Putin gegen Punk!
geschrieben von ingo
Hier noch ein treffender Kommentar von Claus Lingenauber, aus der hannoverschen "Neuen Presse".
Pussy-riot-Urteil Schauprozess in Putins Auftrag
Mit ihren Prozessen gegen den Ölmagnaten und Putin-Gegner Chodorkowski hat Russlands Führung bereits deutlich gemacht, dass es gefährlich ist, sich mit ihr anzulegen. Selbst wirtschaftlich mächtige Oligarchen dürfen nicht riskieren, in Ungnade zu fallen. Doch inzwischen gehen die Herren im Kreml gegen alles vor, was nur ansatzweise nach Oppositionsgeist aussieht. Mit Schauprozessen wird Politik gemacht – der Gulag lässt grüßen. Das Urteil gegen Pussy Riot ist trauriger Schlussakkord einer grotesken Aufführung. In dem Verfahren gegen die drei Punk-Musikerinnen haben die Herrscher im Kreml aller Welt demonstriert, dass sie Rechtsbeugung vor Recht setzen. Eine willfährige Justiz ist ihr verlängerter Arm. Die junge Richterin hatte von Beginn an nicht den Eindruck erweckt, als wolle sie dem massiven Druck etwas entgegensetzen. Am Ende wurden die drei jungen Russinnen für eine Aktion verurteilt, die nicht mehr als eine Ordnungswidrigkeit war. Zwei Jahre Arbeitslager – das heutige Russland schließt an die unseligen Traditionen von Zarenreich und Stalinismus an. Längst hat Ordnung in Russland seine ganz eigene Bedeutung. Hier regiert die Ordnung des Kasernenhofes. Demokratie ist nur Fassade. Wer Putins totalitären Machtanspruch in Frage stellt, muss büßen. Die Kreml-Garde fühlt sich mittlerweile so stark, dass internationale Proteste wirkungslos verpuffen. Sie weiß, dass Europa Russland als Rohstofflieferanten braucht. Sie setzt ihre Signale nach innen und stellt klar: Wer gegen uns ist, wird zerstört. Umso bewundernswerter sind all jene Russen, die weiter für demokratische Rechte eintreten, offen protestieren und sich nicht einschüchtern lassen. Ihr Mut lässt Putin noch erbärmlicher erscheinen.
Claus Lingenauber
18.08.2012 / NP Seite 1
miriam
miriam
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Re: Putin gegen Punk - und wie manche darauf reagieren...
geschrieben von miriam
als Antwort auf ingo vom 18.08.2012, 09:44:20
Natürlich interessieren mich in erster Linie dabei die Reaktionen im Lande selbst.

Dass es sehr viele Proteste gab, wissen wir inzwischen alle.

Es kommt nun aber auch auf die Form des Protestes an.

Der russische Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow wurde nun auch festgenommen, ihm droht eine Gefängnisstrafe von einigen Jahren. Der Urteilsspruch gegen Pussy Riot hatte ihn anscheinend so in Rage versetzt, dass er einen Beamten gebissen hat.

Gerri Kasparow ist ein konsequenten und kompromissloser Kritiker des jetzigen Kremlschefs.


Miriam
justus39
justus39
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Der Prozess gegen Pussy Riot.
geschrieben von justus39
Jetzt im Nachhinein kommt mir der ganze Prozess völlig unwirklich und wie ein schlechter Film vor. Er wurde wohl auch im westlichen Ausland viel mehr beachtet als in Russland selbst.

Der völlig sinnlose Hexentanz der durchgeknallten Muschirevolutionäre in der Kirche, die lange Untersuchungshaft, die umfangreiche Anklageschrift und die mittelalterliche Prozessführung mit Käfighaltung wirkten doch fast wie eine schlechte Komödie, und die Angeklagten schienen auch selbst das Urteil nicht ernst zu nehmen.
Es war als erwarteten sie noch einen streitbaren Ritter, der die unschuldigen Jungfrauen aus ihrem Käfig befreit.
Ich hätte mich ja selbst nicht einmal gewundert, wenn zum Schluss Lohengrin auf dem Schwan daher geritten wäre um für die edlen Damen zu kämpfen.

Ich denke auch, dass da noch eine Fotzsetzung folgt, das war noch nicht Alles.

