Mauer? Wand?


 

Die Unterschiede sind gewaltig! Ob ich von Menschen durch eine Mauer getrennt bin oder durch eine Wand, ist eine Gesamteinstellung zum Leben. Mit einer Wand grenze ich etwas ein. Aus einer allgemeinen Fülle von Tatsachen teile ich für mich einen kleinen Anteil als nur für mich bestehend ab. Ich kann diese Wand, je nach meiner Gemütslage, für andere Menschen durchlässig machen - oder verschlossen halten.
   Eine Wand ist eine willkürlich gezogene Trennlinie zwischen unterschiedlichen Standpunkten, die durchaus veränderbar sind und nicht unbedingt immer unbeweglich sein muss. Wir können ihr ausweichen, wir können sie ignorieren, nicht anschauen. Sie ist da, aber nicht unbedingt als beständiges Kontinuum, sondern permanent durchlässig!
    Wie anders ist es bei einer Mauer! Sie ist räumlich und virtuell etwas fest Bestehendes, meist sehr stabil und kaum veränderbar. Sie kann eine ganze Weltanschauung hinter ihrer Umfassung einschließen. Meist bildet sich dann eine ganz neue Realität, wenn genug Anhänger mit gleichen Ideen ihre eigene Wirklichkeit aufbauen können.
     Es gibt Millionen von Mauern auf dieser Welt. Grosse Mauern, kleine Mauern, einfache Holzzäune, Barrieren mit Stacheldraht, die Vielfalt ist immens. Alle Mauern haben Tore oder bloße Durchgänge, die bewacht werden können oder auch nicht.
       Eine Mauer deutet unsere Position in dieser Welt an. Existierend befinden wir uns nun auf der einen oder anderen Seite. Bei einer Mauer steht uns nicht mehr die gesamt existierende Räumlichkeit zur Verfügung, sie schließt etwas ein - nach innen oder nach aussen. Sie beschränkt das Dasein, die Bewegungsfreiheit und den Ideenreichtum.
       Neben physischen Mauern, wie sie zum Beispiel diejenige waren, die Berlin teilte, gibt es psychologische Mauern, kulturelle Mauern, religiöse Mauern, es gibt Mauern von allen Formen und Konsistenzen, die wir nach unserem Willen oder unserer Fähigkeit überwinden. 
    Wir können eine Mauer verachten, indem wir ihr nicht die geringste Bedeutung beimessen; dies geschieht, wenn die Existenz der Barriere nicht direkt in unser Leben eingreift oder unsere Überzeugungen verletzt. Es ist leicht, solch eine Mauer zu ignorieren, wenn sie nur den Nachbarn stört.
       Die Existenz von Mauern ist gerechtfertigt oder nicht: Das ist eine Debatte, die niemals abstrakt geführt werden kann, da jede Mauer immer konkret ist!
 


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Kommentare (7)

Rosi65


Sie ist eine der ältesten Mauern auf unserem Planeten: „Die chinesische Mauer.“ Mit einer Länge von 21.196 km ist sie sogar das größte jemals errichte Bauwerk.

Dieses gigantische Bollwerk diente früher als reine Schutzanlage zur Grenzsicherung, und sollte mongolische Nomadenstämme abwehren.

great-wall-of-china-804886_1280.jpg

Sicher hätten sich damals die wilden Mongolenhorden schlapp gelacht, wenn dort nur einige filigrane Ziegelwände gestanden hätten.😂

Rosi65

Lerge

Das Gute ist,
daß Mauern auch wieder fallen können, wenn der Zeitgeist sich
      ändert.             
Bruchstücke ehemaliger Trennungen
vermitteln Hoffnung im Blick auf die Zukunft.
Berliner Mauer.jpg
Hoffentlich.....,
Lerge

U. Petri

Hallo Pan,
da hast Du uns eine schöne Abhandlung zum Nachdenken geliefert! 
Deine Argumente haben mir gut gefallen.
Natürlich habe ich an die Stadtmauern im Mittelalter
und der Vorzeit gedacht, die zum Schutze hochgezogen wurden.
Doch Du hast recht - gleichzeitig stellten sie natürlich auch ein Hindernis dar.

Also gut -
ziehen wir privat nur verstellbare Wände auf und umgehen möglichst Mauern 😉

In diesem Sinne herzliche Grüße
Ursula

Roxanna

Eine Mauer kann trennen oder einengen, sie kann aber auch schützen. Nicht alles verträgt Nähe.

Lieben Gruß
Roxanna

Pan

Hi Roxanna,
schwer zu definieren, nicht wahr? Für mich allerdings steht das Verhältnis zum Menschen im Vordergrund!
Hat die DDR-Mauer das Volk geschützt? Das ist beispielsweise eine Sache der Einstellung, oder? 
Ich denke, dass Mauern immer als Abgrenzung dienen, das dieses "Schutz-Angebot" nur als Alibi dient!

meint Horst

LisaK

Guten Tag Pan,
meine Empfindungen dazu sind, dass Wände Raum für Hoffnung auf Veränderung lassen,
während Mauern mir immer ein Gefühl von unüberwindbarer Endgültigkeit vermitteln.
Selbst Schutz - oder Klostermauern hatten auf mich schon immer eine bedrückende Wirkung.
Herzliche Grüße
Lisa

Pan

Hallo Lisa, genau das ist auch meine Meinung. So etwas fest Gefügtes, Abschreckendes, kann doch
niemand als Schutz erkennen. (Die Mauern des Mittelalters boten nur in der Vorgeschichte Schutz) - 
Jeder Mechanismus wird stets von Gegen-Mechanismen ausgehebelt. Das ist bis heute so!
grüßt 
Horst


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