Kann man "Alt werden" lernen ?


Nachdem ich mich mit Bekannten ausgetauscht habe, fällt mir wieder auf, wieviel man im Alter lernen muss : "Alt werden ist nichts für Feiglinge"...
Häufig muss ich mit Situationen fertig werden, die "Fitness" und Überlegung erfordern!
Mit dem Bus fahren...kann man sicher auch einfach nur machen. Aber wenn man dann...kein Kleingeld dabei hat? nicht weiß, was es ungefähr kostet? Wo man aussteigen muss und wo wieder einsteigen? Ob überhaupt um die Zeit ein Bus fährt? Wo ich eine Haltestelle und dann vielleicht sogar einen Fahrplan finde...oder im Internet? gibt es viele, aber welcher ist richtig und für mich brauchbar?
Noch immer beim Bus : was muss ich (noch) können, um einzusteigen? Wo am besten sitzen, dass es nicht zu sehr wackelt (Gelenke kaputt!). So fallen mir immer mehr Fragen ein...
Gerade haben wir uns wieder ausgetauscht, was alles nicht mehr geht : die Wohnung ordentlich putzen? Dabei nichts vergessen? Eine Glühbirne wechseln? Auf eine Leiter steigen, ohne zu wackeln und runterzufallen...Ohne Geschirrspülmaschine ein fettiges Gitter sauber bekommen...
Freundinnen zum Kaffee einladen, ohne gleich eine Absage zu bekommen...
Da macht es Angst, was man wann noch kann oder eben nicht mehr...und wie man Hilfe bekommt ?!


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Kommentare (10)

ehemaliges Mitglied

Manchmal habe ich ähnliche Gedanken, wenn ich Tage habe, die besonders mühsam sind, aber einiges gemacht werden muss, Glühbirnen wechseln,  wenn man dazu auf die Leiter steigen muss, lasse ich von meinem Sohn, putzen vertage ich auf Tage, wo es mir wieder besser geht und Bus oder U-Bahnfahren ist ein Lernprozess, der irgendwann trotz Vergesslichkeit einfach eine mechanische Handlung ist, aufschreiben wie oder wo man umsteigen muss, ist auch hilfreich.  Ich habe bei meinem  Umzug vor drei jahren bewusst auf Hängeschränke verzichtet, damit ich nicht, ich bin auch noch realativ klein, auf die Leiter  steigen muss um Geschirr oder sonstiges wegzuräumen oder zu holen. Geschirr spült meine Maschine und den Backofen benütze ich wegen der mühseligen Reinigung nicht mehr.

Ansonsten nicht daran denken wie es werden könnte, das hilft mir immer, wenn es gar nicht mehr geht, werden sich Wege finden (lassen müssen).

Herzlichst Rosenbusch

Meerjungfrau43

@Rosenbusch
Hallo, Kristine, ja, da kannst Du wenigstens einige Sachen ebenso empfinden !
Und man lernt...
LG

ehemaliges Mitglied

@Rosenbusch  
 

Passend dazu: Ich habe mir gerade einen Rasenroboter zugelegt. Die Ränder sind genug Schnippelei, geht aber auch elektrisch - mit einem Kantenschneider.

Dazu kommt noch, dass der Roboter den Rasen viel schöner pflegt. Ich habe unsere Nachbarn mit Roboter immer beneidet. Bei denen sieht der Rasen immer aus wie ein Teppich. Das hebt die Wirkung der Blumenbeete doch enorm!

Und noch ein angenehmer Nebeneffekt: Es wird leiser im Umfeld. Wir sind jetzt schon das fünfte Grundstück im nahen Umfeld mit Roboter.

Gestern setzten wir uns gerade eben nach draußen, als der direkte Gegenübernachbar (ein ganz netter Nachbar!) seinen Rasenmäher vors Haus holte und - hjäääämmmjämmjämmmmm - uns die Ohren volldröhnte. So eine ganz alte Kiste mit auf- und abschwellenden Jaulgeräuschen. 🙉 Grässlich! Man versteht sein eigenes Wort nicht mehr. Und es beginnt ja auch immer dann, wenn man sich gerade nach draußen gesetzt hat. Schicksal! 😠

Aber vielleicht übersteigt ja die Anzahl der Roboter irgendwann die kritische Masse hier, so dass auch der letzte Nachbar einen haben will. Die Hoffnung stirbt zuletzt (es gibt ja überall die ganz Hartnäckigen mit den absolut unumstößlichen Gegenargumenten). 😕

befürchtet Puzzlerike

 

