Ein Mädchen aus der III. Klasse wollte ihre Note bei mir noch verbessern, sie hat mich darum im Unterricht gebeten. Ziemlich spät, das zweite Semester hat ja im Februar begonnen… Und eine junge Frau ist sie schon eigentlich, alle Schüler ihrer Klasse wurden in diesem Jahr volljährig. Na ja, ich habe ihr gesagt, dass ich es mir noch überlegen muss. Denn im elektronischen Klassenbuch stand nichts als nur eine genügende Note Komma 33.

   Ich sage aber immer wieder meinen Schülern: Im Computer steht nur eine Ziffer da, und ich weiß ja mehr von euch. So kann ich entweder eine bessere Note (nicht viel besser natürlich) stellen, wenn ich  weiß, dass sich zum Beispiel  ein Schüler viel Mühe gegeben hat, hatte aber Probleme zu Hause, oder war krank, und konnte eine Klassenarbeit nicht so gut geschrieben haben, wie er/sie sich erträumt hatte. Und umgekehrt: Wer die Schule oft schwänzt, im Unterricht nicht aufpasst, und dann plötzlich eine gute Note haben will – dann lässt es sich nicht unbedingt tun. Die meisten Schülerinnen und Schüler akzeptieren das, und finden gerecht.

   Im elektronischen Klassenbuch gibt es auch eine solche Möglichkeit, dass alle, Lehrer und Schüler, miteinander mailen können, wie wir hier im ST. Na, bitte. Dann habe ich dem am Anfang erwähnten Mädchen, nennen wir sie Magdalene, geschrieben, dass sie doch noch etwas vorbereiten sollte (ich nannte genau, was das sein könnte), und dass sie dann am Donnerstag zwischen 8.00 und 10.00 Uhr zu mir kommen kann. Es war Montag als ich ihr schrieb, gegen 15.00 Uhr (am selben Tag hatten wir am Morgen Unterricht). Nur montags und donnerstags bin ich nur in der Schule zu treffen.

    Keine Antwort bekommen, obwohl ich im Klassenbuch sehen konnte, dass meine Nachricht bald darauf gelesen wurde. Am Donnerstag, also gestern, sah mich die Magdalene im Schulkorridor, hat sich aber nicht gemeldet, ja sie hat mir kein „Guten Morgen“ gesagt. Angeblich dachte sie, von der Ferne… :)

   Heute (Freitag) habe ich gegen neun eine Nachricht von ihr bekommen, ungefähr so verfasst:

Morgen,
ich habe Ihre Nachricht nicht aufmerksam gelesen, und dachte, es würde sich um den Freitag handeln. Könnte ich dann am Montag im Unterricht noch versuchen, meine Note zu verbessern?
Es ist mir sehr wichtig. Gruß.
 
(keine Unterschrift)
 
 
Ich überlegte eine Weile, ob ich ihr überhaupt darauf antworten soll. Da aber die moderne Edukation unter anderen darauf beruht, dass die Jugendlichen verwöhnt werden, und die Erwachsenen auf ein jedes Wort und einen jeden Schritt aufpassen müssen, habe ich ihr jedoch geschrieben:
 
Magdalene,
eine E-Mail von einer Lehrerin sollte doch aufmerksam gelesen werden. Was konntest du sonst noch getan haben? Freundlich antworten, am besten an demselben Tag. Am Donnerstag konntest du mit mir im Korridor sprechen, oder mich wenigstens begrüßen. Die Erwachsenen müssen nicht unbedingt freundlicher im Umgang mit Jugendlichen sein, als die Jugendlichen mit ihnen, trotzdem antworte ich dir ganz höflich, wie du siehst. Ob du deine Note noch verbessern kannst? Ja, das kannst du noch.
 
Mit Grüßen
(Unterschrift)
 
Bewusst habe ich es ihr erst im letzten Satz erlaubt. Sie ist eine eher unfreundliche Person, und wird leicht böse. Wahrscheinlich hat sie die Mail gar nicht zu Ende gelesen… Sei ich etwa böswillig? Nein, das ist nur ein freundliches Erziehungsmittel. (Erziehung!!! – die moderne Pädagogik ist dagegen. Die Folgen dessen sind langsam weltweit zu sehen).
 
