Aktuelle Themen Mauerfall vor 30 Jahren: Erinnerungswoche in Berlin beginnt
Dann möchte ich mal eine positive Meinung bringen! Als die Mauer fiel, suchte ich die Adresse der Kusine meines Vaters heraus, die in der Nähe von Ostritz lebte. Wir hatten einige Jahre keinen Kontakt mehr - mein Vater war Pate ihrer Tochter, diese erhielt damals mein nicht mehr benötigtes Kommunionkleid, wir bekamen Fotos und Päckchen. Als wir Kinder erwachsen waren, schlief der Kontakt ein. Ich wusste nicht einmal, ob die Kusine meines Vaters noch lebte. Schrieb also an sie oder die Famiie als Adresse - mit Herzklopfen öffnete ich den Brief, der einige Zeit später ankam. Freude auf beiden Seiten - im Juni 1990 fuhren mein Mann und ich 'hinüber'....Nach einem Besuch bei uns hatten wir noch einige Jahre Kontakt, leider ist sie inzwischen verstorben. Dass ich seit 16 Jahren bei Magdeburg lebe, erfuhr sie leider nicht mehr.
LG barbarakary
Wir waren gerade erst in der Lüneburger Heide , sehr schön, sehenswert, wer Natur liebt..., selbst kleine Örtchen ziehen allein durch die Heide Tausende an. Was uns aufgefallen ist, es gibt Vorort größere Hotels, die alle irgendwie davon profitieren und offensichtlich "überleben" können, weil etwas angeboten wird.
Wenn man nun mal durch das ländliche Brandenburg oder Mecklenburg fährt, ist es viel öder...hier gibt es wirklich nichts mehr, nicht mal mehr die gemütliche Dorfkneipe. Es sind nur noch Wohnquartiere mit überwiegend älteren Menschen. Arzt, Tante Emmaladen, Buslinie, Apotheke, Schule, Kita...alles weg.
Wir haben auch eine Tour durch Bayern gemacht und u.a. im Bayrischen Wald Unterkunft gehabt. Bauernhof, riesen groß, schön...aber die soziale Infrastruktur war auch kaum ausgebaut. Straßen waren sehr gut, Busanbindung selten und Kneipen kann man suchen.
Ich bin der Meinung, dass eben nicht das Geld NUR in die Städte fließen sollte, es müssen eben auch die ländlichen Gebiete wieder oder noch mehr attraktiv gemacht werden..., nur so wird man dem Dörfersterben entgegenwirken können, denn machen wir uns nichts vor, nicht ALLE können in Städten leben !
Die jungen Menschen kommen nicht oder nur selten zurück, heißt also..., der Letzte macht das Licht aus...???
Kristine
WErderanerin - es ist interessant, was Sie hier berichten, zumal Sie dies selbst gesehen und erlebt haben und nicht nur "von Driitten gehört". Das ist auch der wohl bis heute vorhandene, gesellschaftliche Unterschied zwischen Ost und West.
Im Westen wissen wir seit "immer", dass wir uns nicht auf den Staat allein verlassen, sondern selbst anpacken.
Das bedeutet dann z.B., wenn in einem Ort, wo vorwiegend nur noch alte Menschen leben, die auch noch recht immobil sind, die Leute selbst einen Dorfladen gründen. Das geht meist mit persönlichem Engagement einher und auch mit dem Verkauf von z.B. Genossenschaftsanteilen und ähnlichem.
Auch bei uns gibt es diesen Laden, der zu Fuss erreichbar ist.
Es stimmt ja (in Bayern kann ich das beurteilen) dass meist keine Busse fahren, bzw. nur noch, um Schulkinder zu deren Zeiten zu befördern.
Das hängt aber auch damit zusammen, dass hier eine normale Familie mit 4 Erwachsenen über 4 Autos verfügt und die Busse leer bleiben würden, also kein grosser Bedarf besteht.
Wir haben aber hier (alles eigene Bürgerinitiativen) das Mitfahr-Bankerl in den Ortschaften gegründet. Da kann jemand, der in eine andere Ortschaft oder die Kreisstadt möchte, sich hinsetzen und ein vorhandenes Schild mit seinem Wunschziel herausstellen. Es dauert meist nicht lange, bis er oder sie mitgenommen werden und oft entwickeln sich daraus auch noch gute Kontakte.
