Aktuelle Themen Darf man in Nachrufen eine verstorbene Person auch kritisieren?
Dann haben wir unterschiedliche Erfahrungen gemacht, Femmefatalle, denn ich habe durch die Aufarbeitung und Benennung der Tatsachen mit der Vergangenheit abschließen können. Bei mir ging es nach dem Tod meiner Eltern nicht erst richtig los. Aber ich habe auch zu ihren Lebzeiten noch mit der Aufarbeitung angefangen. Das macht vielleicht einen Unterschied.
Was ich allerdings nicht konnte, war bei ihrer Beerdigung Tränen vergiessen. Die hatte ich schon zu ihren Lebzeiten alle vergossen. Es waren keine mehr da.
Drachenmutter
Diesem Beitrag von Drachenmutter kann ich voll zustimmen. Der lateinische Spruch "de mortuis nihil nisi bene" mag zwar gut sein für die Trauerfeier und den Nachruf, aber was Karl schrieb
Der Tod einer Person sollte uns mahnen zu bedenken, dass hinter jedem Computer ein Mensch mit seinen Ängsten und Nöten sitzt, wir also Verletzungen schon zu Lebzeiten möglichst vermeiden sollten.
trifft meinem Gefühl nach mehr zu als die Meinung, man sei zu feige, sich bei Lebzeiten mit einer Person auseinander zu setzen, die als sehr intelligent eingestuft wird, die einen aber fühlen lässt, wie sehr man ihr unterlegen ist, von der man sich verbal eingeschüchtert und tief
verletzt fühlt. Diese Person hatte ja auch zu Lebzeiten die Möglichkeit, die, die durch ihr Verhalten gelitten haben, um Entschuldigung zu bitten. Wenn das versäumt wurde, dann ist das Wort "Erleichterung" angebracht und ehrlich. Man kann trotzdem den Angehörigen Stärke wünschen und sein Beileid aussprechen, ohne dass dieses als "heuchlerisch" abgetan wird.
jacare4
Ich würde mich als erstes fragen, warum kritisiere ich jemanden in einem Nachruf und habe nicht schon eher die Gelegenheit dazu genutzt..., ist es nicht eher "leicht" eine verstorbene Person zu kritisieren, die nicht mehr die Gelegenheit hat, sich zu wehren...solch Verhalten lehne ich ab ! Kritik ja aber nicht im nachhinein !
Kristine
De mortius nil nisi bene - über Tote soll man nur Gutes sagen
Das wurde hier in allgemeiner Form vor einigen Jahren diskutiert.
https://www.seniorenportal.de/community/forum/aktuelle-themen/de-mortius-nil-nisi-bene-ueber-tote-soll-man-nur-gutes-sagen?tid=335652
Ich gebe noch einen externen Link dazu.
http://www.onlinezeitung24.de/article/3545/print
LG
Sam
Hallo Sam,
danke, dass du den älteren Thread aufgespürt hast. Dort sind viele ergänzende Gedanken zu dem Thema zu finden – und ein sehr passendes Schlusswort von Olga, die den Thread auch eröffnet hatte.
Auch ich hatte dort bereits ein kurzes Statement abgegeben, das ich noch genauso unterschreibe und hier noch einmal wiederhole:
Auch der zweite von dir eingestellte Link ist interessant:„…..Dabei geht es mir um Menschen, die mir einmal nahe standen. Da vermeide ich es, negativ über sie zu sprechen/schreiben. Und wenn ich es doch tue, dann versuche ich zu verstehen, warum sie so gehandelt haben, wie sie es taten. Ich nehme quasi die Sicht des Toten ein, der ja nichts mehr dazu sagen kann.“ Mane
Es geht dort um Chilon von Sparta, den Urheber des oft falsch verstandenen Satzes: „de mortuis nil nisi bene...“ Es geht nicht darum, dass „von Toten nur Gutes (reden soll)“, denn dies sei völlig sinnentstellend und “käme im Übrigen auch noch einer heuchlerischen, verlogenen Geschichtsfälschung einerseits und einer Verhöhnung der eventuell Geschädigten andererseits gleich. Sie wäre folglich schlicht unmoralisch.
