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Aktuelle Themen Die Meuterei auf der (Bounty) oder besser der Gorch Fock

hafel
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Die Meuterei auf der (Bounty) oder besser der Gorch Fock
geschrieben von hafel
Uns allen sind wohl noch die abendfüllenden Abenteuerfilme aus der Zeit des amerikanischen Unabhängigkrieges in Erinnerung, als Kapitän Bligh sich mit seiner Crew auseinander setzen musste.

Hört man den Wehrbeauftragten der Deutschen Bundeswehr, so wird man/frau in die "alte Zeit" zurück versetzt.

Weit von uns entfernt, im fernen Pazifik holt nun die Gorch Fock das Unglück der tödlich verunglückten Soldatin wieder ein. Die Kadetten der Gorch Fock hatten sich beim Wehrbeauftragten beschwert, dass sie von der Schiffsführung und den Ausbildern "gezwungen wurden" in den Mast zu steigen. Die Kadetten wurden daraufhin vollständig nach Flensburg zurück geholt.

Nun ist es mit unserer Jugend ja mal grundsätzlich so, dass sie nicht mehr wie vor 50 Jahren auf Baumhäusern spielt, sondern vor Computern sitzt. Da hat sich bei der Jugend etwas grundsätzlich "motorisch" geändert. Das sollte auch die Marine begreifen.

Wie dem auch sei, ich denke der Vorfall muss lückenlos geklärt werden. Nur finde ich, sollte der Wehrbeauftragte beide Seiten hören. Bisher hat er nur die Kadetten gehört und sich daraufhin (wie gestern im Fernsehen) ein Urteil gebildet. Als Jurist sollte er das eigentlich wissen, dass einseitige Schilderungen der Sache nicht dienen. Der Kommandant und seine Ausbildungscrew haben erst Mitte Februar Gelegenheit sich zu dem Vorfall zu äußern. Ich hoffe, dass recht bald die tatsächlichen Vorfälle auf dem Schulschiff geklärt werden.

Die eigentliche Frage ist aber, ob diese obligatorische Kadettenausbildung im Zeitalter der Computer gesteuerten Kriegsschiffe überhaupt zwingend notwendig ist. Ich denke nein. Die Crewkammeradschaft und das Bordleben mit Wasser und Wind läßt sich auch auf anderen Schiffen erleben. Dazu bedarf es keiner Mastbesteigung in 40 Meter Höhe. Die Handelsmarine hat nach ihrem Unglück der Pamir bereits 1957 auf eine Segelausbildung ihrer Kapitänspatente verzichtet. Und diese ausgebildeten Kapitäne sind auch keine Weicheier geworden.



Natürlich hängen die "Nordmenschen" an ihrer Gorch Fock, die als großer Blickfang bei der Windjammerparade der Kieler Woche alle anderen Segelschiffe voransegelt. Das Konzept der Marine-Kadettenausbildung gehört meines Ermessens dringend überholt. Die Gorch Fock kann ja weiter der "weiße Schwan" und deutsche Botschafter bleiben, aber nicht mit unerfahrenen jungen Kadetten.

Hafel
schorsch
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Re: Die Meuterei auf der (Bounty) oder besser der Gorch Fock
geschrieben von schorsch
als Antwort auf hafel vom 20.01.2011, 10:51:15
Wenn nicht mehr genug schwindelfreie und kletter-gewandte Matrosen gefunden werden können, sollte das Schiff ins Museum.

Aber besser wäre es wohl, die ganzen Kriegsmarinen dieser Welt abuwracken!
lotte2
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Re: Die Meuterei auf der (Bounty) oder besser der Gorch Fock
geschrieben von lotte2
als Antwort auf hafel vom 20.01.2011, 10:51:15
Du hast schon -mMn- Recht, hafel, wenn Du die Notwendigkeit der " segelnden Marine -Ausbildung" in atomkraftgetriebenen Zeiten in Frage stellst....



Aber: so ein klein wenig Nostalgie dürfte doch noch drin sein,oder?


Sind solche Windjammerparaden nicht etwas Wunderbares ?


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hafel
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Re: Die Meuterei auf der (Bounty) oder besser der Gorch Fock
geschrieben von hafel
als Antwort auf lotte2 vom 21.01.2011, 17:53:28
Na klar lotte, wem schreibst Du das?

Ich habe (fast) meine gesamte Berufszeit in Kiel verbracht und gehören dort die Großsegler einfach dazu. Ich denke nur, dass für die Marine-Offiziersausbildung nicht grundsätzlich das "Segelsetzen" auf hohen Mast wichtig ist ..... noch zu von körperlich (kleinen) schwächeren jungen Frauen.

Unterdessen sind ja seit es die Gorch Fock gibt 5 Menschen vom Mast gefallen.

Hier hat die Vorauswahl: -wem kann ich in den Wanten schicken- ein wenig versagt. Es wird ja auch kein Sehbehinderter als Scharfschütze ausgebildet.