Wenn die Leute ein wenig nachdenken, was sie selbst ändern könnten und sich zusammenschliessen, wird das eine gute Sache, die meistens auch nicht viel Geld kostet und sehr oft auch nicht die unüberwindbare Bürokratie, die so vieles schon im Keim erstickt.
In jedem Fall besser als endloses Jammern, bzw. den Staat zu Dingen verpflichten, die man selbst in die Hände nehmen könnte. Olga
An Werderanerin
Liebe Kristine, wir Wessis haben auch viele Jahre mit der Wiedervereinigung zugebracht. Das ging nicht so von heute auf morgen. Alles im Osten - bei den Ossis (Wessi und Ossi finde ich eigentlich schöne Wortschöpfungen) musste doch erst einmal entdeckt und verstanden werden. Das war gar nicht so einfach. - Jeden Tag stand auch was Neues in der Zeitung oder wurde im Fernsehen berichtet. Vor allem die Stasi-Geschichten standen ja im Mittelpunkt bei den Medien. Und fast jede/r hatte ja noch eine Bindung in den Osten (aus unserer Sicht, bei euch umgekehrt).
Das betrifft uns einfache Bürger. Für die Politik standen ja gewaltige Aufgaben an. Und vieles schien zunächst so, als ließe sich das überhaupt nicht lösen. Es war ein Hin und Her, ein Hickhack in Vielem, und das Ausland lachte schon über uns Deutsche.
Bemerkenswert ist doch, soziologisch gesehen, dass 40 Jahre ausreichen, um eine "Volksseele" zu schaffen. Tatsächlich "tickt" doch der Ostdeutsche ganz anders als der Westdeutsche, wenn ich das mal so sagen darf. Und das eigentlich in vielem bis heute.
Damals gab es dann auch erste Zuammentreffen zwischen Ossis und Wessis, die jedoch nicht auf Dauer hielten. Irgendein kluger Mensch (habe leider vergessen, wer es war), hat gesagt, der "Zusammenprall" bei den Menschen war auch viel zu stark, als dass dies alles hätte halten können. Die Emotionen gingen hoch, bei allen, im Osten und im Westen. Es gab eine ständige hohe Aufgeregtheit.
Deswegen finde ich es so schön, dass jetzt hier im ST wieder - und noch einmal - zwischen Ossis und Wessis "Gespräche" möglich sind - und doch auf eine gute Art und Weise geführt werden können.
Dir einen schönen Tag
Angeli44 🌝
Wenn ein Tsunami sich ankündigt, zieht sich das Wasser zuerst einige hundert Meter weg vom Strand, viel weiter als bei Ebbe. Dann aber prallen die Riesenwogen über jene, die geglaubt hatten, es sei Ebbe.....
Ich finde es sehr hilfreich hier im ST, dass genau wir Beide aus Sicht (damals) Westberlin und DDR aus eigenen Erfahrungen berichten und das ganz ruhig..., denn nur in Berlin war ja zu sehen, wie sehr emotional es war, sich zu begegnen und alles war absolut ECHT.
Hinzu kam ja, dass sehr Viele noch Verwandtschaft hatten und ein erstes Wiedersehen möglich war.
Ich selbst habe ja auch alle Facetten des weiteren Zusammenlebens mitgemacht..., erst ging es im Ostteil / Friedrichshain weiter, hatte meinen Job im Bezirksamt…, dann kam die Bezirksreform und mit der Jahrtausendwende sind wir nach Kreuzberg gezogen.
Wieder eine tiefgreifende Veränderung. Unsere "Westkollegen" waren eigentlich sehr skeptisch, wir ziemlich offen, man beschnupperte den Ossi...aber wie schon mal geschrieben, wir hatten nicht viel "Schnupperzeit", mussten uns arbeitsmäßig zusammenraufen. Das haben wir auch aber man spürte eben auch, dass es durchaus andere Denkweisen gab.
Ich will damit auch sagen, Angeli..., Veränderungen betraf uns irgendwie ALLE aber ich weiß ja aus eigener, eben geschildeter Erfahrung, dass uns "Ost"berliner dann doch noch so manches mehr betraf. Was ich aber damals immer empfunden habe ist, dass in Berlin dieses "Ossi/Wessi" Gehabe gar keine Rolle mehr , zumindest im Umgangston spielte. Es mischte sich ja relativ schnell und war eben so !
