Es war keine romantische, alte Buchhandlung, wie es in Büchern steht, mit einem alten Verkäufer, und Staub hier und da. Der Laden befand sich im Erdgeschoss eines Wohnblocks aus den frühen 60. Jahren. Ein Drittel von dem großen, hellen Raum war für Schreib- und Papierwaren bestimmt, sowie für Spielzeug. Die anderen zwei Drittel waren die richtige Buchhandlung.

Der Laden gehörte damals dem Staat; von drei freundlichen Frauen war er aber vorbildlich geführt. Es war immer sehr sauber da, die Waren sehr ordentlich ausgestellt. Die Schaufenster immer sehr interessant arrangiert, einfach gut gepflegt. Die Bücher nach den Fachbereichen eingeteilt. Die Kunden durften an die Regale kommen, die Bücher durchblättern, sich etwas aussuchen.

Im Laden war es immer still. Natürlich sprach man damals auch in anderen Geschäften nicht so laut wie heutzutage, so gehörte es sich einfach, doch in der Buchhandlung herrschte eine ganz besondere Atmosphäre. Atmosphäre des Respekts für die Bücher, für das Wissen, für die Ausbildung.

Wenn dann etwas ausgewählt, ging man an die Kasse, wo man zahlte, und wo die Einkäufe schön und sorgfältig verpackt wurden. Es war keinesfalls üblich damals hier. Irgendwie konnten die Damen da dünnes Packpapier und Kordelchen besorgen.

In die Buchhandlung kam man gerne rein, auch wenn man eigentlich keine Absicht hatte, etwas zu kaufen, einfach nur ein oder anderes Buch in die Hand zu nehmen, die nette Atmosphäre zu genießen. Und umgekehrt: Bücher wurden auch von Menschen gekauft, von denen man gut wusste, sie lesen nichts. Es galt aber, kein Haus ohne Bücher…

Dann kam die, ersehnte ja, Wende. Fast alles wurde privatisiert. Nun hatte auch das Gebäude, wo sich die Buchhandlung befindete, einen Privatbesitzer. Die drei Verkäuferinnen mussten nun eine hohe Miete bezahlen, wenn sie ihr Geschäft behalten wollten. Kurz waren sie im Stande es zu bezahlen; leider wurden immer weniger Bücher gekauft. Nach einigen Jahren beschloss man dann, die Kaufhalle in zwei zu teilen. Die Buchhandlung wurde klein… In dem anderen Teil gab es zuerst ein Friseursalon, dann einen Souvernirladen, schließlich eine Bäckerei.

Nichts hat geholfen. Die ehemaligen Verkäuferinnen wurden pensioniert, und die Buchhandlung geschlossen. Bald hat sich da jemand gemeldet, der jetzt ein – von den Dutzenden in der Stadt – Kleidungsgeschäft haben will. Alles ähnlich geschmacklos, wie anderswo.


księgarnia.jpg
(Bild aus dem Internet)


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Kommentare (12)

werderanerin

Das Sterben der kleinen Läden ist ja seit Jahren leider zu beobachten..., das trifft ganz sicher auf einige Branchen zu. Ich gehe auch gerne in Buchläden, weil man dort mal in Ruhe blättern kann und vor allem keine Hektik ist. Leider gibt es bei uns in der Gegend kaum noch diese, ganz kleinen, gemütlichen....aber das ist auch der Lauf der Zeit, denke ich.

Schauen wir uns doch nur mal um..., das Internet, Hörbücher u.a.v.m. machen die alten Gewohnheiten kaputt..., es gibt Neues, ob es besser ist...?

Dagegen kann man kaum an. Hinzu kommt ja derzeit auch noch sehr erschwerend, dass durch Corona viele kleinere Geschäfte wirklich regelrecht in die Knie gezwungen wurden und noch werden. 
In größeren Städten mag es noch gehen aber kleinere Orte haben keine Chance, finde ich. Alles verschwindet klammheimlich und ist somit für immer weg !

