Legasthenie
Ich weiß, dass ich hier schon einige Male bestimmt mehreren Usern mit diesem Thema auf den Wecker gegangen bin. Aber am 30.09. war Welttag der Legasthenie, wobei meine Tochter und ich davon erst erfuhren, als es im TV sowie in Zeitungen, Zeitschriften auftauchte.
Offensichtlich hat dieses Thema momentan einen richtig großen Betroffenenkreis so wach gemacht, dass sie mit ihrem Dilemma, das die Grundschulen und ihr Lehrpersonal den legasthenen – aber zumeist bestimmt nicht dummen – Kindern seit Jahrzehnten in Deutschland antun, sich Zugang zu TV-Sendungen, Zeitungs- und Zeitschriftenberichten gesucht und gefunden haben, aber leider noch nicht zur Politik. Dabei wäre sie es, die diesen Missstand endlich abändern könnte, müsste!!!
Unsere Politiker (Kultusministerien) nehmen es hin, dass es unglaublich viele Analphabeten in Deutschland gibt. Nicht jeder Analphabet ist durch seine andere Wahrnehmung, die er genetisch mitbekam, ein Analphabet. Doch es sind viele (endlich vielleicht aufgefallen durch die vielen schriftlichen Aufforderungen zur Corona-Impfung, die die Analphabeten gar nicht lesen konnten), weil es in den Grundschulen üblich ist, unsere Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen nicht mit der Dyslexie (Legasthenie), Dyskalkulie, die oft dazu führt, durch zu wenig Erklärungen zur Mathematik, von der Legasthenie mit einbezogen wird, ausreichend in Verbindung zu bringen und zu erklären. Das Kind wird auf Dyskalkulie für teures Geld zusätzlich geschult, aber das funktioniert oft nicht wirklich. Auch hier die erwachsene, unwissende Forderung: sei nicht so faul, du musst üben, üben, üben!
Wie soll ein betroffenes Kind das Ergebnis von beispielsweise 3 x 8 = 24 auch so schreiben, wenn es das Ergebnis 24 = Vierundzwanzig ausspricht? Da nennt es doch zuerst sprachlich die Vier und dann die Zwanzig, also schreibt es 4, 2. Ein ignorierender Grundschullehrer wird sein „f“ hinter das Ergebnis setzen und so gar nicht darüber nachdenken, dass das betroffene Kind durchaus mit dem Ergebnis richtig gerechnet hat, aber es aufgrund der fehlenden Erklärungen falsch aufschrieb! Und das ist nicht des Kindes Schuld, sondern die Schuld liegt in der fehlenden Erklärungen im Mathe-Unterricht, beim Lehrer! Es ist schlicht kein Rechenfehler, sondern die legasthene Weise, es hinzuschreiben!
Welcher Grundschullehrer will wissen, dass dem betroffenen Kind die Buchstaben im Text verschwinden oder sich in der waagerechte Zeile halbieren, umdrehen, Lücken lassen oder gar übereinander fallen, so dass eine unleserliche Zeile entsteht? Vielleicht tanzen die Buchstaben auch in einem Textpäckchen??!! Lesen muss das Kind in allen Fächern!
Warum muss z. B, das Wort „hatte“ als zweiten Buchstaben ein „a“ und als letzten ein „e“ haben? Die Kids lernen doch gleichzeitig, dass der erste Buchstabe in diesem Wort ein H(A) ist, der nächste Konsonant/Mitlaut ein T(E). Also ist nach Gefühl doch bei dem legasthenen Kind das Wort ht bereits vollständig geschrieben! Dass unsere Kulturtechnik dafür andere Regeln erfunden hat, kann ein Erst- oder Zweitklässler noch gar nicht wissen! Erklärt wird es in der Schule aber auch nicht! Es wird als Fakt vermittelt – basta! Merk dir das gefälligst!
Die übliche Ausrede der Lehrenden in Grundschulklassen ist, dass so ein betroffenes Kind oft unaufmerksam, unruhig zappelt, aus dem Fenster schaut, einfach lernunfähig sei! Dabei hat ein legasthenes Kind tatsächlich an die 4000 Gedanken zu manchen Aufgaben mehr erledigt, als die übrigen Schüer! Nur hilft es ihm nicht, all seine Gedanken in den anderen Wahrnehmungen gehabt zu haben,wenn es noch keine Möglichkeit (mangels Dyslexie-Training) hatte, diese mit seiner anderen Gehirnhälfte zu verbinden! Es ist also weder faul noch lernunfähig - es fehlt stumpf an Erklärungen, mit unserer Kulturtechnik umzugehen! Und dann fehlt der unwissenden Lehrkraft "so viel Zeit, dem Kind jede Unwissenheit erst lange zu erklären, sei auch nicht gegeben"!
Wer von uns Erwachsenen wird bei schwierigen Aufgaben, die er lösen soll, es aber nicht so mir nichts, dir nichts aus dem Ärmel schütteln kann, nicht ebenfalls unruhig, kaut auf dem Stift herum oder steht auf und sucht zur Abwechslung den Blick aus dem Fenster, zieht einen nicht erforderlichen Gang zur Toilette vor?
Dem Grundschüler wird das als Lernunfähigkeit, Dummheit ausgelegt. Er oder sie wird zum Jahrgangswiederholer gezwungen, die Lehrer erlauben sich dann oft genug Bemerkungen, die das betroffene Kind dem Gelächter der Mitschüler ausliefert! DAS ist Mobbing vom Feinsten!! Das Kind zieht sich zurück, will nicht mehr zur Schule gehen, bekommt Kopf- oder Bauchschmerzen, wenn es dennoch dort hin muss oder nässt sich ein, um nach Hause geschickt zu werden! Was soll so ein betroffenes legasthenes Kind sonst auch machen?
