…. Drei Dinge, so heißt es, kommen immer zu spät: Die Feuerspritze, die richtige Antwort im Examen und die Reue.
…. Reue, das klingt so weit hergeholt, so altertümlich-religiös. Warum etwas bereuen? Als Menschen des Jahres 2022 wissen wir doch, was wir wollen, und tun, was wir richtig finden! Hugh, ich habe gesprochen! Basta, ich habe entschieden. Und da möge bitte ja keiner herummäkeln!
….Aber vielleicht klopft das eigene Gewissen, erst leise, dann lauter, dann unüberhörbar. Wie verhält es sich eigentlich mit dem, was ich gestern gesagt habe? War es nicht unter meinem eigenen Niveau? War es übertrieben? War es gerecht? Konnte ich übersehen, dass mein Gegenüber unter meinen Schlägen zusammenzuckte? Wäre es nicht anständig, mich zu entschuldigen?
….Geschehenes lässt sich nicht rückgängig machen, sagt man. Aber vielleicht doch. „Pater, peccavi“ sagt der verlorene Sohn zu seinem Vater, und der nimmt ihn gern wieder auf.


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Kommentare (11)

Via

@silesio

Bei Reue denke ich nicht zuerst an eigene Schuld. Anderen zu schaden liegt nicht in meiner Natur. Wenn ich ausfallend werde, dann als Re-Aktion auf mir zugefügte Verletzungen. Solche Ausnahmen bereue ich nicht, ich ärgere mich oft sogar im Nachhinein, nicht noch schärfer geantwortet zu haben.
 
Was ich eventuell bereue, sind falsche Entscheidungen, die ich im Leben getroffen habe. In den meisten Fällen gelingt es mir aber im Laufe der Zeit, diese für mich als "aus der Situation heraus" zu rechtfertigen und leide nicht großartig darunter.
 
Reuelose Grüße 😉
Via

Distel1fink7

Roxanna

Richtig : Reue, tief empfundene Reue  ist mit Schmerzen verbunden.
Es tut mir leid, ich nehme das Leid an. Eines Tages wird auch das
heilen.

Gruß an die vielen guten Kommentatoren und an silesio

Distel1fink7

ehemaliges Mitglied

Hallo silesio
Ich bereue es, 10 Minuten bevor mein Vater starb, zur Apotheke gegangen zu sein. Ich war blauäugig und habe es nicht wahrhaben wollen, dass er geht. Auch das bereue ich. Und ich bereue noch Vieles mehr. 
Meiner Meinung nach ist nichts falsch daran, sich einzugestehen, dass die Dinge nicht optimal gelaufen ist. Ein solches Eingeständnis hat mit Bescheidenheit zu tun. Wir sind nur Menschen und haben nunmal nicht den Überblick über das Weltgeschehen und auch keine Glaskugel, die uns die Zukunft voraussagt. Das ist keine Entschuldigung und auch kein Freibrief, um Böses zu tun, sondern im Gegenteil, eine Ermahnung dazu, sich nicht über andere zu erheben.
Manche Religionen haben die Reue instrumentalisiert, um Macht über die Gläubigen auszuüben. Siehe Ablasshandel. Für mich ist die Reue kein Anlass, mich in Schuldgefühlen zu suhlen, sondern, wie gesagt, eine Ermahnung zur Bescheidenheit und auch zur Selbstkritik. Insofern finde ich Reue etwas Gesundes. 
Viele Grüsse
Sandra

silesio

@Sandra1975  
Dein langer Beitrag macht auf mich den Eindruck, dass in deinem Leben die Reue und damit auch die Schuld eine grosse Rolle spielt.
Dass du nicht beim Tode deines Vaters anwesend warst, ist nicht deine Schuld. Du wolltest ja wohl irgendetwas holen, was ihm helfen sollte.
Versuche, endlich darüber hinwegzukommen!

ehemaliges Mitglied

@silesio  
Mein "langer Beitrag" handelt von mehr als von meinem Vater, aber gut. Ich lasse meine guten Manieren walten und sage: Danke für deine Antwort und einen schönen Sonntag. 

Roxanna

Wenn man sich heutzutage umschaut, könnte man denken, dass Reue aus der Mode gekommen wäre, aber man kann ja in Menschen nicht hineinschauen. Um Reue zu empfinden, muss Mensch aber in der Lage sein, sich selbst zu reflektieren und da glaube ich einfach, dass das nicht jedem gegeben ist. Es kann höllisch weh tun, wenn man erkennen muss, Fehler gemacht zu haben, die sich nicht wieder gutmachen lassen.  Und da ist die Selbstvergebung gefragt. Für mein Empfinden ist das noch viel schwerer, als jemand anderem, der einem etwas angetan hat, zu vergeben.

Im besten Fall gibt es ein Aussprache, in der man aufrichtig Reue zeigt und um Vergebung bittet. Da kann sich etwas lösen, aber eine Narbe bleibt vielleicht doch zurück.

Reue zu empfinden ist etwas zutiefst menschliches. Ich glaube, dass sie jedem Menschen innewohnt, bei manchen vielleicht gut verschlossen irgendwo in den Weiten der Seele. Aber immer kann es Ereignisse im Leben geben, die so etwas aufbrechen lassen.

Gruß
Brigitte

silesio

@Roxanna  
Ach Brigitte, da bist du ja tief in dein Seelenleben eingestiegen. Wie die inneren Zusammenhänge wirklich sind, ist oft leichter für einen Aussenstehenden zu durchschauen als für die Betroffene.
Reue macht darauf aufmerksam, dass etwas schief gelaufen ist und dass man aktiv werden soll, Schaden zu mildern
Silesio

Christine62laechel


Nicht immer kann man das, was falsch gesagt oder getan wurde, wieder in Ordnung bringen; aus welchen Gründen auch immer. Dann bleibt nur die Reue, die gleichzeitig eine Buße ist, und so kann das Gewissen einigermassen gereinigt werden...

silesio

@Christine62laechel  
Aber Reue sollte nicht im tiefsten Innern vergraben werden, sondern dazu führen, sich aktiv mit den Folgen eine "bösen" Tat auseinanderzusetzen

chris33

Dein  Reuethema    klingt   religiös.....
allerdings ist es auch ein breit gefaechertes Thema..😊

Da fällt mir zuerst ein : Reue :Beichten:Vergebung, Wiedergutmachung...

aus anderer Sicht,

Vergebung , nicht durch Gott oder Andere , sondern sich selbst gegenüber .  Wer genuegend  Selbstbewusstsein und  Einsicht  hat, um Fehler einzugestehen,  wird  auch mit der Reue keine Probleme  haben .

Reue  und  die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen , gehen Hand in Hand  meint 

chris33


 

silesio

@chris33  
Nein, Reue soll wahrhaftig nicht zu neuen Problemen führen, sondern kann ein Anstoss sein, nach möglichkeit etwas Verbocktes wieder gut zu machen, am besten mit der geschädigten Person selbst


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