Das Kleidchen
Auf dem Foto sind mein Vater, meine 1,5 Jahr ältere Schwester, und ich (in der Mitte) zu sehen, sowie unser Hund Roma, den wir nicht lange hatten, denn bald begann er meine Mutter zu nerven. Obwohl es ganz gewiss auch ihre eigene Idee war, den uns zu besorgen. Das Foto musste von meinem Bruder gemacht sein, damals 12 Jahre alt. Nicht schlecht also. Ganz gewiss nicht von meiner Mutter, ich glaube nicht, ob sie je in ihrem Leben eines gemacht hatte.
Das war um das Jahr 1960. Der Sozialismus blühte, daher die abgekratzte Farbe an der Parkbank, und das Grüne ganz schlecht gepflegt, obwohl es ja ein Kurpark in einem renommierten Kurort sein sollte.
Was ich an habe, ist ein Kleidchen, das meine Mutter für mich selber geschneidert hatte. Nur einmal war sie so nett, denn eigentlich hasste sie alle Hausarbeiten. Und für mich war das so schön: Die Anproben, die Tatsache selbst, dass da etwas wegen meiner, für mich, getan wurde.
Die Farben des Stoffes gefielen mir nicht sooo gut, grün und gelb waren nie mein Geschmack, doch ich liebte das winzig karierte Kleidchen über alles. Auf dem Foto ist es schon zu sehen, dass es langsam zu eng wurde. Ich trug es, so lange es nur möglich war. Und dann, na ja. Bald begann ich nur Hosen zu tragen, und selber schneidern, das kann ich leider nicht...
Kommentare (4)
@Gitte1709
Liebe Gitte,
eine Schneiderin war ebenso meine Schwiegermutter. Sie nähte auch ab und zu etwas für mich, doch - sooo gut konnte es mir nicht gefallen, vor allem die Farben (Orange!). Trotzdem habe ich es immer getragen, als sie uns mal besuchte. Sie war ein lieber, guter Mensch, und war es einfach wert. :)
Mit Grüßen
Chrisitne
Ich habe dem Foto vorher keine soo große Aufmerksamkeit geschenkt, kannte es ja... Und nun habe ich es als ob neu entdeckt. Dass mein Vater mit seinen 50 Jahren damals ein hübscher Mann war. Dass ich dick war! Und das es eben dieses Kleidchen war, das ich so lange Jahre nicht vergessen habe. Ja, lieber Syrdal, kleine, unscheinbare - und doch so wichtige Dinge sind es. :)
Mit besten Grüßen
Christine
Liebe Christine, es sind oft kleine, unscheinbare Dinge, die so ungemein viel in sich tragen… Hier ist es das Kleidchen, das einzig für dich geschneidert wurde. Und darauf kommt es an, denn das ist wahre „Lebensliebe“. – Schön und sehr herzlich, deine Geschichte! Und ebenso schön ist das Foto...
Liebe Grüße
Syrdal
Liebe Christine,
Du warst doch nicht dick, ich war übrigens genauso als Kind.
Meine Mutter war Schneiderin und hat mir für jeden Sommer immer eine Vielzahl von Sommerkleidchen genäht, ich kann mich noch ganz genau erinnern, was für ein tolles Gefühl das war, wenn sie fertig waren.
Jedes aus einem anderen Stoff und sehr oft verziert mit diesen Zackenbändchen und mit Peticot getragen.
Dieses Gefühl kann ich noch heute in mir hervorrufen, einfach herrlich.
Danke für diese schöne Geschichte.