Irgendwann erhalten die Eltern von der Schule die Nachricht, sie sollten mit ihrem Kind doch mal den Hausarzt aufsuchen, sich eine Überweisung zum Psychologen geben lassen, damit dem Kind geholfen werden könne. Wenn es Pech hat, sehen weder der Hausarzt noch der Psychologe eine Notwendigkeit, das Kind auf Legasthenie testen zu lassen. Also bekommt das nicht psychisch kranke Kind eine oft dreijährige psychologische Behandlung, die ihm überhaupt nicht hilft und in ihm den Eindruck verstärkt, es sei psychisch krank! Und dann gibt der Therapeut mit einem Schulterzucken den Eltern zu verstehen, er könne dem Kind nicht mehr helfen.
Wenn es Glück hat, wird es tatsächlich einmal getestet. Es stellt sich heraus, dass es legasthene Begabungen hat, bekommt die ersten drei oder vier Trainingsstunden – und dann wundern das Kind und alle, die schulisch mit ihm zu tun hatten, sich plötzlich, „welcher Knoten denn da geplatzt sei“??? Weil es inzwischen bereits bei etwas Glück im 5. Schuljahr gelandet ist, sich zeigt, dass es plötzlich sogar sinnerfassend lesen kann, kommt die Neugierde auf mehr Wissen zurück, es will wieder zur Schule und kann im Unterricht mitmachen!! Das ist kein Wunder, sondern das Wissen um die anderen Wahrnehmungen durch die genetisch bedingte Legasthenie, das einzelne Erwachsene dem Kind bieten können. Solchen Kindern auch noch in den Schulferien abzuverlangen: üben, üben, üben … grenzt an Masochismus, bringt überhaupt nichts!
Vielleicht wird das eine oder andere betroffene Kind nie wirklich die Rechtschreibung insgesamt erlernen. Aber wie Andere lesen, schreiben und rechnen lernen zu können, sogar das Abitur oder die Mittlere Reife zu erlangen, sitzt bei besserer Ausbildung der Grundschullehrer durchaus für viele Legasatheniker drin!!
Falls jemand Interesse an dem Büchlein hat, in dem die Mama beschreibt, wie sie ihrem Sohn, meinem Enkel helfen konnte:
https://lerntalent.de/sample-page/
https://www.hdw-verden.de/produkt/legasthenie-dyskalkulie/
Kommentare (7)
@Edit
Es fällt mir und meiner Tochter immer wieder noch mal die Kinnlade herunter, wenn sich neue Eltern mit ihrem betroffenen Kindda bei ihr in einem Erstgespräch vorstellen, welche Ansichten und Kenntnisse vorhanden sind! Sie bietet halt an, dass Interessenten zu ihr kommen dürfen, um feststellen zu lassen, was mit dem Kind los ist. Oft stellt sich dann heraus, dass das Kind sowie ein Elternteil ebenfalls mehr óder weniger betroffen ist.
Den Erwachsenen kann man Schriften an die Hand geben, falls sie möchten, den Grundschülern oder auch Schülern der 5., 6. Klassen kann man noch Therapiestunden anbieten. Doch so ab 14, 15 Jahren sind die Kids nicht mehr willig, sich auf solche Dinge einzulassen. Der Kopf hat viel zu viel mit dem Erwachsenwerden zu tun 😠. Selbst bei unserem Neunjährigen zeigen sich schon kleine Anzeichen bezüglich gelegentlicher Hilfserklärungen. Aber noch macht er das mit. Zeigt es uns doch, dass er zur richtigen Zeit Hilfe bekommen hat.
Mein zum Glück nur leicht betroffener Sohn ließ mich vor kurzem wissen, dass auch meine geringe Hilfe vor 47 Jahren (mangels Wissen) ihm seinerzeit mehr geholfen hat, als die täglich in der Schule für legasthene Kinder erfolgten Diktate! ich hatte damals den Eindruck, es frustierte mehr als dass es irgendwie geholfen hätte! Wenn man voraussetzt, dass das Wissen um Legasthenie schon seit 120 Jahren existiert, aber geflissentlich in der Versenkung verschwand, kommt mir nur der Gedanke übel hoch: wie böse ist das denn???? Es war damals eine politische Entscheidung. Heute ist es politisches Wegschauen! Man nimmt in Integrationsklassen Kinder mit zweifachem Hintergrund (scheinheilig) auf, aber bei unseren eigenen Kids wird weggesehen!
Jetzt bin ich sehr neugierig, ob und was politisch in Deutschland aufgearbeitet wird.
Uschi
Während der Unterrichtsstunden war fehlendes Interesse nicht das Problem, aber nach der Schule, schien Spielen verlockender zu sein. Niemand fragte, wann und ob überhaupt Lena ihre Hausarbeiten machte. Meistens setzte sie sich nach dem Abendbrot hin und erledigte die Schulaufgaben möglichst schnell.
Es kam auch schon mal vor, dass sie die vergaß.
Zu ihrem Leidwesen hatte sie eine ausgeprägte Schreibschwäche, was im Zusammenhang mit der ziemlich starken Schwerhörigkeit auf einem Ohr gesehen werden könnte, denn die Fähigkeiten in Lesen und Rechnen waren durchschnittlich. Der Hörverlust war anderen nie aufgefallen. Lena stellte ihn eines Tages rein zufällig selbst fest, und diese Tatsache blieb viele Jahre ihr Geheimnis.
Bei den gesundheitlichen Schuluntersuchungen, gelang es ihr zu mogeln. Die Beeinträchtigung wollte sie unbedingt für sich behalten.
Wenn Lena dem Sprechenden aufmerksam ins Gesicht schaute, was sie rein intuitiv tat, verstand sie jedes Wort und konnte so die Einschränkung ausgleichen.
Lenas lang gehegter Wunsch, in einer ersten Klasse aufpassen zu dürfen, wurde erfüllt. So strich sie jetzt gelassen, genauso wie sie es selbst erlebt hatte, durch die Reihen der Tische, wo die Kleinen auf ihren Stühlen brav saßen.