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EhemaligesMitglied68
EhemaligesMitglied68
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Re: Der Prozess gegen Pussy Riot.
geschrieben von EhemaligesMitglied68
als Antwort auf justus39 vom 18.08.2012, 11:58:18
Der völlig sinnlose Hexentanz der durchgeknallten Muschirevolutionäre


Muschirevolutionäre - ich hau mich wech

Mit dem Urteilsspruch wurde sicher kein geltendes Recht gebeugt, wie hier einige vermuteten. Ich kenne zwar die russischen Gesetze nicht, wenn man aber mal bedenkt, justus39 hatte ja das entsprechende Paragrafenwerk weiter oben eingestellt, dass selbst bei uns in solch einem Fall 3 Jahre im Bereich des möglichen liegen ...

Wobei es dennoch überzogen war, wie ich finde. Ein bissel общественно полезный труд, wie die Russen sagen, also gesellschaftlich nützliche Arbeit, sagen wir mal für ein Jahr in einem Krankenhaus oder Pflegeheim unentgeltlich zu arbeiten, sähe ich als sinnvoll an. Aber es sollte ja ein Zeichen gesetzt werden. Es soll in den Lagern aber Häftlingskapellen geben, die gelegentlich aufspielen dürfen. Wäre ja noch ne Variante ...

Es war als erwarteten sie noch einen streitbaren Ritter, der die unschuldigen Jungfrauen aus ihrem Käfig befreit.
Ich hätte mich ja selbst nicht einmal gewundert, wenn zum Schluss Lohengrin auf dem Schwan daher geritten wäre um für die edlen Damen zu kämpfen.


*ggggggg*. Aber so ist das dann eben, wenn man mit dem intellektuellem Niveau von 12-Jährigen Rotzgören versucht, gegen einen Zarejewitsch anzutreten. Sowas ist einem Che nicht passiert.

Ich denke auch, dass da noch eine Fotzsetzung folgt, das war noch nicht Alles.


Denke ich auch. Putin hat noch son kleines Ass im Ärmel, welches er irgendwann ziehen wird. Vielleicht wird er sie nach einem Jahr begnadigen, um sich als guten Onkel feiern zu lassen. Mal sehen.
Medea
Medea
Mitglied

Re: Der Prozess gegen Pussy Riot.
geschrieben von Medea
als Antwort auf EhemaligesMitglied68 vom 18.08.2012, 13:01:43
- Zitat Steinpilzchen -

"Vielleicht wird er sie nach einem Jahr begnadigen, um sich als guten Onkel feiern zu lassen. Mal sehen.

- Zitat Ende -

.... oder auch schon früher -
eben dann, wenn sich die ganze Aufregung
ein wenig gelegt hat -

das kann ich mir gut vorstellen.

M.
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Der Prozess gegen Pussy Riot.
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Medea vom 18.08.2012, 14:32:41
Er kann nur punkten, wenn er nicht so lange wartet, bis "sich die Aufregung gelegt hat". Nur wenn er innert nützlicher Frist den verständnisvollen Landesvater spielt und begnadigt, kann er einen Teil des aufgestauten Frustes der Russen besänftigen.

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justus39
justus39
Mitglied

Re: Der Prozess gegen Pussy Riot.
geschrieben von justus39
als Antwort auf schorsch vom 18.08.2012, 15:30:07
Nur wenn er innert nützlicher Frist den verständnisvollen Landesvater spielt und begnadigt, kann er einen Teil des aufgestauten Frustes der Russen besänftigen.


In den Russen hat sich zwar aus vielen Gründen viel Frust aufgestaut, aber der ist durch die Begnadigung der drei Damen sicherlich nicht zu besänftigen.
Alte Stalinisten, denen der Wiederaufbau der unter Stalin abgerissenen Erlöserkathedrale sowie die wieder eingeführte Religionsfreiheit ein Dorn im Auge ist, werden der Pussy- Aktion zujubeln. Viele werden auch dem Kommunisten Putin verübeln, dass er der Gefolgschaft Lenins untreu wurde und nun selbst über Nacht zum Millionär und Großunternehmer wurde. Auf der anderen Seite hat Putin noch seine Konkurrenten und die ebenfalls über Nacht Reich gewordenen russischen Ölmultis gegen sich.

Die Russen besaßen früher alle wenig, jetzt haben Wenige alles und Viele gar nichts mehr. Da haben die Bürger schon Anlass genug um jede Gelegenheit wahrzunehmen, ihre Verbitterung los zu werden.

