Wenn ich so auf mein Leben zurückschaue ...
Wie oft höre ich diese Worte in der letzten Zeit, ich mag sie schon nicht mehr hören! Und dann?
Wie oft entdecke ich die gleichen Gedanken bei mir selbst? Woran liegt das? Am fortgeschrittenen Alter oder vielleicht an der fehlenden Gemeinschaft mit Gleichaltrigen?
Mir erklärte vor vielen Jahren eine Frau, die damals so alt war, wie ich heute: »Da gibt es niemanden mehr, mit dem ich mich über ›früher‹ unterhalten kann!«
Ich war seinerzeit sehr betroffen über diese Aussage.
Heute bin ich in der gleichen Situation! Geschwister, der innere Kreis der Familie: alle nicht mehr am Leben, sehr oft viel jünger als ich selbst aus dem Leben gegangen. Ausserdem, durch die allgemeine Mobilität, die familiären Kreise in alle Winde zerstreut, ab und zu trifft man sich noch aus irgendeinem Grund, hat sich fast nichts mehr zu sagen als Allerweltsdinge, geht wieder auseinander um danach wieder in das eigene Leben einzutauchen.
Wer sehr alt wird, wird auch sehr einsam! Eine Binsenweisheit? Ich denke nicht so. Wenn ich nur über meine eigenen Jugenderlebnisse sprechen will, wird auch nur ein winziger Bruchteil der Zuhörer daran Interesse haben. Das bedeutet im Umkehrschluss:
Ich muss auf der Höhe der Zeit bleiben, muss die Aktualität des Lebens stets in den Vordergrund stellen und mich nicht in die Vergangenheit verlieren.
Gewiss, das ist nicht leicht. Wie viele meiner gleichaltrigen Bekannten kommen von dieser Schiene nicht herunter, weil sie den Jüngeren aus ihrem Leben erzählen möchten - damit diese daraus lernen könnten.
Vergebene Mühe. Niemand erntet vom Leben anderer Menschen Aufmerksamkeit, es bleibt beim mehr oder weniger starken Interesse, das dann jedoch schnell wieder vergessen wird.
Ich selbst habe für mich dieses wichtige Thema dadurch gelöst, dass ich meine biografischen Texte schrieb! Die kann - muss aber eben nicht - jeder lesen. Und ich habe alles verarbeitet, was relevant für mich war, ohne dass ich jemanden dafür auf die Nerven ging!
Da gibt es gewiss auch noch andere Möglichkeiten, denke ich. Wer beispielsweise in einem Seniorenheim lebt, hat sicher genügend Gelegenheiten, sich auszutauschen, das dann auch zu einer Lebensbejahung beiträgt. Der Mensch hat nun mal die Fähigkeit, bei einem Austausch von Gedanken seine Fertigkeiten weiterzuentwickeln. Und das ist gut so.
Auf sein Leben zurückzublicken muss nicht bedeuten, dass man mit seinen Gedanken vereinsamt!
Es kann auch aussagen, dass man mit sich selbst ins Reine kommt. Mit all den Ereignissen, die man eventuell immer vor sich selbst versteckt hat? Das müssen gar keine »Leichen im Keller« sein. Ganz profane Dinge schieben wir - damals wie heute - gern auf die »lange Bank«, jedenfalls wenn es möglich ist.
Schauen wir ruhig mal zurück auf unsere Vergangenheit! Vergessen wir aber bitte dabei nicht, dass sie nur für uns von Interesse ist ...
©by H.C.G.Lux
Kommentare (12)
Natürlich ist das Leben auch von anderen Menschen interessant, das war auch nicht die Frage, die ich mir stelle.
Doch im Wesentlichen muss ich doch davon ausgehen, dass nur ich selbst die Richtschnur für mich bin, und dazu gehört meine Vergangenheit.
Interessant ist für mich eben nicht immer auch "wichtig"!
Meine Neugier zu befriedigen, indem ich das Dasein eines Anderen erfasse, nimmt meinem eigenen Wollen die Kraft, selbst in eigenen Spuren zu wandern.
Ich sehe eine rote Sonne.
Mein Nachbar eine gelbe.
Wir haben beide recht, jeder zu seiner Zeit ...
Ich wollte eigentlich nur ausdrücken, dass, wenn ich nur auf die Zukunft baue, das Alte - oft Bewährte, auch negiert wird; und das ist doch schade, nicht?
meint mit einem Lächeln
Horst
Bei deinen Zeilen, lieber Horst muss ich immer an "damals" denken..., ich war noch sehr jung, mein Sohn geboren und wir hatten immer und regelmäßig Geburtstagsrunden bei uns, die sogenannten "runden Tische". 😉
Es wurde oft richtig "heiß"und viel diskutiert, auch über politische Ereignisse aber eben auch über "Krankheiten"..., immerhin war der Großteil am Tisch jenseits der 50.
Was ich damals schon als junger Mensch als sehr unangenehm empfand...diese ewige Rederei um jede einzelne Krankheit, Tablette...
Furchtbar und eines schwor ich mir..., niemals würde ich dies machen und ganz ehrlich, bis auf ganz wenige Ausnahmen habe ich das auch gemacht. Ich mag das heute noch nicht !