Es ging ohnehin nur um die kleinen Pausen und die kurze Zeit bis der Lehrer den Klassenraum betrat. Oft saß Lena am Lehrertisch und las den Kindern etwas vor. Sehr selten durfte sie sogar eine Stunde Unterricht geben. Dann ließ sie einzelnen Schülern kleine Absätze aus der Fibel vortragen oder Lena rechnete mit ihnen an der Tafel.
Ihr Traum, einmal Lehrerin zu werden, würde nie in Erfüllung gehen können, das wusste Lena nur zu genau. Nicht, wenn man in der Rechtschreibung so grottenschlecht war wie sie. Wie ein Blitz schlug jedesmal bei ihr die spontane Ankündigung einer Klassenarbeit ein. Dann hieß es:
„Hefte raus, wir schreiben jetzt ein Diktat.“
Die Bekanntgabe bestimmter Wörter, deren Schreibweise man vorher hätte trainieren können, gab es nicht oder war ihr da jedesmal etwas entgangen? Englische Vokabeln jedenfalls übte Lena zu Hause regelmäßig und da klappte es auch mit der Zensur, zumindest einigermaßen, aber in Deutsch wusste sie gar nicht, wo sie überhaupt anfangen sollte. Ein Tutor wäre gut gewesen.
Es war nicht mehr lange hin bis zum Wechsel des Schuljahres, als Lena wiedermal am Pult saß und den Kindern aus der ersten Klasse eine Geschichte vorlas. Die hörten ihr aufmerksam zu. Die Tür ging auf und nicht nur der Klassenlehrer trat ein, sondern auch ihre Lehrerin, die einen leichten Silberblick hatte. Lena schaute sie an und bemerkte ein kurzes erstauntes Aufblitzen darin.
Ein paar Wochen später wurden die Zeugnisse verteilt.
„Mit der Sechs in Rechtschreibung hättest du sitzen bleiben müssen“, sagte sie zu Lena bei der Übergabe. „Ich habe alle Augen und Hühneraugen zugedrückt.“
War da ihr Engagement in der ersten Klasse das Zünglein an der Waage?
Nachdem sie einige Zeit schon die siebente Klasse besucht hatte, erkannte sie aus heiterem Himmel, dass ihre Schwierigkeiten in der Rechtschreibung verflogen schienen. Ein Knoten war geplatzt.
Jahre später:
Obwohl sie sich auf der Arbeit nach wie vor wohl fühlte, auch weil ihr der Job als Buchhalterin lag, hegte sie den Gedanken, das Abitur nachzuholen, was die Erfüllung eines uralten Wunschtraumes gewesen wäre, an dessen Umsetzung sie eigentlich nie geglaubt hatte. Faszination und Begeisterung, die aus dem Bauch kamen, siegten über Skepsis und der nächste Schritt - die Anmeldung bei einem der Weiterbildungsinstitute war daraufhin schnell getan. Aber schon bald nach der Bewerbung meldeten sich die Widersacher in ihr und der innere Kampf, mehr gegen, als für das Abitur, ging weiter.
„Was willst du eigentlich mit dem Reifezeugnis anfangen? Was nutzt dir das? Du hast doch alles was für dich gut ist – ein gesundes Kind, dazu eine Familie, mit der du dich verstehst, einen Beruf, der zu dir passt, arbeitest in einer prima Firma, verdienst ausreichend Geld, lebst in einer schönen kleinen Wohnung. Worin willst du dich denn noch verbessern? Wie war es denn, nachdem die Prüfung für die Mittlere Reife bestanden war? Die Freude war groß! Na und? Sie hielt nicht lange an, verblasste, verschwand wie schmelzender Schnee in der Frühlingssonne und das Erreichte wurde schnell zur Selbstverständlichkeit. Glaubst du etwa, das wird mit dem Abitur anders sein? Das ist vergeudete Zeit.“
So sprach sie mit sich selbst.
Am Ende hatte sich Lena mit ihren Bedenken selbst überzeugt, dass es Unsinn war nochmal die Schulbank zu drücken - bis zu dem Moment, wo sie die Bestätigung von der Schule in der Hand hielt. In der stand, dass für sie die Weiterbildung im Januar 1979 beginnen könnte. Plötzlich lösten sich all ihre Vorbehalte wieder in Luft auf. Es schien so, als wäre auf einmal das Abitur die wichtigste Sache der Welt. Schließlich würde alles auch nur zweieinhalb Jahre dauern, was doch im Grunde genommen vom Zeitaufwand nur ein Klacks war.
Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sparsamkeit war nun angesagt. Das Auto kam in die Verschrottung. Der maßgeschneiderte Pelzmantel, den sie von einer Bekannten für tausend Mark erstanden hatte - man scheute sich damals noch nicht tierische Felle zu tragen - konnte verlustfrei wieder zurückgegeben werden. Formalitäten wurden erledigt, wie Kündigung des Arbeitsvertrages und Antrag entsprechender Fördergelder.
Die Herausforderung, neues zu erlernen konnte beginnen.
Auszug aus meiner Story „Junge Jahre in Berlin“.
Viele Grüße
Edith
@Edit
Hallo Edit!
Ich habe es schon in Kindergartenzeiten bei Max erlebt, dass er mit gut einem Jahr die Erzieherinnen darauf aufmerksam machte, wenn ein anderes Kind Beachtung brauchte. Genauso wie mein Sohn brüllte auch Max in dem Kinderarzt-Wartezimmer nicht mit den anderen um die Wette, nur weil eines zu weinen begann.
Erzählte ich meinem Enkel auf der Heimfahrt vom KiGa eine Geschichte oder wie aus einem Regentropfen die Pflanzen wachsen oder die Flüsse entstehen, kam prompt am Ende die Bitte: "Erzähl die Geschichte noch einmal, Oma!" Diese Wissbegierde hat er bis heute auch nicht verloren. Aber die schlechte Aussprache der Sachkundelehrerín hat sein Interesse an derartigen Themen eingeschläfert!