Weiß heute noch, wir sind runter gefahren in den Schwarzwald und hatten eine schöne Unterkunft. Die Vermieter begrüßten uns mit den Worten..."ach, sie sind aus der Zone"...? Ich war irgendwie irritiert, kam sich vor, aus einem Affenzirkus zu kommen...habe aber schnell gemerkt, dass sie das erst meinten....sie selbst waren noch nie "drüben". Da kamen mir Zweifel aber ich bin ein sehr offener Mensch.
Berlin selbst ist schneller "zusammen gewachsen", obwohl das ja auch nicht ganz stimmt... Eigentlich ist erst mit den Mitte 2000 er Jahren , durch den Zuzug von jungen Menschen aus aller Welt, eine wirkliche Veränderung vorgegangen. Niemand fragt mehr nach Ost/West. Das ist schön so.
Die "Vereinigung" und Folgen spielen doch nur in der Generation eine Rolle, die um die Wendezeit alles aktiv miterlebt haben, mit allen Höhen und Tiefen.
Die jungen Menschen heute nehmen es zur Kenntnis, schauen sich vielleicht Mauerüberreste, Stasigefängnisse an und dann ist gut.
Nun ja, da ist noch so einiges zu tun aber du hast irgendwie Recht..., man "tickt" ggf. anders aber ehrlich..., ist das ein Wunder...uns hat doch jeweils das SYSTEM geprägt und dies kann man nicht so einfach abwerfen. Das braucht Zeit und wie man sieht, reichen eben 30 Jahre bei weitem nicht aus !
Es ist doch schön, dass man heute hier im ST sich begegnet, egal woher...mir persönlich ist es egal, ob aus Ost/West/Süd/Nord...jeder selbst könnte sich einbringen, gerne auch kontrovers aber eben sachlich. Dann kann man auch hinzulernen, weil man überlegt, ehe man schreibt.
Kristine
Ja, Olga, da stimme ich überwiegend zu und möchte ergänzen, dass es ja eigentlich gar nicht mehr um Ost/West geht..., Eigeninitiativen wären gefragt, richtig aber wenn man nun bedenkt, dass es ja oftmals wirklich sehr alte Menschen sind, die zurückgeblieben sind, kann das halt schwierig sein.
Mag es aus gesundheitlichen oder auch anderen Gründen sein, sei dahin gestellt. Es ist eben schwer, Neues aufzubauen, denn das braucht zwar in erster Linie auch Geld aber vor allem auch Kraft und Gedanken, Initiativen und so mancher hat das nicht mehr.
Ländliche Gebiete wieder attraktiv zu machen, würde heißen, dass auch junge Menschen integriert werden aber genau dies ist ja das Problem.
Deine Schilderungen aus Bayern finde ich interessant und ist sicher auch in anderen Regionen so oder ähnlich möglich.
Nörgeln und Stöhnen ist nie hilfreich, Anpacken schon !
Kristine
Liebe Kristine, habe hier noch ein Foto an der Wand hängen, auf dem mein englischer Schwiegersohn kurz nach Maueröffnung mit anderen jungen Menschen hoch oben auf der Berliner Mauer steht. Er war eigentlich zunächst Gastarbeiter in Berlin. Aber jetzt ist er längst Berliner und unterscheidet sich kaum noch von den anderen!
Ich dagegen lebe schon fast ein Vierteljahrhundert im Schwarzwald! Bei einer meiner Kolleginnen hier im Schwarzwald machte ich einmal eine Art Persönlichkeitstest mit, bei dem auch Bilder eine Rolle spielten, und sie staunte nicht wenig, dass bei mir so viele Bilder auf Berlin und die Berliner Mauer hinwiesen. Sie war ganz überrascht, welchen großen Raum dieses Ereignis in meinem Leben einmal gespielt hatte. – Eigentlich spielt es heute noch eine ziemlich große Rolle bei mir. – Ganz anders meine Enkelin, die 1991 geboren wurde. Das sind für sie Geschichten, die in der Schule mal durchgenommen wurden, zu denen man aber selber kaum eine tiefere Beziehung hat. – Eigentlich schade. Früher erzählten die Eltern und Großeltern mehr aus ihrer eigenen Vergangenheit, und die Kinder und Enkel hörten noch zu. Das ist heute so meistens nicht mehr der Fall. Schön ist es dann, dass wir Älteren und Alten wenigstens im Internet, besonders hier im ST, die Möglichkeit haben, uns selber mit unseren Geschichten und Gedanken einzubringen.
