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Aktuelle Themen 80 Jahre Ausschwitz Befreiung, heute aktueller denn je.

olga64
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RE: 80 Jahre Ausschwitz Befreiung, heute aktueller denn je.
geschrieben von olga64
als Antwort auf doep56 vom 01.02.2025, 18:22:46
Ursprüngliche Ursache des Pogroms war bestimmt der "Neid der Kleinen auf die Erfolge und die Wohlhabenheit" der Juden. Da brauchte es nur einige Hetzer, die den Neid für ihre untergründigen Machenschaften der Nazis ausnutzten, nämlich sich die Vermögen der Juden selber unter den Nagel zu reissen. Glaubt ihr nicht? Dann überlegt mal: Wer legte sich Verstecke mit Raubkunst an und kaufte den Juden ihre Liegenschaften für einen Spottpreis ab?  Waren das die "Kleinen"?
Da ist sicher ein wahrer Kern. Der Neid auf den wirtschaftlichen Erfolg jüdischer Familien und die gezielte Propaganda haben einen fruchtbaren Boden für die Enteignungen geschaffen. Aber es waren nicht nur „die Kleinen“ Oft haben gerade Beamte, Industrielle und Parteigrößen systematisch davon profitiert und sich schamlos an Raubkunst und Immobilien bereichert. Das war ein perfides Zusammenspiel von Habgier und ideologischer Hetze.

Doris
Nicht nur BEamte usw. haben geraubt. Es gibt sie ja die Geschichten, wo deutsche, sog. normale Menschen dem Abstransport ihrer jüdischen Nachbarn zusahen und dann die Wohnungen stürmten, um sich an Möblen, Geschirr, Bettwäsche  usw. zu bedienen. Vermutlich wurden alle diese Gegenstände mittlerweile innerhalb der Generationen weitervererbt - und die ersten Generationen erklärten noch, sie hätten von nichts gewusst.

Im Stern gab es kürzlich einen Artikel, demzufolge viele der überlebenden Juden lange dafür kämpfen mussten, damit sie eine staatliche Versorgungsrente erhielten.
Grosszügiger war der deutsche Staat von Anfang an bei Naziverbrechern, auch solchen, die aus dem Ausland agierten oder dorthin flohen und auch deren Nachkommen (Witwen)gegenüber,die bis zu ihrem Tode eine Rente erhielten, die je nach Fall zwischen 200 - 1.200 Mark betrug.
Das alles wird natürlich sukzessive weniger, weil auch Nazis irgendwann sterben und auch deren Rentenberechtigte.
Ich empfinde das als grossen Skandal, der aber m.W. lange unter Verschluss gehalten wurde und des ist dem Stern-Team zu danken, dieses aufwendig und gut recherchiert und veröffentlicht haben. Olga
Anna842
Anna842
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RE: 80 Jahre Ausschwitz Befreiung, heute aktueller denn je.
geschrieben von Anna842
als Antwort auf olga64 vom 01.02.2025, 19:27:24
Es wurde nicht komplett unter Verschluss gehalten.
In Sachbüchern stand es zuvor bereits.
Dennoch bin ich dem Stern dankbar, dass er es nochmals
breiflächig in die Öffentlichkeit hinein gebracht hat.

Anna
schorsch
schorsch
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RE: 80 Jahre Ausschwitz Befreiung, heute aktueller denn je.
geschrieben von schorsch

Was glaubt ihr, wie lange es dauern würde bis zum nächsten Holocaust, wenn die AfD & Co. bei den nächsten Wahlen die Oberhand erlangen könnten? 


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doep56
doep56
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RE: 80 Jahre Ausschwitz Befreiung, heute aktueller denn je.
geschrieben von doep56
als Antwort auf olga64 vom 01.02.2025, 19:27:24
Ursprüngliche Ursache des Pogroms war bestimmt der "Neid der Kleinen auf die Erfolge und die Wohlhabenheit" der Juden. Da brauchte es nur einige Hetzer, die den Neid für ihre untergründigen Machenschaften der Nazis ausnutzten, nämlich sich die Vermögen der Juden selber unter den Nagel zu reissen. Glaubt ihr nicht? Dann überlegt mal: Wer legte sich Verstecke mit Raubkunst an und kaufte den Juden ihre Liegenschaften für einen Spottpreis ab?  Waren das die "Kleinen"?
Da ist sicher ein wahrer Kern. Der Neid auf den wirtschaftlichen Erfolg jüdischer Familien und die gezielte Propaganda haben einen fruchtbaren Boden für die Enteignungen geschaffen. Aber es waren nicht nur „die Kleinen“ Oft haben gerade Beamte, Industrielle und Parteigrößen systematisch davon profitiert und sich schamlos an Raubkunst und Immobilien bereichert. Das war ein perfides Zusammenspiel von Habgier und ideologischer Hetze.