Es ist bei Max schwierig, festzustellen, was er nicht gehört, gesehen oder sonstwie mitbekommen hat. Er behält vieles lange für sich, arbeitet das in seinem Kopf aus. Manchmal wundern wir uns, was er tatsächlich mitbekommen hat, denn es kann vorkommen, das er erst ein Jahr später mit von uns fast vergessenen Einzelheiten herausrückt! Zum Glück ist er nicht so gepolt, dass er andere von seinen Gedankenspielen ausschließt, aber er muss für sich sicher sein, dass das, was er dann sagt, richtig ist!
Wir haben es bislang abgelehnt, einen Schulbegleiter für ihn zu´akzeptieren. Wir durften erleben, dass einer bei seiner legasthen betroffenen Mitschülerin überhaupt nicht wusste, wie er hätte helfen können, sollen, sondern ihr Hilfsmittel wegnahm, um sie zum Arbeiten wie die nicht betroffenen Kinder zu zwingen! Die Kleine weinte und er schimpfte sie auch noch dafür aus. Als Hilfe
zuhause war er auch nicht zu gebrauchen, denn er machte daraufhin das Kind als Schmutzfink schlecht, obwohl dem überhaupt nicht so war! Er wurde schleúnigst aus ihrem Umfeld entfernt, aber keineswegs von den Lehrern, sondern von meiner Tochter und der Mutter des Kindes, weil andere Trainingsarten ihr längst mehr halfen!
Ich durfte erkennen, dass der Umgang mit legasthenen Kindern in den 1970er Jahren (die Zeit, in der mein Sohn zur Schule ging) heute noch in den Grundschulen der Gleiche ist! Glücklicherweise ist heute doch ein wenig mehr über dieses Thema bekannt, so dass diejenigen, die sich nicht schämen, ein eigenes Kind mit Legasthenie zu haben, wenn sie die Zeit dafür aufbringen können, mit ihrem Kind entsprechend zu arbeiten, so dass es lernen kann, wie es seine Legasthenie oder / und Dyskalkulie dekodieren kann, um die Scbullaufbahn wie andere Kinder zu durchlaufen ...!
Liebe Edit, ich bin jetzt müde, geschafft, so dass ich hir mit meiner Antwort Schluss mache, obwohl es noch so vieles zu sagen gäbe. Ganz herzlichen Dank für Deine Mühe, mir einen so ausführlichen Kommentar zu schreiben. Lieben Gruß
Uschi
Liebe nnamttor,
auf meiner eigenen Homepage habe ich vor einiger Zeit bereits auf die großen Missstände in unserem Bildungssystem hingewiesen. Manche Veränderungen zeigen in der Praxis sehr deutlich, dass unsere Kinder nicht ausreichend gefördert werden und lernschwache Kinder, obwohl förderwürdig, durchs Raster fallen. Anhand der Praxis in altersübergreifenden Grundschulklassen, der meist fehlenden Benotung von Klasse 1 bis 4, dem Unsinn der Inklusionsklassen, gehen förderbedürftige Kinder im allgemeinen Schulalltag unter. Sie werden sträflichst vernachlässigt.
Kinder mit Dyslexie und Dyskalkulie sind kein Fall für den Psychiater, sondern sie sind in erster Linie gesondert zu fördern und unterstützend zu beschulen. Das trifft auch für Kinder mit Autismus und ADS und ADHS zu. Ich bin stimme Deinem Artikel zu und bin wie Du der Meinung, hier muss sich schleunigst etwas ändern. Ich habe mir erlaubt einen Teil meines Blogeintrags eingefügt. Bitte entschuldigt alle die Länge, aber das Bildungsproblem ist so komplex, dass es nicht kürzer ging und das, was ich schildere ist gängige Schulpraxis.
Wer nicht genervt ist und den ganzen Artikel lesen möchte, findet ihn auf meiner Homepage, die ich im Profil hinterlegt habe unter -Kita-Schule-Katastrophe-
Schule
Zu Großmutters Zeiten war es in jeder Dorfschule Alltag. Heute feiert es ein bundesweites sagenhaftes Comeback: das jahrgangsübergreifende Lernen (JüL). Das soll nun die Antwort auf das Schockergebnis der Pisa-Studie von 2001 sein?
Welche Argumente sprechen dafür und welche sprechen aus der bereits gewonnenen Erfahrung der Eltern mit diesem System dagegen?
„Nach Meinung der Befürworter liegt der Vorteil darin, dass in Gruppen, in denen Erstklässler zusammen mit Viertklässlern lernen ein höheres Maß an Individualität erreicht wird. Auch das soziale Miteinander werde durch jahrgangsübergreifendes Lernen gefördert, dadurch dass die Kinder stärker zur Kooperation animiert werden. Eine Erhöhung des Freiheitsgrads ziehe eine höhere Motivation hinter sich her und gestalte damit verbunden das Lernen des Einzelnen effektiver.“
- Wirklich?-
Zusammengefasst geht es hierbei hauptsächlich um mehr Individualität, um mehr Freiheit, mehr Motivation und mehr soziales Miteinander. Aber wo bleibt bei dieser wunderschönen Argumentation der Aspekt des zielgerichteten und effizienten Lernens sowie das Hauptanliegen einer jeden Bildungseinrichtung, nämlich die optimale Wissensvermittlung, altersgerecht gefächert, nicht unterfordernd, nicht überfordernd? Wie wird man diesem Anliegen in einer gemischten Klasse überhaupt gerecht? Ist das der Grund, warum von den Klassen 1-2 keine und von Klasse 3-5, je nach Schulkonzept, nur eventuell Noten vergeben werden? Gerade bei den Klassenstufen 1-4 spielt im Unterricht noch der Wechsel zwischen Anspannungs- und Entspannungsphasen eine große Rolle. Bei den Jüngsten redet man von einer Kurzzeitkonzentration. Deshalb ist es wichtig, den Unterricht der Erstklässler vielseitig zu gestalten. Rechnen und Schreiben können durch Anwendungsspiele oder Lockerung z.Bsp. der in der Feinmotorik noch ungeübten Finger bereichert werden. Je älter die Kinder sind, um so eher kann man Ihnen einen größeren Zeitraum des konzentrierten Lernens zumuten. Das bedeutet altersgerechte, differenziertere Anforderungen und der gezielter Einsatz vielseitiger didaktischer Mittel. Wie soll das in einer altersgemischten Klasse gehen?
