Man kann
Natürlich nicht alle, nicht alles, und nicht immer, doch mehr, als man denken könnte. Zwei Beispiele dafür möchte ich darstellen.
Beispiel 1.
Evelyn Glennie wollte an einer Musikhochschule studieren. Noch vor der Eintrittsprüfung konnte sie erfahren, dass es für sie unmöglich wird – sie ist ja taub. Sie kann nicht hören. Im ersten Moment gab sie auf, doch war zurück, und sagte: Warum sollte man mich nicht wenigstens etwas vorspielen lassen, vielleicht könnte ich die Prüfungskommission doch von meinen Kenntnissen überzeugen? Man ließ sie spielen – und da wurde wahrscheinlich die Kommission sprachlos. Denn Evelyn konnte spielen wie eine Weltmeisterin. Sie hört nicht mit ihren Ohren, dafür aber mit ihrem ganzen Körper. Wenn sie Musik macht, dann zieht sie immer ihre Schuhe aus. Ihre Füße spüren die Vibrationen des Fußbodens. Ihre Finger, ja sogar ihr Gesicht macht mit, indem es die Luftwellen empfinden kann, die beim Spielen erzeugt werden.
Evelyn war eine ausgezeichnete Studentin, ihr Fall hat aber auch dazu beigetragen, dass man an dem britischen Hochschulsystem vieles geändert hat. Nun können behinderte Personen alles mögliche studieren, wenn sie nur in einer Prüfung aufweisen können, dass sie es – anders als die meisten Studenten zwar – auch doch können.
Beispiel 2.
Was an solchen TV-Sendungen echt stören kann, wären die herumspionierenden Kameras, und die Jury-Teilnehmer, die sich verpflichtet fühlen, ihre Tränen der ganzen Welt vorzuzeigen. Es gehört leider heutzutage dazu. Es lohnt sich aber ausnahmsweise dieses Stück anzusehen, und das ist auch wirklich bewegend. Ein blinder zehnjähriger Junge, und sein erwachsener Tanzpartner – wie kann man so eine Meisterschaft erreichen…?
Man kann.
Kommentare (4)
@Manfred36
Ich hatte das Glück, als Kind in einem Kurort zu leben. Hierher kamen auch dalmas Menschen, auch Kinder, zu einer REHA. Man sah dann ihre Behinderung, die Rollstühle, die Krücken - gar nicht mehr. Und sie konnten uns, ihre Freunde oder Bekannten, auch bereichern. Einfach, normal.
@Syrdal
Ja... Und eigentlich könnten die beiden Videoaufnahmen einen gleichen Titel haben: (Selbst)Vertrauen.
Mit Grüßen
Christine
Aus einer Beschränkungssituation heraus Großes zu erreichen, ist eine wunder bare Sache. Es bedarf natürlich einer großzügigen Förderung. Ich erinnere mich gut meiner gleichaltrigen Kindheitsbegleiterin Renate König. Sie wohnte als Kriegsevakuierte in unserem Haus und hatte durch Hepatitis ihr Gehör verloren (und nicht nur das). Wir stimmten intuitiv alles aufeinander ab, und sie konnte ständig Highlights erleben, vor allem, weil sie auch sportlich war. Umgekehrt bereicherte sie mich in meiner autistischen Beschränktheit.