Im Folgenden werden innere Grenzen des klassischen Zitats aufgezeigt – dass es falsch sei, über Tote gut zu sprechen, wenn die großen Verbrechen der Weltgeschichte oder „kleinere“ Verbrecher unserer Tage, wie jenen vierfachen Mörder von Schwalmtal - wenn solche Unmenschen einmal tot sind, wird man von ihnen (nur) schlecht sprechen, zu recht.“
Gruß Mane
Ich versuche mal eine Erklärung.
Vor 4 Jahren habe ich mich in den Finger geschnitten oder den Finger verbrannt.
Das hat wehgetan - aber nach ein paar Tagen war das vergessen und
ich erinnere mich nicht mal mehr daran - obwohl ich täglich ein Messer
in die Hand nehme und koche.
Ich kann das nur so behaupten, weil mir sowas am laufenden Band passiert.
Es gibt hier viele Menschen im Forum, die so stark, gefestigt und stabil sind,
dass sie mit Kritik oder auch Beleidigungen bestens "umgehen" können.
Sie schlagen einfach - mal mehr und mal weniger intelligent oder witzig -
zurück oder ignorieren ganz einfach den "Angreifer" oder strafen ihm mit
Verachtung.
Es gibt aber auch Menschen, die das nicht so einfach können.
Sie sind sensibler und zerbrechlicher.
Das Sprichwort - die Zunge (hier: das Wort) ist schärfer als das Schwert -
trifft dann zu und die seelischen Verletzungen wiegen viel schwerer und
tun mehr weh als körperliche Schmerzen.
Wer dann noch krank / depressiv ist kann sich kaum wehren - im
Gegenteil. Da kann viel Zeit vergehen und man braucht viel Mut.
Nach dem letzten Todesfall in meiner Familie hatte ich eine Zeitlang
folgenden "Avatar":
Das hatte mit dem Forum hier überhaupt nichts zu tun -
es war ein Gefühl innerhalb der Familie.
Aber es beschreibt, wie ich mich zu der Zeit "gefühlt" habe.
Das Thema selbst ist ein ethisches Problem, das jeder für sich selbst
beantworten muss.
Aber wir alle könn(t)en heute schon dafür Sorge tragen, dass es in
unserem "Nachruf" solche Probleme nicht geben wird.
LG
Sam
Ich schließe mich ganz meinen Vorrednern @SamuelVimes, @jacare4 und @Drachenmutter an.
Dass sich ein Verstorbener gegen Vorwürfe nicht mehr wehren kann, ist unumstritten. Aber kann ein Mensch, der andere Menschen zu Lebzeiten (ich unterstelle mal Absicht) verletzt, ernsthaft daran denken, dass er nach seinem Ableben nur Lobeshymnen erntet?
Wenn das wirklich jemand von den hinterbliebenen Menschen erwartet, dann sollte er sich doch besser schon zu Lebzeiten bemühen, keine Scherben zu hinterlassen.
Das soll nicht heißen, dass nun alles erlaubt ist, was gefällt und an dem Verstorbenen kein gutes Haar mehr gelassen wird. Denn auch ungeliebte Menschen sind Menschen und haben ihre eigene Geschichte, die sie vielleicht zu genau solchen Menschen machte.
Sicher können sich viele hier nicht vorstellen wie es ist, an einer Depression zu leiden. Wenn die Seele erst einmal schmerzlich verletzt ist, kann man sich nun mal nicht gegen Böswilligkeit und Angriffe wehren. Deswegen ist dieser Mensch nicht dumm oder leidet an mangelnder Intelligenz. Er ist einfach nur zu schwach und zu krank dafür. Man tritt ja auch einem Lahmenden nicht den Gehstock weg und sagt ihm: lauf doch! Oder? Wir brauchen doch als Erwachsene hier hoffentlich keine Opfer wie zu Schulzeiten.