Picken wir uns nun einmal, stellvertretend für den Bund, das Berliner Schulgesetz und die Berliner Grundschulverordnung heraus und steigen damit in die Schulrealität ein. Vorweg noch die Erläuterung der angebotenen Unterrichtsformen für die ersten bis vierten Klassen. Bezeichnet als - Unterrichtsformen in der Schulanfangsphase
Jahrgangsbezogenes Lernen (JabL)
flexible Schulanfangsphase (SaPh)
Das erste Model erklärt uns die jahrgangsbezogene Beschulung der Kinder. Also die Form, in der die meisten von uns den Start in den Schulalltag mit Zuckertüte und Familienfeier angetreten sind.
Das zweite Model gestaltet sich weit unübersichtlicher. Hiermit ist die jahrgangsübergreifende Lernengruppe (JüL) gemeint, in der sowohl die Zusammenfassung der 1. und 2. Klasse, als auch 1.+2.+3.+vereinzelt 4. möglich ist. Diese Gebilde werden mit dem Namen Lerngruppe geadelt, bedeuten nicht selten übermäßigen Stress für die Kinder und eine Herausforderung für Lehrer und zur Seite gestellte pädagogische Kräfte.
Wie sieht es in der Praxis aus?
Schauen wir doch einmal von außen in eine Berliner Schule, rüsten unser Kind, Mäxchen, mit einer tollen Schultüte aus und schicken ihn hinaus ins Leben. Mäxchen wird von der zukünftigen Klassenlehrerin liebevoll begrüßt. Die Sporthalle ist bis auf den letzten Platz vollgestopft mit Eltern, Großeltern und Co. Alle wissen, das ist jetzt ein ganz wichtiger Tag für die Jüngsten. Bei einem Informationsabend im Vorfeld der Einschulung haben die Eltern erfahren, wie die Schulform in etwa aussieht, für die sie sich entschieden haben. In unserem Fall geht Mäxchen in eine JüL mit 1.+2.+3. Klassenstufe.
Unser Erstklässler erhält, wie alle anderen Schulanfänger, ein Dritti-Patenkind, das den organisatorischen Einstieg in den Schulbetrieb unterstützen soll. Soweit, so gut!
Beim feierlichen Zeremoniell erhalten die mehr als Zweihundert Angehörigen die Information, dass die Schule nun 7, jawohl, sieben Mischklassen an den Start schickt. Es bestand also keine Notwendigkeit der Verteilung der Erstis wegen des Mangels an Schülern, sondern diese Schule favorisiert das JüL-Konzept, welches wir, wie schon gesagt, aus den Dorfschulen der Vorkriegszeit kennen und einmal verächtlich mit dem Namen -Zwergenschule- versehen haben.
Mäxchen wird also an die Hand genommen und in den Klassenraum geführt. Sein zukünftiger Sitzplatz befindet sich an einem der quadratischen Tische, an dem mit ihm fortan noch zwei Zweitis und das Patenkind aus der dritten Klassenstufe sitzen werden. Und da der Tisch bekanntlich vier Seiten hat, erwischt unser Max ausgerechnet den Platz, auf dem er mit dem Rücken zum Lehrerpult sitzt. Die Bestuhlung ist einheitlich und man kann davon ausgehen, dass entweder die Erstis zum Schulanfang noch Mühe haben werden, ihre Füße auf den Boden zu bekommen, oder es den Drittis zum Abschluss des Schuljahres gelingt, den Tisch mit den Knien anzuheben.
In den ersten Tagen sind die Erstklässler in geringer Anzahl unter sich und die Lehrerin kann noch ohne die zukünftigen Unruhen und Lautstärken alles erklären, was Max wissen muss. Sie prägt sich die Namen der zehn Schulanfänger ein, kann alle gleich richtig ansprechen und hat das wichtige Organisatorische erledigt. Tage später stoßen die gemischten Mitschüler dazu. Jetzt beginnt der Unterricht und wenn die Lehrerin etwas erklärt, verdreht Max den Kopf, denn bei dieser Sitzordnung ist für ihn hinten gleich vorn. Frontalunterricht findet also nicht statt. In der ersten Zeit, egal ob es ihn betrifft oder nicht, dreht er sich bei jeder Ansprache der Lehrerin 180° um die eigene Achse. Manchmal verharrt er ein ganzes Weilchen in dieser Position. Schüler sind am aufnahmefähigsten, wenn sie sich dem Lehrer zuwenden, denn auch die Mimik und Gestik unterstreichen die Bedeutung des Gesagten. Mäxchen ist nun aber keine Eule. Er rutscht also beständig auf dem Stuhl hin und her und verdreht Kopf und Körper.
Was sagt dazu die Empfehlung für die – korrekte, ergonomische Sitzhaltung der Kinder am Schreibtisch?
Die Füße sind im Sitzen flach auf dem Boden.
Oberschenkel liegen auf der Sitzfläche auf.
Ober- und Unterschenkel bilden 90°.
Kniekehlen berühren nicht die Sitzkante.
Knie und Oberschenkel kommen nicht mit dem Tisch in Berührung.
Die Nackenmuskulatur bleibt entspannt, wenn die Unterarme auf der Tischplatte aufliegen.
Soviel erst einmal zur Körperhaltung!