Doris
Nicht nur BEamte usw. haben geraubt. Es gibt sie ja die Geschichten, wo deutsche, sog. normale Menschen dem Abstransport ihrer jüdischen Nachbarn zusahen und dann die Wohnungen stürmten, um sich an Möblen, Geschirr, Bettwäsche  usw. zu bedienen. Vermutlich wurden alle diese Gegenstände mittlerweile innerhalb der Generationen weitervererbt - und die ersten Generationen erklärten noch, sie hätten von nichts gewusst.

Im Stern gab es kürzlich einen Artikel, demzufolge viele der überlebenden Juden lange dafür kämpfen mussten, damit sie eine staatliche Versorgungsrente erhielten.
Grosszügiger war der deutsche Staat von Anfang an bei Naziverbrechern, auch solchen, die aus dem Ausland agierten oder dorthin flohen und auch deren Nachkommen (Witwen)gegenüber,die bis zu ihrem Tode eine Rente erhielten, die je nach Fall zwischen 200 - 1.200 Mark betrug.
Das alles wird natürlich sukzessive weniger, weil auch Nazis irgendwann sterben und auch deren Rentenberechtigte.
Ich empfinde das als grossen Skandal, der aber m.W. lange unter Verschluss gehalten wurde und des ist dem Stern-Team zu danken, dieses aufwendig und gut recherchiert und veröffentlicht haben. Olga
Da sprichst du einen schmerzhaften und beschämenden Teil der deutschen Geschichte an. Es stimmt, der opportunistische Raubzug sogenannter „normaler“ Bürger nach der Deportation jüdischer Nachbarn ist gut dokumentiert. Viele haben direkt von den Verbrechen profitiert und sich bereichert — teils mit dem vollen Bewusstsein dessen, was geschah.
Dass Naziverbrecher und deren Angehörige oft großzügige Renten erhielten, während Holocaust Überlebende jahrzehntelang kämpfen mussten, ist tatsächlich ein Skandal. Die Tatsache, dass dies lange verschwiegen wurde oder kaum öffentliche Empörung auslöste, zeigt, wie tief das Problem der Aufarbeitung saß.
Zum Glück gibt es mittlerweile intensivere Auseinandersetzungen mit diesen Themen, aber der späte Einsatz hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Es bleibt die Frage, wie hätte eine gerechtere Aufarbeitung damals aussehen können?

Doris
olga64
olga64
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RE: 80 Jahre Ausschwitz Befreiung, heute aktueller denn je.
geschrieben von olga64
als Antwort auf doep56 vom 02.02.2025, 07:08:57

Ich kann das nicht beantworten, weshalb diese Aufarbeitung so ungerecht war.
Aber ich denke, die Entscheidungsträger (z.B. bei Renten) waren halt auch alte Nazis, die nicht von einem Tag auf den anderen ihre Einstellung zu Juden und Sinti und Roma usw. änderten.
Und die anderen, die überlebten, erlebten jahrelangen lebensgefährlichen Terror mit Bedrohungen usw. und hatten auch anfangs sicher nicht den Mut und dieKraft, sich dagegen zu wehren.
Das kam dann langsam als sich auch in der Bevölkerung - also der nächsten Generation der Nazi-TäterInnen - ein anderes Bewusstsein entwickelte.
Ich erlebte dies in der Schule mit. Als aich 1950 eingeschult wurde, war der Lehrkörper mit Nazis besetzt, die uns SchülerInnen auch hemmungslos bedrohte und schlugen. Hilfe von zu Hause war nicht zu erwarten. Bei mir hiess es dann "wirst du schon verdient haben".
Erst ab dem Gymnasium wurde es anders, weil auch der Lehrkörper anders war. Die laten Nazi-LehrerInnen hätten auch diesen Anforderungen nicht mehr entsprochen.
Und das ist nur ein kleines Beispiel - aber ich denke, es zeigt auch gut, wie sich unsere Gesellschaft in sich änderte - wenigstens manche -viele aber auch nicht, wie man seit Jahren feststellen kann. Olga

schorsch
schorsch
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RE: 80 Jahre Ausschwitz Befreiung, heute aktueller denn je.
geschrieben von schorsch
als Antwort auf doep56 vom 02.02.2025, 07:08:57
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Dass Naziverbrecher und deren Angehörige oft großzügige Renten erhielten, während Holocaust Überlebende jahrzehntelang kämpfen mussten, ist tatsächlich ein Skandal. Die Tatsache, dass dies lange verschwiegen wurde oder kaum öffentliche Empörung auslöste, zeigt, wie tief das Problem der Aufarbeitung saß.
Zum Glück gibt es mittlerweile intensivere Auseinandersetzungen mit diesen Themen, aber der späte Einsatz hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Es bleibt die Frage, wie hätte eine gerechtere Aufarbeitung damals aussehen können?