Ich denke immer, dass "nach" Corona so einiges nicht mehr wiederzufinden ist.

Kristine

Christine62laechel

@werderanerin  

Liebe Kristine,

alles ändert sich nun so schnell... Wenn es mir manchmal lästig wird, denke ich: Man musste ja immer wieder auf etwas verzichten, sich an etwas Neues gewöhnen. Es geschieht heutzutage einfach nur viel schneller. Na ja, und man kann den modernen "Trendsettern" nicht immer vertrauen, die sind nicht immer die Klugsten, die Vernünftigsten...

Mit Grüßen
Christine

Urseli

Ja, lieber Manfred,

ähnlich geht es jetzt wieder zu.

Hier gibt es nicht mehr "viele" Leser.

Ein Buch verbreitet ein ganz andere Atmosphäre, als lesen,

mit einem Tablet.

Herzliche und hilflose Grüße (wegen Krankheit)

Ursel

Manfred36

Ich fühle mich hier professionell betreut, wenn ich in Büchern stöbern will, sowohl bei Thalia als auch bei Kleineren, wie

Meine Frau war früher in der Büchergilde, wo es auch persönlich zuging, die aber dem Internet zum Opfer gefallen ist.

Christine62laechel

@Manfred36  

Der Eingang so schön arrangiert, da möchte man schon gerne rein. :)

Syrdal


Liebe Christine, deine wahrheitsgemäße, zugleich aber auch zutiefst erschreckende Buchhandlungsgeschichte könnte gut und gerne den Titel „Aktueller Kulturverlust“ haben. Du schilderst anschaulich die sich überall vollziehende Veränderung, die einzig dem Diktat des Geldes geschuldet ist. Die Mieten sind vor allem in den Innenstädten derart explodiert, dass insbesondere kleine Läden zwangsläufig aufgeben müssen, weil es vielen Menschen kaum mehr möglich ist, neben den nun mal notwendigen Lebenshaltungskosten auch noch teuer gewordene Bücher oder andere Kulturgüter zu kaufen.
So gab es bei uns früher z.B. eine kleine hochqualitative Reihe der „Insel-Bücherei“ für 1,25 Mark der DDR. Heute bekommt man diese feinen Büchlein nicht unter 10 Euro pro Stück. In der Berliner Staatsoper kostete die Eintrittskarte selbst zur Premiere (Parkett oder 1. Rang Mitte) etwa 25 - 30 Mark der DDR, heute muss man mindestens dafür 80 – 90 Euro und mehr hinlegen (umgerechnet wären das theoretisch über 600 Mark der DDR!). Kein Wunder, wenn die Kultur und so auch das individuelle Bücherangebot total im Boden versinkt. All dies ist ein beredter Ausdruck des allgemeinen Werteverfalls unserer Zeit

Quo vadis Kultur, fragt
Syrdal
 

Christine62laechel

@Syrdal  

Francis Fukuyama meinte, da wäre die Geschichte nun zu Ende gegangen. Mal sehen, vielleicht dauert sie noch eine Weile, doch die Kultur, lieber Syrdal, der geht es wirklich ganz schlimm nun, da hast du leider Recht. Man möchte gerne hoffen, dass auch da noch eine Wende möglich wird, und dass sie wieder erblüht...

Zu der ehemaligen DDR, da konnte ich sie zweimal besuchen, mal als Ausflugteilnehmerin, und mal als arbeitende Studentin (als Kellnerin). Und bei den beiden Gelegenheiten habe ich mir unter anderem eine schöne, große Puppe gekauft (obwohl 16, und dann 20 Jahre alt). Ich hatte aber Puppen immer sehr gern, und in der DDR konnte man sehr schöne kaufen.