Im Klassenraum ist es unruhig, Max muss zudem noch lernen, an welcher Stelle des Unterrichts aufmerksames Zuhören von ihm verlangt wird und wann er sich für seine ersten Schreib-und Rechenversuchen auf das Arbeitsblatt konzentrieren muss. Ständig redet die Lehrerin. Mal spricht sie die Stufe 1, mal Stufe 2 oder 3 an. Nur in ganz seltenen Fällen ist absolute Ruhe im Raum. Sein Patenkind nimmt es mit der Betreuungsaufgabe zu genau. Es funkt ständig mit Belehrungen dazwischen, stört Mäxchens Konzentration, ohne dass die Lehrerin oder die pädagogische Kraft eingreifen. So schleichen sich dann auch Fehler ein, die schwer wieder ausgebügelt werden können. Zum Beispiel ist der Ansatz beim Schreiben der Buchstaben verkehrt. Max beginnt rechts und endet links, Ziffern werden von unten nach oben geschrieben. So geht es auch an den anderen Tischen zu. Eigentlich sind es die Eltern, die Max das richtige Schreiben der Buchstaben und Zahlen beibringen. Im Klassenzimmer herrscht, wie schon gesagt, Unruhe, Max ist reizüberflutet und am Ende des Schultages wie durch den Wolf gedreht.
Eine Arbeitsruhe ist in diesen Lerngruppen nicht möglich, der so wichtige Wechsel von Anspannung und Entspannung anscheinend nicht realisierbar. Max verliert die Übersicht und erst einmal gründlich die Lust auf Schule. Nach dem Unterricht geht es dann in die Nachmittagsbetreuung. Kinderhort ja, aber Hausaufgabenerledigung nein!
Alle und alles läuft bunt durcheinander, denn es werden in vielen Horträumen die unterschiedlichsten Freizeitangebote gemacht und jeder kann sich frei im Haus bewegen. Der Nachmittag ist von den Pädagogen aufwendig gestaltet, vielseitig und spannend, aber die Hausaufgaben bleiben für die Eltern am Wochenende. Am Abend ist unser Schulanfänger zu knülle. Samstag oder Sonntag übt und festigt Max das Erlernte aus der gesamten Woche. Vieles ist mit dem Klingelzeichen der letzten Stunde des Schultages aus Mäxchens Kopf verdampft und nun sind Mutti und Vati gefragt. Jetzt folgt der eigentliche, der frontale Intensivunterricht durch die Eltern. Statt der Erholung haben die Erwachsenen ein sich verweigerndes Kind, das zudem nach der Anstrengung der Woche auch einmal Ruhe braucht und fordert.
Wozu brauchen wir eine Schulpflicht, wenn die eigentliche Beschulung regelmäßig per Homeschoolig stattfindet und das auch schon vor Corona. Was machen die Eltern der Migrationskinder, wo in manchen Fällen Sprachbarrieren und Bildungsdefizite alles noch wesentlich komplizierter gestalten.
Da sich jedes Kind im Schulhaus frei bewegen kann, entscheidet es auch selbst, wann es oder ob es überhaupt zum Essen geht. Da steht nämlich die nächste Hürde, die es zu bewältigen gilt.
Am Mittagsbuffet muss sich jeder Schüler selbst bedienen. Es steht zwar eine Aufsicht bereit, aber die Kinder entscheiden eigenständig, was auf ihren Tellern landet. Völlig überfordert schaufelt Max seinen Teller mit einem wilden Durcheinander voll, dass der Aufsicht wohl nicht stimmig scheint. Er muss es in den Abfalleimer schütten. Eingeschüchtert von diesem Erlebnis entscheidet sich Max fortan am Montag, Dienstag, Mittwoch und den Rest der Woche für Nudeln, weiter nichts. Keine Soße, kein Fleisch, einfach nur Nudeln. Keiner schaut hin, keiner hilft. Irgendwann geht er gar nicht mehr in den Speisesaal und keinem fällt es auf. Max ist überfordert. Sein Dilemma kommt erst nach Wochen heraus, als er zu Hause die einst so geliebten Nudeln verschmäht, und Mutti hartnäckig ermittelt.
Die Zeit vergeht und jedes neue Schuljahr wird mit Wehmut begonnen. Die besten Kumpels sind nun Vierte und aus der Klasse raus. Freundschaften gehen deshalb regelmäßig mit jedem neuen Schuljahr in die Brüche. Max ist traurig. Dazu kommen beständig die neuen Erstis. Ein orientierungsloser quirliger Haufen, der in der nächsten Zeit das so mühselig antrainierte Lernen gehörig stört. Mäxchen ist genervt! Mittlerweile ist aus dem Mäxchen ein Max geworden. Er ist Drittklässler, selbst Patenkind für einen Ersti und Klassensprecher. In der Vierten Klasse ändert sich für Max wieder alles. Nun kommt er in eine total neu zusammengewürfelte Gruppe Gleichaltriger. Er muss lernen, dass der Unterricht anders strukturiert ist. Im Laufe der Zeit haben die Eltern den Spaß an diesem Schulsystem verloren und freuen sich auf den Beginn des vierten Schuljahres.
JüL ist nach meiner Ansicht nicht das Gelbe vom Ei! Ruhe ist die erste und wichtigste Voraussetzung für das konzentrierte Lernen. Das Erlangen sozialer Kompetenzen kann man auch in der reinen Altersgruppe organisieren. Dieses Argument wird zu gern als Begründung für manchen Unsinn im Bildungsbereich herangezogen. Es gab schon einmal ein verqueres Experiment, das in Form der Laissez-fairen Erziehung nach 1968 über die Kinder hereinbrach, Chaos verursachte und scheiterte. Die Erkenntnis daraus war, Kinder brauchen feste Strukturen zur Orientierung.