Stelle mir dann ggf. immer vor, wie es mir "damals" erging...natürlich können die Kids auch wissen, wenn mal jemand krank ist aber alles auseinander zu nehmen und auch noch haarklein, NEIN !!!
Du hast es so wunderbar geschrieben..."man sollte auf der Höhe der Zeit sein und möglichst auch bleiben"..., was ja auch bedeutet, eben nicht in der Vergangenheit zu leben. Das sehe ich zu 150 % genauso !
Dabei bleiben, mitmischen...nur so kann auch "im Alter" das Leben noch schön aber auch herausfordernd sein und bleiben .., auch wenn es weniger aufregend wird. 😉
Man ist selbst für sich verantwortlich !
Zurückschauen - ja - aber nicht nur !!!
Kristine
Ja, ich glaube, das ist der richtige Ansatz. Man darf nur eines dabei nicht vergessen: Die Vergangenheit ist wichtig!
Ohne sie würde die Zukunft der nachfolgenden Generationen unerträglich, weil die gleichen Fehler stets wieder gemacht werden!
Das HEUTE baut sich auf dem GESTERN auf.
Kein Mensch fängt mit dem Lesen eines Romans auf der Seite 125 an,
denn alles, was geschieht, hat eine Vorgeschichte ...
Grüße von
Horst
.... schaue auch zurück .... was ist geblieben ?
schöne Erinnerungen , Liebe , Freude , Freunde , Zufriedenheit gerade jetzt im Alter , einiges Erreicht den Rest schaffen wir, das negative versuche ich zu vergessen . Das Leben ist schön und ich Glaube an Gott was will ich mehr :-)
Amigo - was war, war nicht alles schön.
Aber es war.
Was ist, kann oft nicht schön sein oder unschön,
doch es ist!
Allein das Morgen ist der Schlüssel zur Zufriedenheit - und:
Der Glaube an den Allmächtigen wie immer man ihn nennt.
Das ist meine Devise ebenfalls.
Grüße von
Horst
Ich schaue weniger zurück, als dass ich nach vorne schaue. Ich mache Pläne fürs Frühjahr und für den Sommer. Möchte noch Neues ausprobieren, vielleicht noch eine Sprache erlernen und noch viel reisen. Aber vielleicht bin ich noch zu jung, um in meine Vergangenheit zu blicken.😆 Und um mein Leben aufzuschreiben, dafür war es zu langweilig und uninteressant.
Fröhlich grüßt
Jutta
@Juttchen
Ohne unsere Vergangenheit wären wir nicht, was wir heute sind, liebe Jutta.
Wer nicht über seine Vergangenheit nachdenkt, und aus seinen Erfahrungen, evtl. Fehlern lernt, für den ist es ja gerade so, als hätte er nicht gelebt. Denke mal an all die Menschen, die dein Leben bereichert haben. Das war sicher nicht immer langweilig.
Liebe Grüße
Laura
Das gefällt mir echt, Juttchen...so muss es sein...fröhlich in die Welt schauen und kaum zurück.
Das mache ich auch ! Alter ist doch sooo egal !
😊
Kristine
Warum denkst Du, [D]ein Leben könnte zu langweilig sein, um festgehalten zu werden?
Jedes Leben enthält eine Menge an Zeiten, Momenten und Ereignissen, die es ohnegleichen machen! Nein, liebe Jutta, wenn Du denkst, es lohnt sich nicht - gerade dann überlege, denke nach, schreibe!
Ich denk: Es lohnt sich!
sagt, mit einem Lächeln
Horst
@Pan
Lieber Horst,
so kann ich Deinen Rat für Jutta nur unterstützen..
schließlich profitiere ich von 4 Büchern, in denen Du deine Vergangenheit mit ganz erlesenen Ereignissen aufgeschrieben hast. Für mich ist es auch ein Teil wirklich erlebter "deutscher Geschichte", und ein Einblick in die Erdkunde, die heute direkt eine "Bereicherung" für mich sind.
Daran siehst Du , dass Deine Lebensgeschichte eben nicht nur für DICH interessant ist,
meint Deine Leserin
mit Dank, Freude und Gruß
Renate
Danke Renate, für Deine aufmunternden Worte, zeigen sie mir doch, dass ich so wie bisher nicht schlecht liege...
Grüße von Ingrid und
natürlic😊h mir ...
Dein letzter Satz stimmt mich nachdenklich : Ist das wirklich so ?
Ist das, was wir erlebt haben , für andere uninteressant ?!
Ich denke, es gibt immer jemanden, der sich angesprochen fühlt, der Ähnliches erlebt hat oder mitfühlt, dem ich etwas mitteilen kann, ohne einen Rat geben zu wollen.
Unsere erlebte Vergangenheit ist nicht nur für uns oder allenfalls für unsere Nachkommen bedeutsam, sie ist Geschichte, und daher nicht weniger wert als die in den Lehrbüchern...
Denn nur dem, was ich selbst erlebt habe, habe ich meinen "Stempel" aufgedrückt, hat ein Eigenleben entwickelt, zeigt das reale Geschehen und meine Sicht darauf !
Die von anderen mag anders sein, sie mögen mich verstehen oder nicht, es war so und ist sicher nur eine von vielen Möglichkeiten des Lebens...
Ein bisschen erinnert mich das an Märchen, die so viel allgemein Gültiges enthalten und doch zu vielen Interpretationen auffordern !