Meerjungfrau43

@Puzzlerike  
Hallo, Rike,
Du bist offensichtlich noch selbständiger und fürchtest die "Anforderungen" nicht !
Selbstverständlich hängt das außer vom Alter auch noch von den "Gebrechen" ab, die doch sehr verschieden verteilt sind, auch wenn sie mit dem Alter zunehmen!
Aber immerhin, einen "Rasen-roboter" brauche ich nicht, da ich im "Betreuten Wohnen" keine Gartenarbeit mehr habe!
Leider ist es auch dabei so, dass sie lieber menschliche Arbeitskräfte bevorzugen, also doch immer ein "Geräte-Terror" geräuschmäßig zu verzeichnen ist! Und immer dann, wenn man von Ruhe träumt...

ehemaliges Mitglied

@Meerjungfrau43  

Immerhin ... Du hast für Dich entschieden, Dir die körperliche Belastung eines Gartens nicht mehr zuzumuten, Dich offensichtlich zu verkleinern (den eigenen Möglichkeiten anzupassen) und für das Kommende offen zu bleiben. 👍

Ich habe es gerade bei meiner Mutter erlebt, wie schlimm es für einen Menschen werden kann, der bis zum letzten Atemzug ohne Hilfe im eigenen Haus mit Selbstversorgung, Gartenpflege etc. zurechtkommen will.

Aber diese Entscheidung ist auf ihre eigene Lebensentwicklung zurückzuführen (Erziehung. Kriegserlebnisse u. v. m.). Sie führte auch dazu, dass sie sich ihr Alleinsein schön redete (feiert ihr doch mit euren Freunden, lasst mich mal hier allein, ich bin gern allein), dass sie zunehmend verwahrloste (sie konnte ihre Wäsche nicht mehr waschen, ging nicht zum Friseur ... lehnte aber auch jegliche Hilfe ab - komm mir nur nicht zu nahe) und es nicht einmal mehr selbst wahrnahm.

Natürlich waren alle Nachbarn "blöd", während die sich (auch alle um die 90 wie sie selbst) im Nachbargarten zum Kaffeetrinken trafen und sich dabei herzlich amüsierten.

Davon konnte ich mir nach dem Tod meiner Mutter selbst ein Bild machen. Ich hatte die 4 Damen seit etwa 50 Jahren nicht mehr gesprochen und es ergab sich wegen der Entrümpelung meines Elternhauses (einem von 6 Häusern in einer Sackgasse), dass eine Nachbarin mich in ihren Garten einlud und zufällig die anderen an diesem Nachmittag auch zum Kaffee bei ihr eingeladen waren. Es wurde viel "tull" geredet, weil nur eine noch klar im Denken war, trotzdem haben wir alle viel gelacht und eine Mordsgaudi gehabt.

Ich habe an ihrem Lebensende begriffen, dass ihr Weg so sein sollte, weil es ihr selbstgewählter Weg war. Selbstbestimmung stand für sie an erster Stelle!

Ein Heimaufenthalt von einem halben Jahr (Nie gehe ich ins Heim!) blieb ihr dann aber doch nicht erspart. Aber dort zählte sie immer öfter - auch bei fortschreitender Demenz - ihre noch bleibenden Tage: 1 ... 2 ... 3 ... noch ... dann ... so ist das dann eben. Das macht der Himmel.

Mein Bruder und ich spekulierten nur noch, ob sie Tage oder Wochen zählte. Es waren Wochen (2), als sie zum letzten Mal vorzählte. Das Schönste (!!!!! Danke, Himmel!!!!!) für uns war, dass sie ganz einfach am Pfingstsamstag nicht mehr aufwachte. Sonst war nichts passiert. Kein Sturz, kein Bluten ... nichts.

Aber niemand weiß, wie er sich sein Ende erschafft ... ich habe andere Ideen davon. Jedenfalls gepflegt und nicht ohne Kontakte zu anderen Menschen. Es gibt doch auch Heime, in denen das Leben lebenswert ist.

Es war halt nicht meine Mutter, die unter sich selbst gelitten hat. Ich war es, die verzweifelt wieder nach Hause fuhr (45 Min. mit dem Auto entfernt), weil meine Mutter sich mal wieder gegen jegliche Unterstützung gewehrt hatte. Sie hakte es ab ... ich litt. Es war halt immer grenzwertiger ...

So, genug Stoff zum Nachdenken, gell?