Man stelle sich nur einmal vor, man sitzt selbst in einem Großraumbüro, weil nach Ansicht des Chefs die soziale Kompetenz in der Firma gestärkt werden soll. Jeweils vier Mitarbeitern haben an einem Tisch Platz genommen. Der Raum ist voller Unruhe, denn manchmal arbeiten zwei am gleichen Projekt und tauschen sich darüber beständig aus. Wie soll man da konzentriert arbeiten? Zudem verkündet der Chef lauthals über den Köpfen aller Anwesenden stundenlang die Arbeitsanweisung für Mitarbeiter A oder B oder C usw. Wer meint, am Abend noch gerade aus der Firma zu gehen, hat vermutlich Drahtseile als Nerven. Ich habe sie nicht! Erschöpfung, Burnout, Depression sind auch schon bei unseren Kindern angekommen. Es ist deshalb an der Zeit die Bremse zu ziehen!
Und da wären wir schon beim nächsten Beispiel, Inklusionsklassen.
Wer ist da wohl auf die Idee gekommen, Förderschulen für Kinder mit Behinderung und eingeschränkter Bildungsfähigkeit abzuschaffen. Gerade diese Kinder bedürfen einer besonderen Fürsorge und Zuwendung sowie eines Lehrplans, der auf ihre individuellen Defizite ausgerichtet ist. Es ist absolut gerechtfertigt Kinder mit körperlicher Beeinträchtigung, aber einer ansonsten uneingeschränkten Bildungsfähigkeit, in einer regulären Klasse zu beschulen. Aber alles, was mit einer eingeschränkten Bildungsfähigkeit einhergeht, bedarf einer besonders unterstützenden Methodik und Didaktik bei der Wissensvermittlung. Diesen Kindern müssen wir mehr Zeit geben, den Unterrichtsstoff zu verinnerlichen, Wissen zu festigen. Sollten wir nicht die Schulform wählen, die einem beeinträchtigten Kind, entsprechend seiner Fähigkeit, Fertigkeit und seiner geistigen und körperlichen Beanspruchbarkeit ein Höchstmaß an Bildung ermöglicht? Das kann eine Lehrkraft im „normalen Unterricht“ nicht leisten. Sie muss im Stoff vorangehen. Da bleiben meist die Integrationskinder auf der Strecke und werden ihrer Bildungschancen beraubt. Erfolgserlebnisse sind so außerordentlich wichtig. Sie helfen, trotz Behinderung, Kinder in ihrer Persönlichkeit zu stärken. Das Selbstwertgefühl entsteht aus dem -Ich habe eine Aufgabe gelöst, ich habe es geschafft! Die Aufgaben geschafft, die unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten, trotz der Beeinträchtigungen, mit pädagogischem Sachverstand und Feingefühl an sie herangetragen wurden. Diese Kinder brauchen in erster Linie eine individuellere Förderung und nicht die Anhäufung von Misserfolgen, weil sie mit „normal“ entwickelten Kindern nicht Schritt halten können. Die Nachmittagsgestaltung ist der Zeitpunkt wo alle in ungezwungener Weise miteinander Spaß haben sollten, Verständnis, Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft im normalen Umgang erlernen, behindert oder nicht behindert. Das ist mein Plädoyer für getrennte Klassen, aber gleiche Schulen und gleicher Hort. Alles andere ist nach meiner Ansicht ein Sparmodel.
Nun kann man meinen Argumenten mit wissenschaftlichen Studien begegnen. Ich kann darauf nur antworten, dass nicht immer jede gut gemeinte Theorie, sei sie auch noch so hochwissenschaftlich begründet, in der Praxis zum gewünschten Ergebnis führt. Nur die Praxis zeigt die Fehler auf.
Ich lehne jedenfalls die derzeit praktizierte Schulform JüL und Integrationsklassen kategorisch ab! Mein Fazit lautet: „Ich halte das derzeitige Experiment für gesundheits- und bildungsgefährdend!" Wir sollten wieder zur alten und bewährten Schulform mit Frontalunterricht zurückfinden, um nicht mit Volldampf in den nächst höheren Bildungsnotstand zu rasen! Da hilft auch kein Bemühen um Digitalisierung in den Schulen. Da hängt nämlich, nach Meinung einiger namhafter Psychologen, das nächste schwerwiegende Problem. Und dieser Meinung schließe ich mich aus tiefster Überzeugung gern an.
Kurz nach 1990 hörte man oft die Bezeichnung -Bildungsbürger- in Verbindung mit dem Bildungsstand der Menschen aus den neuen Bundesländern. Jetzt ist der Begriff aus dem Sprachgebrauch verschwunden. Die dortige neue Generation reiht sich mittlerweile gefügig in das gesamte bundesdeutsche Naja-Niveau ein. Was sprach eigentlich damals dagegen, dieses erfolgreiche Bildungssystem zu übernehmen, anstatt heute zu experimentieren? Mit der Übernahme meine ich natürlich nur die reine Bildung und auf keinen Fall die politischen Exerzitien.
Warum haben sich eigentlich die privaten Schulen und Schulen in kirchlicher Trägerschaft dieser derzeitigen Experimentierfreude bislang verweigert? Sollte uns dieser Umstand nicht nachdenklich machen?
Dem Pisa-Patienten geht es nicht besser, wenn er am falschen Ende operiert wird und sein Wohlergehen dem Sparzwang zum Opfer fällt.
Veronika
@Veko
Hallo Veronika!
Ich muss schon sagen, es gibt Dinge in unserem Land, die sind unglaublich!! Kinder in der fast noch empfindlichsten Entwicklungsphase so zu behandeln, wie Du es beschreibst, ist ein Verbrechen!!
Ich erinnere mich, dass mein Vater mir erzählte, als wir gemeinsam Urlaub auf Norderney machten, dass es in seiner Kinderzeit den Schulunterricht so gab, wie ich es bei Dir lesen konnte. Als 17-Jährige fand ich es spannend, aus seiner Schulzeit zu hören. Dass es solche schlimmen Nebenwirkungen hatte, ich denke, das sah nicht nur er nicht, auch mir kam das nicht in den Sinn!
