Uns wurde der Auftrag gekündigt...


Hier eine wunderschöne Erfahrung, die mein Freund machte, der zusammen mit seiner Frau ein Immobilienunternehmen betreibt. Er hat mir gestattet, diese Erfahrung hier zu bringen.

Uns wurde der Auftrag gekündigt.

Es war einer jener Momente, in denen unsere besondere Einstellung in Bezug auf die Führung unseres Unternehmens ganz schön auf die Probe gestellt wurde.

Als Immobilienverwalter den Glauben zu leben, beginnt bei uns mit dem Gebot "Du sollst nicht lügen", - modern ausgedrückt: nichts verheimlichen, eine klare Linie unseren Geschäftspartnern gegenüber vertreten, selbst wenn wir dadurch Nachteile zu erwarten haben.

In diesem Fall handelte es sich um einen großen Kunden: Ein Bauträger hatte uns in den letzten Jahren die Verwaltung für alle Häuser übergeben, die er errichtet hatte. Bislang war alles recht gut gelaufen. Doch bei diesem Neubau mussten wir ernsthafte Mängel beanstanden: Der Putz fiel von der Wand, die Mauern waren feucht und schimmelig, und vieles mehr. Hier mussten wir im Namen der Käufer gegen den Bauträger energisch vorgehen. Die Reaktion des Bauträgers: "Dann suchen wir uns eben einen anderen Immobilienverwalter!" Er kündigte uns die Mietverwaltung der übrigen 64 Wohneinheiten. Diese zu 'haben' oder nicht zu haben, war für unseren Betrieb ein großer Brocken. Um alles geordnet zu Ende zu führen, informierten wir den Auftraggeber, dass eine Kündigung laut Vertrag erst zum Jahresende möglich sei.

Nun war es Dezember, und wir hörten noch immer nichts von der Firma. Möglicherweise hatte sie die Kündigung vergessen. Wir hätten das ausnutzen und die Frist stillschweigend verstreichen lassen können. Wir diskutierten eine Weile intensiv darüber. Immerhin belief sich der Auftrag auf drei Prozent unseres Jahresumsatzes. Auf ihn zu verzichten würde bedeuten, dass unser Gewinn erheblich zurückgehen würde. Doch schließlich wurde uns klar, dass die Ehrlichkeit von uns verlangte, den Bauträger an die Absprachen vom April zu erinnern. Vielleicht, so hofften wir, würde er nach einer solchen großzügigen Geste unsererseits die Kündigung zurücknehmen. Doch dem war nicht so: Zum 1. März mussten wir den Auftrag an einen Konkurrenten übergeben.

Wenige Tage nach unserer Entscheidung wurden wir - mit Gültigkeit 1. März - von der Versammlung der Wohnungseigentümer eines anderen Kompleses als Verwalter gewählt. Es handelte sich um 60 Wohneinheiten. Der zu erwartende Umsatz war gar um zehn Prozent höher als bei den 64 Wohneinheiten, die wir verloren hatten. Die Eigentümer hatten den vorherigen Verwalter abgewählt, weil er den Bauträger zu wenig energisch auf Mängel an der Baustruktur aufmerksam gemacht hatte. C. und T.H.

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