Hafel

PS: Respekt ein sehr schönes Foto!

navallo
navallo
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Re: Die Meuterei auf der (Bounty) oder besser der Gorch Fock
geschrieben von navallo
als Antwort auf hafel vom 21.01.2011, 18:19:41
Die Zwischenfälle auf der Gorch Fock und der tödliche Unfall machen mich sehr betroffen.
Trotzdem wage ich einen etwas anderen Blickwinkel.
Die Ausbildung auf der Gorch Fock wird vielfach als Auszeichnung, wenn nicht sogar als nostalgisches Abenteuer empfunden. Daß auf See seit jeher auch Unfälle passieren, ist dabei kein Geheimnis.
Wer in derartigen Situationen auf demokratische Spielregeln vertraut, setzt aufs falsche Pferd.
Man kann über Speisepläne, anzulaufende Häfen oder Kneipen Mehrheitsbeschlüsse fassen. In Schiffsmanövern sollte jedoch immer nur einer das Sagen haben. Bei aufkommendem Sturm, schwerem Seegang oder riskanter Hafeneinfahrt kann man z. B. nicht mehr diskutieren und abstimmen, wer für welche Maßnahmen verantwortlich zeichnet. Solche Lektionen müssen Seekadetten lernen, auf welchem Schiff auch immer. Ein Segelschiff ist da eine sehr gute Schule, zumal der Drill vergangener Zeiten mit heutigen zarten Ausbildungsmethoden nicht zu vergleichen ist. Jeder Kadett, der sich einem Segelschulschiff anvertraut, tut das freiwillig. Er weiß auch um die Gefahren beim Aufentern und er hat die Möglichkeit, sich um alternative Ausbildungsstellen zu kümmern.
Der Kapitän eines Segelschulschiffes wird vermutlich nicht die Möglichkeit haben, sich seine Kadetten auszuwählen. Die Teilnahme von Frauen macht ihm das nicht leichter. Es gibt nun mal auf See Arbeiten, die man sich nicht aussuchen kann, die aber getan werden müssen. Dafür gibt es ja nicht nur die Kadetten, sondern auch die Stamm-Crew. Die wissen im Gegensatz zu manchen Kadetten, daß nicht ausgeführte Kommandos das Schiff sowie Leben und Gesundheit aller gefährden können.
Somit erhebt sich die Frage, darf der Schiffsführer überhaupt noch Kadetten in die Wanten schicken? Wenn ja, welche? Was hat ein Azubi, der sich wesentlichen Aufgaben entzieht, dann auf einem Segelschulschiff verloren? Ist ein Torpedoschnellboot ein sichererer Ausbildungsplatz für Marinekadetten? (Wer bei deren Geschwindigkeiten über Bord fällt, ist auch nicht gerade leicht wiederzufinden.)
Und wenn vom „Zwang“ die Rede ist, sollte man da nicht nur die Vorgesetzten, sondern auch die Gruppe im Auge haben? Ängstliche genießen keine Anerkennung, eher werden sie Mobbingopfer.
Ich bin gespannt, was in dieser Angelegenheit noch zu Tage kommen wird.
hafel
hafel
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Re: Die Meuterei auf der (Bounty) oder besser der Gorch Fock
geschrieben von hafel
als Antwort auf navallo vom 22.01.2011, 19:50:22
In den Grundzügen gebe ich Dir da Recht.

Ich denke aber hier geht es auch um andere Dinge. Wenn ein Soldat tödlich verunglückt, ist es pietätlos, wenn zwei Tage später die Stammbesatzung ausgelassen Karneval feiert. Hier war der Kapitän mehr als unsensibel.

Wenn sexuelle Übergriffe gemeldet werden, muss ebenso ermittelt werden. Es müssen beide Seite gehört werden. Da kann niemand zur Tagesordnung übergehen.

Ich bin nach wie vor, gegen eine Vorverurteilung.

Hafel

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navallo
navallo
Mitglied

Re: Die Meuterei auf der (Bounty) oder besser der Gorch Fock
geschrieben von navallo
als Antwort auf hafel vom 22.01.2011, 20:08:49
Du hast Recht, hafel.
Um wirklich die Situation einschätzen zu können, fehlen uns Fakten. Da gäbe es viele Fragen, die nicht nur dem Kapitän und den Ausbildern, sondern auch den Kadetten gestellt werden müssen.