So wie ich es bisher verstanden habe, war wohl einigen bekannt, dass da jemand gemobbt wurde.
Wäre es unter diesem Gesichtspunkt nicht nett von uns allen, einen solchen Menschen nicht noch mehr niederzumachen, sondern ihm stattdessen Rückhalt zu geben? Auch hier im Forum? - Und das schon zu Lebzeiten?
Naturella
Wenn Jemand zu Lebzeiten schon ein Kotzbrocken war, warum sollte man das nicht nach seinem Tod erwähnen dürfen?
Es ist verlogen ihn dann dann als Gutmensch zu würdigen und dann noch zu bedauern und beweinen, daß er verstorben ist.
Freude über das Ableben zuzeigen ist pietätlos, soweit würde ich nie gehen, aber sagen, daß der Mensch ein unbequemer Zeitgenosse war, sollte erlaubt sein und ich würde es tun, wenn ich danach gefragt würde.
grinsekatze
Der letzte Beitrag von SamuelVimes gefällt mir außerordentlich
und trifft den Nagel auf den Kopf.
Ich schreibe etwa einmal bis zweimal im Jahr eine solchen
Nachruf (haupts. auf Verlangen), der dann öffentlich an geeig-
neter Stelle zu lesen ist.
Mir würde es niemals einfallen negative Eigenschaften eines
Verstorbenen aufzuschreiben.
Wäre es tatsächlich so, dass die/der Verstorbene andauernd
"grauslich" war, würde ich keinen Nachruf verfassen bzw. ein
solches Ansinnen ablehnen.
Es ist wohl ein Zufall, dass der letzte von mir verfasste Nachruf
gerademal eine Woche zurück liegt.
robin
Niemand ist wahrscheinlich nur "Kotzbr..." - ich schreibe das jetzt nicht aus.
Ich finde auch gerade kein passendes Wort.
Und jeder, der schwierige Seiten hat - in MEINER Wahrnehmung, hat wahrscheinlich auch gute und einfache Seiten.
Und in der Wahrnehmung anderer sowieso!
Also hat dieser Mensch auch Freunde und in der Regel auch Verwandte,
also Menschen, die um ihn trauern.
Eine Gedenktafel dient meiner Meinung nach dazu,
den Freunden und Verwandten Raum zu geben, ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen.
Es geht weniger um den Verstorbenen, als um die, die jetzt trauern.
Es ist also ein Raum für die Hinterbliebenen. Und ihnen möchte ich mit Respekt begegnen.
Für sie stelle ich meine Befindlichkeiten einfach hinten an.
Natürlich können die Handlungen und Taten von bereits Verstorbenen auch sehr kritisch gesehen werden - an anderer Stelle.
Liebe Grüße Adoma
Wenn sich aus den Mails, Treffen und auch Kontakten keinerlei private Verbindungen ergeben hat, so könnte auch niemand über das plötzliche Ableben von Personen hier im ST berichten. ( Das wüsste ja keiner )
Dazu müssten die Hinterbliebenen, den Kontakt -- das Passwort hier im ST kennen , um sich auf dieser Seite, im sicheren Bereich zu lesen und sich dazu zu äußern..--, eventuell hatten sich auch ja Freundschaften aufgebaut... wo man sich auf anderen Wegen ausgetauscht hattte.
Sicher haben wir hier bestimmt von vielen Teilnehmern keinen Nachruf erhalten---
Dazu noch gesagt... kennen sich die Erben mit all diesen Vorgängen aus...wo war der liebe Verstorbene mit PassWORT eingeloggt..
Das wirft nun alles neue Fragen auf... Nach der neuen Datenschutz--- EU-- Verordnung--