Herzlich
Angeli44 🌝
Das Schönste ist für mich an diesem in mehrfacher Hinsicht 9/11, ist der Sieg des "common civil sense" über die obrigkeitliche Bürokratie , die Überlegenheit des Bürgers über die systemstützenden Politik-Apparatschiks durch ein paar unkontrolliert dahingesagte, nicht vorher aufgeschriebene Worte.
Anders gesagt, ein ganzes System stolperte über seine eigenen Füsse (Abgehobenheit, Isolation des vom Bürger abgeschotteten Parteibürokratieapparats) durch eine naiv-unschuldige Frage. „ab wann gilt das neue Gesetz ?“
Das ist historisch legendär: eine unbedachte Antwort bringt einen ganzen Staatsapparat zum Einsturz. Trotz eines perfektionierten, allgegenwärtigen Überwachungssystems funktioniert nach Geschäftsschluss die Kommunikation nicht mehr. Der Respekt vor der Obrigkeit, gepaart mit der preußischen Sekundärtugend der absoluten Gehorsamkeit erreichen das Gegenteil dessen, wofür sie bislang gedient haben. Man wagt nicht, von unten nach oben entlang der Befehlshierarchie , an der Aussage eines hohen SED Parteiführers zu zweifeln. Eher glaubt man an das – eher unwahrscheinliche - gesprochene Wort des Funktionärs als dass man riskieren wollte, wegen des Zweifelns später sanktioniert zu werden. Feigheit vor dem Apparat, vorauseilender Gehorsam haben hier ausnahmsweise zur Durchsetzung des Bürgerwillens geführt.
Ein Apparatschik hatte vergessen, einem anderen (Schabowski) zu sagen, ab wann das neue Ausreisegesetz publik gemacht werden sollte.
Wäre Schabowski nicht zu entfernt von der realen Welt der Bürger und ihrer Erwartungshaltung gewesen, hätte er logischerweise sagen müssen, dass ab sofort (also am nächsten Arbeitstag) Ausreiseanträge gestellt werden könnten.
Er konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand die neue Regelung über Grenzübergänge ausreisen zu können, anders als im Rahmen des normalen (nun erleichterten) Ausreiseverfahrens (Antragsformulare, Überprüfung, zeitlich gesteuerte , kontrollierte Genehmigungen, Festlegung des Grenzübergangs) angewendet werden könnte.
Dank der Verwirrung (Unkenntnis der DDR Ausreise-Bürokratie ?) anwesender Westjournalisten kam die Nachricht der „Maueröffnung“ über Westmedien zurück in den Osten und das Glück nahm seinen Lauf.
Vergessen wird, dass dies alles nur möglich war, weil Gorbatschow in Moskau den „Schlüssel“ zur Lösung der Deutschen Frage/Ost-Westblock Trennung nicht länger im Kästchen ließ, sondern benützte.
Abgesehen vom Nobelpreis, hat ihm das bis heute kaum einer so richtig gedankt, weder in West und schon gar nicht bei ihm zu Hause.
So und jetzt will ich schauen wo die Stücke von "meiner" Mauer (Kreuzberg- West) hingekommen sind, die ich etliche Jahre vor der Nase hatte ...
Ja, liebe Angeli..., mir geht es ähnlich, immer wieder um den 9.November herum kommt alles wieder hoch, Gefühle, Bilder, sogar Freudenschreie, einfach alles.
Natürlich spielen dann auch die zahlreichen Medien ein Rolle, weil man ja daran gar nicht vorbei kommen kann. Aber ehrlich, ich möchte das auch gar nicht.
Es war eben unsere Zeit und die hat dermaßen geprägt, dass man dies wohl immer so in sich tragen wird aber ich finde das voll okay. Schade nur, dass im Geschichtsunterricht dieses Kapitel fast gar nicht behandelt wird. Es war doch unsere deutsche Geschichte...
Nun lebst du im schönen Schwarzwald und weit weg von Berlin...und eine Rückkehr ausgeschlossen...?
Ich wohne ja auch seit nunmehr fast 15 Jahren in der Nähe von Potsdam... und Berlin als Wohnort kommt so gar nicht mehr infrage. Aber du merkst schon..., so ganz weit weg konnte ich dann doch nicht aber das hängt mit meinen Enkeln zusammen, die in Berlin leben. Das brauche ich für mein Herz ganz einfach !!! 😊
Nun ja, liebe Angeli, vielleicht schreiben wir uns nochmals über den "ST Weg", würde mich freuen.
Alles Gute für dich.
Kristine