Doris
Ich vermute, dass der Hauptgrund dafür war, dass man ja so eine Mitschuld - und wenn es nur wegen dem Weggucken war - verleugnen wollte.

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doep56
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RE: 80 Jahre Ausschwitz Befreiung, heute aktueller denn je.
geschrieben von doep56
als Antwort auf olga64 vom 02.02.2025, 18:29:06
Ich kann das nicht beantworten, weshalb diese Aufarbeitung so ungerecht war.
Aber ich denke, die Entscheidungsträger (z.B. bei Renten) waren halt auch alte Nazis, die nicht von einem Tag auf den anderen ihre Einstellung zu Juden und Sinti und Roma usw. änderten.
Und die anderen, die überlebten, erlebten jahrelangen lebensgefährlichen Terror mit Bedrohungen usw. und hatten auch anfangs sicher nicht den Mut und dieKraft, sich dagegen zu wehren.
Das kam dann langsam als sich auch in der Bevölkerung - also der nächsten Generation der Nazi-TäterInnen - ein anderes Bewusstsein entwickelte.
Ich erlebte dies in der Schule mit. Als aich 1950 eingeschult wurde, war der Lehrkörper mit Nazis besetzt, die uns SchülerInnen auch hemmungslos bedrohte und schlugen. Hilfe von zu Hause war nicht zu erwarten. Bei mir hiess es dann "wirst du schon verdient haben".
Erst ab dem Gymnasium wurde es anders, weil auch der Lehrkörper anders war. Die laten Nazi-LehrerInnen hätten auch diesen Anforderungen nicht mehr entsprochen.
Und das ist nur ein kleines Beispiel - aber ich denke, es zeigt auch gut, wie sich unsere Gesellschaft in sich änderte - wenigstens manche -viele aber auch nicht, wie man seit Jahren feststellen kann. Olga
Es ist eine bittere Realität, dass viele, die in der Nazi-Zeit mitverantwortlich waren oder aktiv mitgemacht hatten, in wichtigen Positionen blieben, sei es im Staatsdienst, in der Justiz oder auch im Bildungsbereich. Das machte eine ehrliche Aufarbeitung der Verbrechen unglaublich schwierig. Die Menschen, die die Macht hatten, die Nachkriegsgesellschaft zu gestalten, waren zum Teil selbst von der Nazi-Ideologie geprägt, und wie du richtig sagst, änderten sie ihre Einstellung nicht einfach über Nacht.
Es muss auch sehr schwer gewesen sein, sich gegen diese Menschen zu wehren, vor allem, wenn sie die gesellschaftliche Norm dominierten und es keine breitere Unterstützung gab. Diejenigen, die überlebten, waren oft traumatisiert und kämpften mit den eigenen Erfahrungen und der Herausforderung, wieder einen Platz in der Gesellschaft zu finden. Aber das Wissen, dass nicht nur Opfer, sondern auch Täter in wichtigen gesellschaftlichen Positionen blieben, ist eine der tragischen Realitäten dieser Zeit.
Dein Beispiel aus der Schule zeigt sehr gut, wie die Nachkriegszeit für viele noch immer eine Fortsetzung des Nazi-Denkens war. Gerade in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg war der Wandel oft sehr langsam, und es gab viele, die sich weiterhin nicht mit den Verbrechen auseinandersetzen wollten, oder es nicht konnten, weil sie selbst Teil des Systems gewesen waren.

Doris
olga64
olga64
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RE: 80 Jahre Ausschwitz Befreiung, heute aktueller denn je.
geschrieben von olga64
als Antwort auf doep56 vom 03.02.2025, 06:56:38

Ich lese gerade das Buch von Frau Merkel "Freiheit". Sie schildert darin auch die Anfangszeiten als sie in den 90er Jahren nach der WEnde ihre ersten politischen Schritte und Ämter hatte.
Da gab es z.B. Sonder- und Opfer-Renten, die insbesondere diejenigen entlasten sollten, die Opfer des SED-Unrechtsregimes wurden.
Aber es stellte sich heraus, dass die Cleversten, die vorher in höheren politischen Ämtern waren, auch die vielen Stasi-Leute, die sehr schnell ihre guten Jobs und ihre Wichtigkeit verloren,d ie Ersten waren, die sich diese Sonderrenten "aneigneten", sogar wenn sie längst im Ausland lebten, bzw. nicht mehr in Ostdeutschland.
Da spielten vermutlich die guten, alten Beziehungen und Seilschaften nach wie vor eine grosse Rolle.
Und die Opfer, die sicher teilweise lebenslang traumatisiert waren, kannten diese Tricks und die Seilschaften nicht und kamen nur langsam an ihre Rechte und auch Entschädigungszahlungen und -renten.
Es bildeten sich dann langsam sowohl politische Kreise als auch Bürgerinitiativen, um dieses weitere Unrecht zu beseitigen und so wie es scheint, konnte wenigstens ein Teil wieder gutgemacht werden.

Olga


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