Müsste mein Enkel Max tatsächlich mit dem Rücken zut Lehrperson sitzen, er würde gnadenlos untergehen, da seine anderen Wahrnehmungen auch die Augen und das Gehör betreffen! Da seine Mama ihn bereits aufgrund der Legasthenie seines Vaters (stark betroffen) und seines Onkels (leicht betroffen) hatte testen lassen, begann sie gleich zu dieser Zeit die Ausbildung zur diplomierten Legasthenie- und Dyskalkulie-Trainerin, um ihm das übliche Schicksal legasthener Kinder zu ersparen. Heute wissen wir, dass diese Veranlagung bereits im Alter von 1, 2 Jahren festgestellt werden kann, also bereits im Hort-Alter. Auch da könnten Erzieherinnen schon spielerisch auf gewisse Dinge eingehen - wenn es denn gelehrt würde!!!
Was er in der Schule nicht erklärt bekam, erhielt unser Max von ihr. Nicht nur einmal nahm er sie nach den Hausaufgaben in seine Arme und bedankte sich mit der Frage: "Warum kann ich das jetzt, Mama??"
Es war manchmal so einfach, dem Jungen den Weg zu einer Lösung zu zeigen und dann machte er seine Hausaufgaben allein und in der vorgesehenen Zeit. Mit der Zeit wurde Mathe sein Lieblingsfach, weil er den Umgang mit unseren Kulturzeichen (Zahlen und Buchstaben) von ihr erklärt bekommen hatte. Legasthenie ist weder eine Krankheit noch eine Behinderung! Es wird genetisch vererbt und Betroffene haben eine andere Wahrnehmung von unseren Worten, unseren Hiroglyphen!
Die Mama von seiner kleinen Mitschülerin, ebenfalls betroffen, hatte mit Mitte 20 ihren Hauptschulabschluss und sofort hinterher ihren Realschulabschluss gemacht, um dann eine Ausbildung zur Ergotherapeuting zu machen. Aber Corona ... Die Schule musste deswegen schließen! In ihrer Kindheit hatte ihr die psychísch kranke eigene Mutter eingeredet, sie sei auch psychisch krank. Das führte dazu, dass sie im Teenageralter einfach von zuhause weglief und eine Weile auf der Straße lebte. Erst als ihre kleine Tochter einen Test gemacht hatte, hat sie den ebenfalls nachgeholt, erkannt, was auch mit ihr los ist und lernt jetzt mit der Tochter gewisse Dinge, die wichtig sind: Serialität, Reihenfolge, (eigene) Ordnung, Konzentration usw.. Schreiben, lesen und rechnen ist ihr inzwischen längst geläufig. Auch das Töchterlein liest inzwischen halbwegs sinnerfassend.
Im Übrigen gibt es an die 200 Worte, die sich ein Legasheniker nicht bildlich vorstellen kann, angefangen bei unserem der, die, das, vor, hinter, und, noch, viele, mehr,. Oder kann das jemand ohne ein Zusatzwort, das erklärt?
Legastheniker gab es schon immer, angefangen mit Galileo Galilei über Charles Darwin, Mozart, Hemmingway, die schwedische Königsfamilie , Walt Disney, Bill Gates bis zu Tom Cruise und vielen anderen.
Warum muss Deutschland immer noch an einem Schulsystem festhalten, dass aus dem Beginn des Industriezeitalters, wo man willige Arbeitiskräfte brauchte, die widerspruchslos funktionierten, brauchte?
Vielleicht ist der allgemeine Aufschrei vieler Bettroffener endlich ein Wecker!!
Danke für Deinen aufschlussreichen Kommentar
Uschi
@nnamttor44
Hallo liebe Uschi,
Dir und Deiner Tochter gehört mein allergrößter Respekt!
Mutig sein, auf Missstände immer wieder hinweisen, sich engagieren, das ist der richtige Weg.
Auch mein Beitrag ist nicht aus der Luft gegriffen. Ich habe das Desaster bei meiner Enkeltochter miterleben müssen, erst in der KITA, dann in der Schule. Da ich einen der "Initiatoren" für diese geschilderten unhaltbaren Zustände persönlich kenne, der zumindest in Berlin für das experimentelle Schulsystem mitverantwortlich ist, am eigenen Enkel nun selbst erfahren hat, welch einen Mist er und seine akademischen Mitstreiter gebaut haben, weiß ich, dass sich auch bei ihm mittlerweile eine Erkenntnis und ein Bedauern etablierten.
Aber den Popo hochzubekommen, zu sagen, wir haben uns verrannt, um danach den Unsinn zu revidieren, das hieße ja einen Fehler öffentlich einzugestehen und den einstmals verliehenen Lorbeerkranz abzulegen.
Das bringen der Herr Prof. und seine Mitstreiter dann doch nicht zustande.
Was sich da in unserem Bildungssystem manifestierte geht schon über den Begriff -Unverantwortlichkeit- hinaus.
Wie hier die Blockeinträge zeigen, wird den durchaus bildungsfähigen Kindern mit einem Handicap jegliche Chance für einen guten Start ins Leben verbaut. Ignoranz? Wohl kaum. Wegsehen, die Problematik ausblenden ist halt billiger. Inklusionsklassen sind eine Sparmaßnahme und nichts anderes. Und nur darum geht es.
Dagegen kann man nicht energisch genug zu Felde ziehen. Ich wäre sehr dafür, den Kultusbereich aus der Länderhoheit in die Bundesverantwortung zu übertragen, um mit einem durchweg einheitlichen Bildungs- und Erziehungskonzept per gesetzlicher Regelung diese Misere endlich zu beenden. Der Staat hat die Fürsorgepflicht für seine Bürger. Dazu zählt auch das richtige Bildungs- und Förderangebot ausnahmslos für alle Menschen.
Veronika
Uschi, ich bedanke mich sehr für deine beeindruckende und ausführliche Antwort.
Herzliche Grüße
Edith