Pensionärin und was nun ?


Pensionärin und was nun ?


Viele haben sich ( hoffentlich rechtzeitig)  schon diese eine wichtige Frage gestellt:

Was mache ich, wenn ich nächstes Jahr zur Klasse der rüstigen Rentner gehöre.
Etwas Intellektuelles, etwas Kreatives und  etwas Soziales. Ja,  genau so stellte ich mir die Zeit nach dem Arbeitsleben vor. Ich überlegte, plante und  verwarf.

Malen hatte ich nie richtig gelernt. Ich kann heute noch kein Pferd malen, obwohl meine kleine 2-jährige Enkeltochter mit meiner Tiermalerei  gerade noch gut zurecht kommt. Aber, wenn sie drei ist, wird sie mein Pferd sicherlich doch  als Hasen einordnen.

Und mein Akkordeon, welches ich vor Jahren höchstens zu Weihnachten wegen der Kinder bewegt hatte und gerade noch die Stille-Nacht-Heilige-Nacht-Töne befriedigenden Klanges in den Heiligen Abend schickte,  brauchte zuallererst  eine Generalreparatur.
Und generell mal ehrlich, wer will heute noch 64-jährige weibliche Akkordeonlaien hören, die mit leicht versteiften Fingern nicht immer den richtigen Ton finden ?

Einen dreijährigen Englisch-Kurs an der Volkshochschule ( als im Osten zur Schule Gegangene war Englischunterricht nur ein Ausnahmefall)  hatte ich hinter mir und zu den notwendigen Sprachreisen kam es eher aus Altersgründen leider nicht. Welche Gastfamilie nimmt schon 60-jährige Schülerinnen ?

Und da ist dann noch mein Lebensmittelpunkt, auch Ehemann genannt. Er hat in den vier Jahren seines eher begonnenen Rentnerdaseins den ganzen Garten in Beschlag genommen vom Radieschen im Frühjahr bis zum Baumverschnitt im Winter. Klar, ich werde mir das Gewächshaus unter den Nagel reißen, er weiß es nur noch nicht,  aber das ist nicht verwandt mit Kreativsein.

Sodann meldete ich  mich im besten Kreativladen unserer Kleinstadt zum Nähkurs an  um  Aufzufrischen, Aufzubessern und um Tricks und Kniffe zu lernen, die ich vergessen hatte. In den 1970er und 80er Jahren hatte ich vieles selbst genäht, Hosen vor allem. Laienhaft zwar und in Eigenregie und vielleicht auch nicht immer ganz exakt. Aber meine Figur machte damals eben noch alles mit.
Ich packte im hinteren Teil des Stoffgeschäftes meine Nähmaschine aus und die Kursleiterin Marietta fragte mich : Was willst Du  nähen?

Völlig überrumpelt von der Frage mit dem Blick auf die Dame gegenüber, die für ihren Enkel eine Sporttasche mit maritimen Motiven nähte, antwortete ich:
„Genau solche Freizeit- und Sporttaschen wie diese.“  Und tatsächlich, ich bekam einen Schnitt und den Auftrag mir im Laden die passenden Stoffe zusammen zu suchen. Es war wie ein Mischen von Materialien, Farben und Formen. Und vor allem: Es machte Spaß. So muss es einem Maler gehen, der vor einem neuen kreativen Projekt steht.

Stoffballen raus, Stoffballen rein, Farbvergleiche,  Knöpfe, Tragegurte braun,  rot oder  schwarz, Reißverschlüssen aller Farben. Passt oder passt nicht. Baumwollbeschichtetes Material für das Innenfutter, das richtige Garn und Vlies zur Verstärkung der Stoffteile. Und einen Knopf, einen schönen großen farbigen Knopf  für die Außentasche.  

„Wenn du Dich konzentrierst, dann schaffst Du heute noch die Außentasche mit Klappe und Lasche fertig zu stellen,“ sagte Marietta. Ich musste lachen, es klang irgendwie albern.
„Du hast den Schnitt und die Anleitung und Du schaffst es auch alleine, alles zu Hause zu Ende zu nähen.“ 
Schließlich hatten wir Hochsommer, es waren Schulferien und der nächste Kurs sollte erst im September stattfinden.
Auf meinen fragenden Blick nickte sie lächelnd. Außerdem  kosten 2 Stunden Nähkurs 20 Euro. Und tatsächlich, nach 4 Wochen  hatte ich sie fertig.
Und es gibt jede Menge Nachfolger.

Im Januar hatte ich mich das erste Mal für den Kreativmarkt von Dawanda in Leipzig angemeldet. Voller Aufregung öffnete ich die Antwortmail. Eine Absage. Es gäbe von Taschen schon genug.
Naja, wir  60+ haben es gelernt, mit Niederlagen umzugehen.
 