 
 


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Kommentare (8)

werderanerin

Ich denke, liebe Christine, da hast du vieles möglich gemacht, was vielleicht andere Lehrer*nnen garnicht mehr gemacht hätten...aber auch ich weiß es ja aus eigener Erfahrung mit meinen Enkeln..., "Anreden" gibt es kaum noch aber da ich einen höflichen Umgang bevorzuge und auch pflege, schreibe ich z.B. meiner 14 jährigen Enkeltochter immer sehr bewußt höflich und lieb...allen anderen im Übrigen auch.
Ich möchte einfach nur, dass sie lernen, nicht oberflächlich zu werden....! Aber ich mache mir da nichts vor.

Manchmal..., wie in deinem geschilderten Fall weiß man ja nicht, warum sie so reagiert hat oder eben nicht...ich denke dennoch, die Verbesserung einer Note kann ihr nicht wichtig genug gewesen sein, anderes war halt interessanter...aber vor allem, wird nicht mehr aufmerksam gelesen...

Deine Geduld und Reaktion...super !!!

Aber was meinst du selbst, nützt es etwas...wahrscheinlich ja...irgendwann einmal...man sollte halt nie aufgeben !

Kristine

Christine62laechel

@werderanerin  

Liebe Kristine,

ich bin fest davon überzeugt, dass denn Kindern und Jugendlichen einfach Erwachsene fehlen. Diese komische Pädagogik heutzutage, und die Tatsache auch, dass man so allgemein nicht alt (also, nicht erwachsen) werden möchte, lassen die jungen Leute unter Kumpels nur allein. Ein Horror! Wenn ich davon höre, dass auch die Kindergartenkinder ihre Betreuerinnen duzen dürfen, bekomme ich noch mehr graue Haare, als ich davon schon habe. Woher soll eine junge Person dann wissen, wie man die Erwachsenen anreden sollte? Tadeln darf man die Kinder kaum, eine jede Strafe sei schädlich... Quatsch.

Mir hat schon vor Jahren ein Schüler von mir (18 Jahre alt) gesagt: Wissen Sie, Frau J., warum wir Sie so gern haben? Weil Sie uns - pardon - an der Schnauze halten können. :) Seine Worte waren natürlich übertrieben, es galt aber schon immer, dass die Kinder und Jugendlichen Grenzen brauchen, und sie ganz gewiss anerkennen würden - wenn nur die Erwachsenen, alle, echt erwachsen wären...

   So wie Du, liebe Kristine, es im höflichen Umgang mit Deinen Enkelkindern kannst. :)

   Mit Grüßen
Christine

ehemaliges Mitglied

Guten Morgen :-) 

bei dir würde ich heute sogar den versäumten Stoff  bei einem guten Glas Rotwein nachholen 

ein schönes Wochenende  wünscht  jochen :-)

Christine62laechel

@hustengutzje  

Ein Glas Rotwein, mit der Lehrerin? Na sowas... Ungenügend!!!
:)

Mit Grüßen
Christine

Via

Ein sehr gutes Vorgehen und letztlich noch äußerst entgegenkommend von dir!
LG - Via
​​​​​​​

Christine62laechel

@Via  

Danke, liebe Via!

Mit Grüßen
Christine

Manfred36


Du hast da vor uns Nicht-Pädagogen ein ganz schwieriges Thema ausgebreitet. Den Wechselmut und die Zerrissenheit junger Menschen, die ihre Ziele nicht abstecken und einhalten können, und ihr Mangel an Respekt. Ich bin der Überzeugung, dass du dich richtig verhältst.  
 

Christine62laechel

@Manfred36

Danke, Manfred, für deine netten Worte. Deine Meinung ist mir wichtig, und ich fühle mich so in meinen Bemühungen einfach unterstützt.

Mit Grüßen
Christine


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