Ich denke, dem Putin ist dieser ganze Prozess und die internationale Anteilnahme auch sehr zuwider. Einer Begnadigung würde er sicher gerne zustimmen, wenn die Verurteilten darum ersuchen würden, aber sie tun ihm den Gefallen nicht.

Nach wie vor hätte ich eine Strafe von zwei oder drei Jahren auf Bewährung unter Anrechnung der U-Haft für diplomatisch sinnvoll gehalten.
Dann wären die Damen erst einmal frei und die Staatsanwaltschaft hätte trotzdem nicht nachgeben müssen.
silhouette
silhouette
Mitglied

Re: Der Prozess gegen Pussy Riot.
geschrieben von silhouette
Ein russischer Schriftsteller und Putin-Kritiker, Wiktor Jerefejew, von dem ich noch nie gehört habe (was aber nichts zu bedeuten hat), kommt gegenüber SPON mit noch ganz anderen Einschätzungen zu Wort:

Das Urteil weckt die Erinnerungen an die schlechtesten Zeiten unserer Geschichte.
...
SPIEGEL ONLINE: Warum sprechen Sie von den schlechteste Zeiten russischer Geschichte?

Jerofejew: Weil diese Mädchen in die Geschichte Russlands eingehen werden so wie die Schauprozesse unter Stalin in den dreißiger Jahren oder der Prozess gegen den Dichter Joseph Brodski. Brodski wurde 1964 wegen Rowdytums angeklagt so wie Pussy Riot heute. Es ging aber damals um Politik so wie es heute um Politik geht.
...
Jerofejew: Als die Mädchen von Pussy Riot in die Christ-Erlöser-Kathedrale eindrangen, haben sie mit ihrem 40 Sekunden Auftritt auf eine paradoxe Weise und ohne es zu wollen die Achillesferse des heutigen Russlands getroffen.
...
SPIEGEL ONLINE: Welchen wunden Punkt hat Pussy Riot berührt?

Jerofejew: Die Vereinigung von Staatsideologie und der Ideologie der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK). Das iranische Modell: den Gleichklang von Staat und Religion.

SPIEGEL ONLINE: Übertreiben Sie da nicht?

Jerofejew: Russland steht an einer Weggabel. Noch vor kurzem schien es, als würden wir den Weg nach Westen suchen. Auf Umwegen zwar und mit dem Gepäck unserer langen autoritären Vergangenheit, aber doch den Weg nach Westen. Putin hat nun ganz bewusst Asien gewählt. Liberal ist in meiner Heimat zu einem Schimpfwort geworden. Dabei sind es die Liberalen, die für europäische Werte stehen.

SPIEGEL ONLINE: Warum hat Putin diesen Kurswechsel vorgenommen?

Jerofejew: Als Reaktion auf die Massenproteste. Der Kreml wendet sich von europäischen Werten ab und einem neuen ideologischen Code zu: der Vereinigung von Staat und Kirche..........
geschrieben von SPON-Interview


Interview Jerofejew

An anderer Stelle habe ich auch gelesen, dass der Patriarch der russischen Kirche zuerst nach schweren Strafen für die Mädchen geschrien hat und jetzt über die harte Strafe "erschüttert" ist. Ja was denn nun?
loretta
loretta
Mitglied

Re: Der Prozess gegen Pussy Riot.
geschrieben von loretta
als Antwort auf justus39 vom 18.08.2012, 11:58:18


Der völlig sinnlose Hexentanz der durchgeknallten Muschirevolutionäre in der Kirche,


justus,

auch wenn manche meiner Geschlechtsgenossinnen diesen Spruch urkomisch finden - ich finde ihn sexistisch und höchst unpassend oder hast du schon mal davon gehört, dass bei männlichen Regimekritikern jemand von Schwanzrevoluzzern gesprochen hat?

Nee, weißte, das war ja nun gar nix - nur machomäßiges Urkomischseinwollen.

Druschba
loretta
EhemaligesMitglied68
EhemaligesMitglied68
Mitglied

Re: Der Prozess gegen Pussy Riot.
geschrieben von EhemaligesMitglied68
als Antwort auf loretta vom 18.08.2012, 21:11:30
Nunja, wer sich schon "pussy" als Bestandteil des Bandnamens erwählt hat, sollte sich nicht über ein paar Zoten beschweren.

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