Maritt
 


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Kommentare (8)

ladybird

Liebe Maritt :
Deine Tasche kann man nicht unerwähnt lassen,
wow--sie ist super gelungen und so wundervoll "individuell"...
also volles, ehrliches Lob

Ähnlich wie Du, habe ich ein wenig "Schreibgeschick" und ich habe mich dann bei den "Redaktionen" zB im Altenheim oder beim Pfarrbrief kundig gemacht und bin nun "ehrenamtlich" in der Redaktion einer Kleinstadt, die eine Broschüre für Senioren heraus gibt.
weiterhin war ich in verschiedenen Kindergärten und auch Altenheimen unserer Stadt, zum Vorlesen (nicht nur meiner Geschichten)
Es gäbe noch die "grünen Damen", die Krankenbesuche machen usw......
Du wirst auch ganz bestimmt eine kleine dich erfüllende Aufgabe finden,
das wünscht Dir
ladybird

 

Maritt


Hallo Ladybird,
vielen Dank. Die Sache mit dem Schreiben ist schon ganz interessant. Aber ich brauche leider immer eine lustige Begebenheit und dann eine gewisse innere Ruhe etwas zu Papier zu bringen. Da bin ich oft von den äußeren Bedingungen  abhängig.
Allerdings.... eine online-Zeitung für meine Kurzgeschichten habe ich auch schon gefunden.
Alles Gute und viele kreative Schreibideen  für Dich
Maritt
 
 

werderanerin

Liebe Maritt,

tolle Tasche hast du da gemacht...Hut ab !

So wird es wohl fast Jedem gehen, der das Rentendasein erreicht hat.
Anfangs hat man oft nur das Bedürfnis, alles "ruhiger" angehen zulassen, sich auszuschlafen und mehr an sich selbst zu denken. Dann kommt eine Zeit des Nachdenkens, was könnte man sinnvolles machen, um nicht ganz "abgestellt" zu sein.
Da etwas zu finden, ist schwer..., finde ich zumindest.
Ich mache beispielsweise viel Sport, habe einen großen Garten , der immer Arbeit bietet und genügend Enkel, die auch hin und wieder betuddelt werden. Die Zeit vergeht schnell, weil man ja auch den Tag später angeht. 

Ich persönlich empfinde die Winterzeit als die eigentliche Herausforderung. Mein Partner geht jetzt ab August in Pension, ist aber schon ein Jahr zu Hause, sodass wir das schon mal "üben" konnten...Lächeln, oft garnicht so einfach aber zum Glück können wir uns auch mal aus dem Wege gehen.
Wir haben vor, in den miesen Monaten vielleicht mal irgendwo zu überwintern, mal schauen...was wir jetzt schon machen ist, spontan die Räder satteln und los gehts und das ist herrlich !!!

Jeder muss für sich herausfinden, was gut und vor allem befriedigend ist. Nur Stress sollte man sich damit nicht machen, man spürt schon, wenn etwas gut tut oder eben auch nicht.

Dir eine angenehme Rentnerzeit mit vielen, guten Ideen wünscht

Kristine

Maritt


Liebe Kristine,
viele Deiner Ansichten teile ich auch. Immer oder besser fast immer, wenn ich nichts zu tun weiß,
gehe ich etwas Sport machen. Gerade  solche Radtouren, wo man früh einfach los macht und mal schaut, wie weit man kommt, sind schöne Erlebnisse.
Das Winterproblem überbrücke ich eben meistens  mit meiner Schneiderei. Mit einer Freundin zusammen bin ich 2 Tage am ersten Adventswochenende auf unserem „dörflichen“ Weihnachtsmarkt und alles, was wir selbst hergestellt und verkauft haben... mit Nähmaschine, Backofen und „Destille“ spenden wir dem Kinderhospiz Bärenherz in Leipzig.
Das schafft ein Gefühl, auch etwas Sinnvolles getan zu haben.

Alles Gute für Dich und immer eine gute Zeit
Maritt

Muscari

Liebe Maritt,
na, das ist doch ein tolles Ergebnis Deiner Nähkunst. Die Tasche ist einsame Klasse. Diese Fähigkeit musst Du unbedingt weiter verfolgen und noch ausbauen. Und lasse Dich bloß nicht durch die Absage von Dawanda entmutigen. Es gibt so viele andere Möglichkeiten.

Als ich z.B. in Rente gegangen war - und das sind nun schon 18 Jahre her -  wurde ich von einer wahnsinnigen Schreibleidenschaft gepackt, sodass ich anfing, meine Lebensgeschichte aufzuschreiben. Alles, aber auch alles sollte zu Papier gebracht werden, vor allem sehr Persönliches.
Und was ich im Traum nie gedacht hätte, interessierte sich sogar ein Verlag für das Manuskript, sodass schließlich aus der Geschichte ein Buch wurde. Titelseitexx.jpg

So hat doch jeder irgend eine Fähigkeit, die er im Rentenalter einsetzen kann.
Auf jeden Fall wünsche Dir eine Menge neuer Ideen und viel Erfolg.
Mit herzlichem Gruß,
Andrea

Maritt

Liebe Andrea,
danke für Deinen netten Beitrag.
Zunächst Glückwunsch zu Deinem literarischem Werk. An solch ein Projekt denke ich auch hin und wieder.
Ich habe viele Kurzgeschichten geschríeben, die ich gerne in einem Buch sehen würde, vielleicht mit jemandem zusammen, der zeichnen kann.

Aber ich habe doch Bedenken, denn ein Buch muss eben auch seine Leser finden. Und auf Marketing habe ich keine rechte Lust.
Vielleicht ein Projekt für den Winter.
Liebe Grüße
Maritt

Willy

Na ja- anscheinend liegen Deine Stärken im Bereich Prosa oder auch Lyrik. Jedenfall gefällt mir Deine mit Humor gewürzte Gechichte rundum.
B.G.
Willy

Maritt

Ja Willy, vielleicht hat Du Recht. Aber das Wichtigste ist, alles was man tut, muss Den langen freien Tag mit mit etwas Sinnvollem, etwas Kreativem  und etwas Schönem ausfüllen. Und das kann sogar ein Mittagsschläfchen sein..... denke ich.Zwinkern


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