Mögest Du immer eine gute Lösung für Dich finden.
Das Altern lässt sich nicht aufhalten.
Aber wie man es sich selbst gestaltet, spielt doch eine große Rolle für die Lebensqualität.

findet Puzzlerike

Eins habe ich noch vergessen:
Auf Ruheoasen zu leben, bleibt wohl bei der zunehmenden akustischen Umwelt"verschmutzung" ein sich immer weiter entfernender Wunschtraum ... brummmmbrummbrumm wummern die LKW auf der Straße hinterm Haus ... der Garten ist Gott sei Dank auf der anderen Seite. An diverse Haken im Leben muss man sich halt immer gewöhnen. ... tatüüü tataaaa ... 😒 jetzt ... das Böse ist immer und überall.

werderanerin

So kompliziert seh ich das "Altern" überhaupt nicht. Heute gibt es z.B., was Bus,-und ähnliche Verbindungen angeht genügend lokale Apps, die alles anzeigen, was der "alte Busfahrplan zeigte, Hinzu kommt, auch Preise werden angezeigt.

Eine Glühbirne wechseln - das versteh ich nicht, ausschrauben, neue rein... !

Das Leben ist im "Alter" vielleicht hin und wieder beschwerlicher, da gebe ich dir Recht aber es immer noch lebenswert und Hilfe kann ich von überall her bekommen.

Lernen kann man jeden Tag aufs neu ... ob es einem gut tut oder nicht, wird man sehen, viel wichtiger scheint mir, die Möglichkeit, immer wieder auch etwas anzupassen !


Kristine


 

ehemaliges Mitglied

Ja, zusammenfassend fällt mir noch ein:

Die Balance bewahren zwischen dem Bewältigen von Herausforderungen
und dem schrittweisen Loslassen.

Das leise körperliche Sterben hat noch niemand aufhalten können.
Und ist das nicht ein lebenslanger Lernprozess, der sich in vielen Facetten vollzieht?

Nun aber ab in den Keller  - die Waschmaschine ruft nach mir ...

Puzzlerike

ehemaliges Mitglied

Anpassung ist ein lebenslanger Prozess,  der bis zum letzten Atemzug abläuft. Dazu gehört das Hinzulernen von zeitgemäßen Methoden, z. B. einen PC bedienen zu können oder sich in der Stadt mit dem Auto auf einem neuen Parkplatz zurechtzufinden und vieles mehr. Oder es ist erforderlich, Vorgänge zu vereinfachen, auch zu erkennen, dass manches einfacher geht. Das gehört zum Altwerden dazu. Wer sich dagegen wehrt und nicht den eigenen Einschränkungen gehorcht, wird es wohl auf schmerzhafte Weise lernen müssen.
Zum Altwerden gehört auch, diverse Abhängigkeiten in Kauf zu nehmen. Dass z. B. ein Fensterputzer bestellt wird, der diese Aufgabe sehr viel flotter erledigen kann und für seinen Dienst bezahlt wird. Das Geld dafür habe ich zur Verfügung, weil ich z. B. nicht mehr so viel Neues brauche. Die Prioritäten verschieben sich halt.
Wenn gar nichts mehr alleine geht und zu vieles zur Last wird, darf man in eine Einrichtung ziehen, wo einem geholfen wird. Dort kann man wieder neue Menschen und ihre Lebensgeschichten kennenlernen. Sich vielleicht nochmal verlieben, so wie meine Stiefoma mit Mitte 80. 💘 👍
Alles ist möglich! Und wie wir das je und je erleben, das gestalten wir ganz sicher mit durch eine grundsätzlich dem Leben vertrauende Haltung.
Ich denke, dass das Leben immer viele Wege anbietet, und zwar immer dann, wenn wir spüren, dass der bisher gegangene Weg uns zu eng wird.
Wo eine Tür sich schließt, brauchen wir nur hinzuschauen ... sie liegt hinter uns und wir stehen schon längst im neuen Raum.

In diesem Sinne ein fließendes und harmonisches Altwerden! 👍
Puzzlerike 👋

Meerjungfrau43

@Puzzlerike  
Danke, liebe Rike, für die freundlichen und mitfühlenden Worte !

Manfred36

Ich bin täglich im Klinikum und sehe eine Menge hilfsbedürftiger alter Leute, aber auch viel Zuwendung. Lernen können sie nur noch wenig, außer mit sich zurecht zu kommen. Schrittweise Verzicht hinnehmen lernen.


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