Mein momentaner Eindruck: Der Begriff „Meuterei“, der auf See immer mit Gewaltandrohung verbunden wird, hätte auf dem Schiff nicht fallen dürfen. Er ist irreführend und unzutreffend. Wenn tatsächlich 2 Tage nach dem Todesfall ausgelassen Karneval gefeiert wurde, dann wäre das eine ausgesprochene Instinktlosigkeit. Ich weiß nicht, inwieweit der Kommandeur über die Besäufnisse seiner Crew wirklich eingeweiht war. Ich kann mir auch schwer vorstellen, wie man heutzutage noch jemanden „zwingen“ könnte, in die Wanten zu steigen. Polemisch ausgedrückt: Steht da ein Vorgesetzter mit Peitsche, wird jemand auf einsamen Inseln ausgesetzt oder gar wegen Befehlsverweigerung kielgeholt? Könnte es sein, daß der Kapitän jetzt für Dinge zur Verantwortung gezogen wird, die eigentlich Ausbildern in der Stammcrew anzulasten sind? Wenn die ersten persönlichen Befragungen vorüber sind, werden wir etwas mehr wissen.
Guttenbergs Reaktion, Kommandant Norbert Schatz aus der Schußlinie zu nehmen und die Gorch Fock bis zur weiteren Klärung in Kiel auf Kette zu legen, halte ich als vorläufige Maßnahme für richtig. Ich hoffe nur, daß weiteres Klar-Schiff-Machen erfolgt und die Vorfälle nicht das Ende der Segelschulschiffausbildung bedeuten. Natürlich sind auch andere Ausbildungsvarianten denkbar. Schatz wird wohl kaum wieder ein Kommando auf der Gorch Fock bekommen, auch wenn sich sein Anteil an Schuld als weniger gravierend herausstellen sollte.
hafel
hafel
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Re: Die Meuterei auf der (Bounty) oder besser der Gorch Fock
geschrieben von hafel
als Antwort auf navallo vom 23.01.2011, 13:32:25
@ Navallo: "Schatz wird wohl kaum wieder ein Kommando auf der Gorch Fock bekommen, auch wenn sich sein Anteil an Schuld als weniger gravierend herausstellen sollte".

Das ist genau der Punkt, der mich an diesem Vorfall stört. Wir wissen, dass auch nach "Reinwaschung" immer Dreck kleben bleibt. Das scheint das "Los" aller Führungspositionen zu sein. Eine Verleumdung reicht und alle Karriere ist dahin.

Aber wie gesagt: Jetzt sollte lückenlos aufgeklärt werden.

Hafel
luchs35
luchs35
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Re: Die Meuterei auf der (Bounty) oder besser der Gorch Fock
geschrieben von luchs35
als Antwort auf navallo vom 23.01.2011, 13:32:25
Könnte es sein, daß der Kapitän jetzt für Dinge zur Verantwortung gezogen wird, die eigentlich Ausbildern in der Stammcrew anzulasten sind? Wenn die ersten persönlichen Befragungen vorüber sind, werden wir etwas mehr wissen.
geschrieben von Navallo:


Da gibt es m.E. keine Ausreden zugunsten des Kapitäns. Er - nur er allein - ist verantwortlich für das, was an Bord seines Schiffes geschieht, und er hat auch die Verantwortung für das Leben seiner Besatzungsmitglieder, ganz besonders ,wenn es noch so junge Menschen sind.

Die Ausbildung auf dem weißen Stolz der Marine, der "Gorch Fock" war noch nie ein Zuckerlecken. Wenn aber Zustände einreißen, die nicht nur die Würde sondern das Leben der Anvertrauten gefährden, ist das Sache des Kapitäns, Ordnung zu schaffen, er ist hier in der Fürsorgepflicht.

Deshalb muss uneingeschränkt aufgeklärt werden, was auf der "Gorch Fock" abgelaufen ist.
Der Kapitän wurde zu Recht erst einmal abberufen. Wie weit auch andere Vorgesetzte der Kadetten dabei noch zur Rechenschaft gezogen werden müssen, wird die Untersuchung zeigen - fragt sich dann nur noch, wem mehr geglaubt wird oder auch, wer besser ist im Vertuschen und Verbiegen der Wahrheit.

Dass die Eltern der jungen Kadettin Klage gegen den Kapitän erhoben haben, ist verständlich. Vermutlich wissen sie auch einiges mehr aus persönlichen Schilderungen ihrer Tochter.

Dass zu Guttenberg von allen möglichen Seiten angeschossen wird, ist wohl auch dem Vorgeplänkel zu den kommenden Wahlen geschuldet.
Was mir in der ganzen Sache an ihm nicht gefällt, ist sein nassforsches Auftreten, mit dem er "regelt".

Aber die wirklichen Hintergründe über die Verschleppung der Informationen werden wir - wenn überhaupt - nicht so schnell erfahren. Vermutlich auch erst nach den Wahlen !

Luchs
netarip
netarip
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Re: Die Meuterei auf der (Bounty) oder besser der Gorch Fock
geschrieben von netarip
Was hätte der große Vorgänger von Guttenberg, Franz - Josef Strauss,wohl gemacht wenn er erfahren hätte dass die Bildzeitung am nächsten Tag über die Affäre auf der Gorch Fock einen Bericht bringen wird.

"So starb Gorch Fock Matrosin wirklich"

Da wäre, wie damals in Hamburg, die Staatsanwaltschaft in Aktion gebracht worden.Durchsuchung in den Springerhäuser Berlin und Hamburg, Festnahmen,
Nur für Friede Springer wäre wohl keiner auf die Straße gegangen . Und für Diekmann wohl erst recht nicht

Aber unser Volksliebling von und zu hat ja pariert, am Vortag noch ganz empört über Vorverurteilung polemisieren und dann aber mal dazwischen gehauen, wie letztes Mal in Kundus.
Mal sehen wie er daraus kommt, Bild rettet nicht immer.


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