Die vier Brüder
Der Titel des Buches, oder eher dessen Anfang, klingt im Original „EAT, PRAY, LOVE”. Sei es etwa eine freie Paraphrase vom lateinischen „Ora es labora”? Da fällt also Arbeiten aus, die Hauptheldin machte auch wirklich so etwas wie einen langen Urlaub, und an die Stelle kamen Essen und Lieben.
Obwohl die Frau meine Tochter sein könnte, kann ich ihre Welt und ihre Probleme ganz gut verstehen, noch nicht vergessen ja. Ich habe mich beim Lesen nicht schlecht amüsiert; zum Glück wurde das Buch in meine Muttersprache sehr gut übersetzt, so es hat die Leichtigkeit des Stils und ihr Humor nicht verloren. Ich glaube nicht, dass sich ein Mann durch das Buch durchbohren könnte; wer daran zweifelt, dass es Frauen- und Männerbücher gibt, findet hier einen Beweis.
Stellenweise ganz naiv, für manche vielleicht allzu religiös geprägt, enthält das Buch doch Stellen, die eindeutig positiv wirken, unsere eigenen Meinungen bestätigen, oder einfach gut tun. Zum Beispiel:
„Mutter werden ist wie eine Tätowierung am Gesicht. Man muss ganz sicher sein, bevor man sich dafür entschließt”.
„- An welchen Gott glaubst du?
- An einen großartigen.”
„ Was den Gott anbetrifft, da ist die Flexibilität genauso wichtig, wie die Disziplin.”
(Ein Medizinman in Indonesien spricht eine schlechte Sprache):
„Ich habe gute Idee dafür, wie du triffst einen Mensch mit andere Religion, und er will streiten um Gott. Meine Idee ist so, du hör alles zu, was der Mann sagt über Gott. Nicht widersprechen. Am besten sage „Ich bin auch der Meinung”. Dann geh' nach Hause, und bete, wie du willst.”
„Es ist leicht zu beten, wenn mal verzweifelt; die Fortsetzung des Betens, wenn die Krise vorbei ist, ist wie ein Siegel, eine Versicherung für die Seele, damit sie daran festhalten kann, was sie erreicht hat.”
„Die Suche nach Zufriedenheit ist nicht nur die Sache der Selbsterhaltung, und es ist nicht nur für uns vom Nutzen; es ist eine großzügige Spende für die ganze Welt. Wenn wir unser Leiden los werden, sind wir auch nicht mehr ein Hindernis auf dem Lebensweg anderer Menschen, und auch nicht auf unserem eigenen.”
„Bali Bewohner glauben, dass jeder von uns bei seiner Geburt von vier unsichtbaren Brüdern begleitet ist, die zusammen mit ihm zur Welt kommen, und bleiben sein ganzes Leben lang bei ihm. (…) Jedes Kind weiß, dass es überall auf der Welt von den vier Brüdern begleitet ist, die es betreuen. Diese vier Brüder werden mit vier Faktoren identifiziert, die jedermann braucht, der in seinem Leben sicher und glücklich sein sollte: Intelligenz, Freundlichkeit, Kraft, und Poesie. Die Brüder kann man in schwierigen Situationen um Hilfe und Unterstützung bitten.”
(Elisabeth Gilbert; "EAT, PRAY, LOVE: One Woman's Search for Everything Across Italy, India and Indonesia")
Ich bin ein Mann. Deshalb beschäftige ich mich auch nicht mit deinem vorgestellten Buch, mit deinem Blog aber schon.
An einen großartigen Gott glauben, den viele von ihrer Seite aus sehen und interpretieren wollen, ist eine großartige Auffassung. Sie alle wollen ihm ja auf ihre Weise näher kommen und brauchen dazu meinen Kommentar nicht. Wenn ich in Not zu ihm bete, ist es nicht so viel wert wie der Rückblick, was meine Zwiesprache mit ihm erreicht hat.
Meine Zufriedenheit gehört mir, sie gehört aber auch dem, der sie wahrnimmt.
Die vier Brüder auf Bali hätte ich auch gern als Brüder. Vielleicht habe ich sie sogar und wir sind nur einmal von der Mutter getrennt worden. Ich will genau hinschauen, ob ich sie erkenne.