Liebe in der Vorhandyzeit



Damals, in den 70. oder 80. Jahren (und früher natürlich auch) – wer konnte schon davon träumen, einen Telefonapparat einfach immer in einer Hosen- oder Handtasche zu tragen? Immer mit dabei, was so wichtig sein konnte, wenn gerade verliebt gewesen, und wenn man ungeduldig einen Anruf erwartet hatte…
 
   Die meisten Familien besaßen ja damals nur einen Telefonapparat. Der befand sich irgendwo im Haus, wo man sich nicht immer ganz privat fühlen konnte. Natürlich wollte man nicht Gott weiß welche intimen Angelegenheiten besprechen, mit den 15 oder 17 Jahren; wenn aber ein kleiner, oder ein großer Bruder zuhören würde? Solchen Trotteln konnte ja alles nur lächerlich vorkommen; womöglich würde es der eine oder andere sogar mit Fremden lachend besprechen wollen? Oder eine Schwester, eifersüchtig und wütend, dass sie selbst einen Freund noch gar nicht hatte?
 
   Und diese Qual des Wartens… Das Objekt der Gefühle konnte sich zum Beispiel bei dem letzten Treffen mit folgenden Worten verabschiedet haben: Ich rufe dich dann bald an, Schatzlein… Bald? Was heißt nun „bald“? Ein modernes Mädchen würde wahrscheinlich verlangen, dass sich der junge Mann mehr präzise ausdrückt (moderne Mädchen verstehen von den Spielchen kaum, sie handeln mit einem Mann wie mit einer Freundin herum). Damals würde aber kaum eine junge Dame so etwas tun.
 
   Bald also… Na ja, heute eher nicht mehr (nur am Anfang einer echt großen Liebe möglich – damals). Morgen vielleicht. Dann würde man am liebsten den ganzen Tag durch zu Hause bleiben, um es nur nicht zu verpassen. Ins Geschäft? Oh, ich fühle mich erkältet… Etwas aus der Garage holen – kann es der Papa nicht selber tun, ich mache schwierige Hausaufgaben gerade… Als man in die Toilette musste – ein Horror. Er könnte ja gerade jetzt anrufen! Und was, wenn ihm das Brüderchen genau erzählt, wo man ist, und was man wahrscheinlich dort macht? Ein Horror! Der Nachmittag kam, dann der Abend – man wartete; Mal ungeduldig, Mal apathisch… Er liebt mich also nicht…
 
   Und als er endlich anrief, redete man meistens vor Freude solche Dummheiten… Zum Glück war die angebetete Person meistens ähnlich jung; da sich gleich und gleich ja schon immer gern gesellt hatte, wurde daraus oft doch etwas. :)
 
  
 
 


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Kommentare (8)

Humorus

Oh ja, liebe Christine

Ich kann Deinen aus dem Leben geschrieben wunderbaren Text nur bestätigen. So ein "Kabeltelefon" wurde ständig von der ganzen Familie belagert. Aber es gab ja trotz alledem noch immer das eine oder andere Glück im persönlichem Gespräch.

LG Klaus

Christine62laechel

@Humorus  


Ja, Klaus, in einem alten Telefonapparat erklang ja eine liebe Stimme genauso angenehm. :) Nur auf die Verbindung musste man oft bei einem Ferngespräch sehr lange warten, und dann laut sprechen, damit man uns gut hören konnte. :)

Mit Grüßen
Christine

werderanerin

Da hast du den "Nagel auf den Kopf" getroffen, liebe Christine...so oder so ähnlich war das wohl. Ich bin in Ostberlin aufgewachsen und wir hatten keinen Telefonanschluß in der Wohnung, das kam erst mit den 60igern.
Es gab um die Ecke die Telefonhäuschen, die ich hin und wieder auch aufsuchte...im Grunde habe ich noch Erinnerungen an meinen ersten Freund, später mein Mann...wir hatten es da "gut", wohnten übereinander und schrieben uns die kleinen Briefchen...welch Aufregung immer aber es funktionierte und ganz zur Not, wurde das Zettelchen am Bindfaden hinuntergelassen...Tränen lachenich musste eben mal so richtig schmunzeln.

Ja, so war das alles und wir fragen uns ganz sicher nicht, wie das "früher" bloß ohne Handy war. Es war schön, anders schön und ehrlich..., ich möchte das nicht missen.
Alles war persönlicher, man sprach miteinander und der Kontakt war intensiver. Telefoniert hat man eh früher nicht so sehr soviel, ich habe aber auch schon "damals" viel über das Diensttelefon abgewickelt, da ging das alles noch...

Ja, heute ist alles anders, besser ganz sicher nicht, nur eben anders ! Aber vielleicht auch schön...alles eine Frage der Betrachtung, auch ich möchte heute die Smartphons nicht mehr missen !!!

Kristine

Christine62laechel

@werderanerin  

Liebe Kristine,

ich glaube, den Smartphones kann man ein Sicherheitsgefühl verdanken. Manche Leute sagen, mit einem Handy fühlen sich wie ein Hund an der Leine. :) Ich habe das nie so gesehen; bin froh, dass ich jederzeit im Kontakt mit meinen Bekannten, oder - möge es nie notwendig sein - mit der Feuerwehr sein kann. :)

Mit Grüßen
Christine

Manfred36


Ich beziehe mich auf dein „und früher auch“. Meine Zeit waren die 50.er / 60.er Jahre. Private Telefone gab es wenige, und wer eines hatte, der musste mit externer Nutzungsnachfrage rechnen. Das Telefon des Arbeitgebers war Gold wert, wenn man sich nicht erwischen ließ. Meine Frau war bei der Telekom und nutzte schamlos ihre Beziehungen aus, um eines gelegt zu bekommen, was eine „Oberleitung“ von über 100 m und einen Verteilerkasten am Haus notwendig machte. Diese Oberleitung war für die Vögel ein Paradies und für die Nachbarn ein Neidobjekt.

 

Christine62laechel

@Manfred36  

   Ja, Manfred, es war eben so: Man telefonierte in den Arbeitsstunden, heutzutage undenkbar. :) Und wegen einer solchen Oberleitung wurde mein Bruder von seinem damaligen Nachbarn angeklagt, er hätte des Nachbarns "Luftraum verletzt". :)

Mit Grüßen
Christine

HeCaro

Hallo Christine, 
Du hast es ein bissel überspitzt dargestellt 
aber so war es wirklich. Lächel. Wir haben
das Telefon nahezu hypnotisiert,  um dann
viel dummes Zeug miteinander zu reden.   


Liebe Grüße, Carola 
  

 

Christine62laechel

@HeCaro 

Liebe Carola,

ich glaube, nur sehr junge Leute können sich so verlieben, um das Telefon eben fast zu hypnotisieren... Und wer nie so etwas erlebt hat, sollte es doch noch mal versuchen - egal wie dumm, es ist ja auch schön. :)

Mit Grüßen
Christine

 


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