Mit besten Grüßen
Christine

Syrdal

@Christine62laechel

Und, liebe Christine, es gab in der DDR sehr schöne und gute Bücher, vor allem Klassiker und ausgezeichnete Bildbände… Alle zu einem sehr erschwinglichen Preis. Viele davon befinden sich in meiner kleinen Privatbibliothek und ich möchte keines davon missen, es sind wahre Schätze. Aber was wird damit wohl mal werden…?

Nochmals liebe Grüße zum beginnenden Wochenende
Syrdal

Roxanna

Liebe Christine,

in Buchläden zu stöbern macht sehr viel Freude. Hier in Freiburg gibt es mehrere, größere und kleinere und es besteht keine Gefahr, dass sie geschlossen werden. Ich muss aber zugeben, dass ich sie früher auch öfter aufgesucht habe und heute doch viel über Internet bestelle. Durch deine Geschichte animiniert, werde ich mir das Vergnügen aber wieder öfter gönnen. Für den Geldbeutel ist es allerdings immer strapaziös 😉, weil es so viel Schönes gibt. Schade ist es um den kleinen Buchladen gewesen, aber so ist das heute. Viele solcher kleinen Geschäfte auch in anderen Sparten müssen, weil sie die Miete nicht mehr aufbringen können, irgendwelchen Ketten weichen. Das ist auch in Freiburg nicht anders.

Herzliche Grüße
Brigitte

Christine62laechel

@Roxanna  

Da gibt es auch hier noch zwei Buchläden, liebe Brigitte, später entstanden, doch - kein Vergleich... Der Besitzer von dem einen ist mein ehemaliger Schüler, um 40 Jahre alt. Er sollte also Tischler werden, denn er hatte so eine technische Oberschule besucht. Es freut mich schon, dass er Buchhändler wurde. Doch ich weiß gut, dass Bücher für ihn einfach nur eine Ware ist... Die von mir erwähnten Damen in der alten Buchhandlung, die waren nicht nur Verkäuferinnen, sie waren auch Sachkennerinnen, und einfach Leseratten selbst. :)

Mit herzlichen Grüßen
Christine

 

Rosi65

Liebe Christine,

in unserer Stadt gibt es zum Glück noch einige Buchhandlungen mit Fachpersonal. Dort halte ich mich auch gerne mal auf, um ein wenig zu stöbern.

Bei einem Besuch in meinem "Stammladen" fiel mir das Buch von Kazuo Ishiguro wieder ein, von dem ich bereits ein gutes Buch gelesen hatte. Da ich noch ein weiteres Werk von ihm kaufen wollte, sprach ich die Verkäuferin an. Doch, oh Schreck, mir fiel sein Name nicht mehr ein! Etwas verlegen erzählte ich der Dame von meinem Problem. Doch schon nach zwei Stichworte, "Japaner, Nobelpreisträger" erhellte sich ihr Gesicht. Sie wusste sofort Bescheid, doch auch ihr war der Name plötzlich entfallen, obwohl sie alle Bücher von ihm gelesen hatte. Lustig fand ich, dass wir uns beide nur an den Anfangsbuchstaben seines Nachnamen erinnern konnten. Sie eilte freudig zu einem Regal, wo das gesuchte Werk von ihm stand. Danach plauderten wir noch etwas über den Autoren.

Ja, so macht das Einkaufen Spaß! Es ist sehr schade, dass viele Fachgeschäfte den Billigläden weichen müssen.

Herzliche Grüße
   Rosi65

Christine62laechel

@Rosi65  

Liebe Rosi,

nicht als eine Verkäuferin zwar, doch als eine Bibliothekarin an einem Institut hatte ich ähnliche Situationen erlebt. Da kam immer wieder jemand, und sagte: Ich bräuchte das Buch... Komme auf den Namen und Titel nicht mehr... Im Titel gab es ganz gewiß ein Wort, das mit "K" begann, und der Buchumschlag war gelb... :)

Na ja, und ich musste schon Verständnis haben, denn darüber, was ich schon alles vergessen kann, könnte man einfach Bücher schreiben. :)

Mit lieben Grüßen
Christine


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