Bestechungszucchini?
Die Partnerin meines Vermieters, die ich also meine Vermieterin nennen werde, obwohl die beiden eigentlich in keiner Beziehung stehen, leben nur unter einem Dach, diese Vermieterin hat also zwei Enkelinnen. Beide Mädchen leben mit ihren Familien in England.
Als ich vor fast sechs Jahren hier eingezogen war, waren die Mädchen 8 und 11 Jahre alt. Als sie da unten erfahren hatten, dass ich zwei (damals noch) Katzen habe, wollten sie mich immer wieder kurz besuchen, wenn sie gerade bei ihrer Oma hier waren. Ich hatte nichts dagegen, auch wenn manchmal vier andere Kinder, Freunde aus der Nachbarschaft, die ich kannte, auch gekommen waren. Ich hatte ihnen immer Saft und etwas Süßes angeboten, wir hatten uns angenehm ein halbes Stündchen lang unterhalten.
Ein Besuch, vor vier Jahren, als nur eine von den Enkelinnen bei mir war, schien mir doch nach anderthalb Stunde schon zu lang… Diplomatisch hatte ich gefragt, ob man sich nicht etwa Gedanken da unten macht, wo sie so lange hier bei mir bleibt…? Nein, sagte das Mädchen darauf. Die Oma hat gesagt, sie ruft mich schon, wenn es soweit wird…
Ob meine Vermieterin ein wenig Ruhe haben wollte, oder war da jemand bei ihr – das habe ich nie erfahren. Bald hat sie auch wirklich von unten gerufen, und das Mädchen war weg. Warum hatte mich meine Vermieterin nicht einfach gefragt, ob die Kleine bei mir welche zwei Stündchen verbringen könnte? Ich wäre gerne einverstanden, wenn ich aber keine Wahl hatte, kam es mir nicht schön vor. Beide Enkelinnen waren dann noch mehrmals hier, mich aber nicht mehr besucht. Wahrscheinlich saßen sie, wie die meisten Kinder und Jugendliche jetzt, mit ihren Smartphones herum.
Es war nun nicht lange her, als meine Vermieterin an meine Tür klopfte, und als ich aufmachte, stand sie da mit einem prachtvollen Zucchini-Exemplar in ihren Händen. Sie hätte nämlich mehr davon von einer anderen Nachbarin bekommen. Was sollte das denn? Und ich mag auch kein Zucchini. :) Kein Platz im Kühlschrank, damit ich etwas daraus für meinen Sohn zubereiten könnte. Ich habe mich also sehr freundlich bedankt.
Am nächsten Tag, so gegen Mittag, arbeitete ich am Computer an einer Übersetzung, und hatte, ehrlich gesagt, Lockenwickler auf. Da wurde plötzlich sehr laut geklopft, und ich vernahm irgendwelche Stimmen. Tür auf – eine von den Enkelinnen, die ich übrigens nicht mehr voneinander unterscheiden könnte, lächelte mich herzlich an, und neben ihr stand ein etwa dreijähriger Junge, den sie mir als ihren Cousin vorgestellt hatte. Ich wurde sprachlos. Dann habe ich gesagt: Sorry, jetzt kann ich euch nicht einladen, ich habe keine Zeit, und habe sonst meine Lockenwickler auf. Das Mädchen darauf fröhlich: Uns stört das nicht! - Mich aber schon – sagte ich ebenso mit einem freundlichen Lächeln. Und zugemacht.
Kommentare (13)
@Globetrotter
Ja, es konnte so sein, dass das Mädchen nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. :)
Zu der Zucchini: Unter Nachbarinnen kann natürlich üblich sein, dass sie sich gelegentlich etwas schenken. Egal ob zu einem Anlaß, oder einfach so. Bei uns gibt es aber so etwas nicht. Zum Glück leben wir friedlich miteinander, und unterstützen uns, wenn es gerade nötig ist, So etwas hat es aber bislang nicht gegeben. Entweder ein Zufall einfach, oder hatte sie so viele Zucchinis bekommen... :) - oder sollte ich mir doch gedacht haben: Na ja, wenn sie so nett zu mir war, müsste ich mich nun verpfichtet fühlen...
Wie auch immer - Hauptsache, wir leben weiter ohne Konflikte zusammen. Ich habe sie ja nicht zur Rede gestellt, einfach nur die Geschichte hier - ein wenig böswillig, stimmt! - dargestellt. :)
Mit Grüßen
Christine
Wenn ich deine kleine Geschichte so lese, liebe Christine, würde ich sagen..., hättest wohl schon eher mal "Klartext" reden müssen...offensichtlich hat man dich auf irgendeine Art und Weise ausgenutzt, weil du vielleicht ein gefundenes "Opfer" warst...
Kristine
@werderanerin
Ja, liebe Kristine, heutzutage sagt man, da gibt man sich als ein Opfer... Und ich würde sagen: Stimmt. Doch nicht in dem Sinne, dass ich mich nicht wehren kann. Das würde ich ja auch gar nicht brauchen, wenn im Umgang mit Menschen, die sich zu benehmen wissen. Ich werde zum Opfer in dem Sinne, dass ich anders handeln muss, als es für mich eigentlich üblich ist. Ich muss leider den unartigen Menschen ähnlich werden...
Mit Grüßen
Christine
„Uns stört das nicht! - Mich aber schon – sagte ich ebenso mit einem freundlichen Lächeln. Und zugemacht.“
Ob die Kinder das verstehen konnten?
...nachdenklich grüßt
Syrdal
@Syrdal
Es klang nicht so unangenehm, wie es geschrieben zu sein scheint. :) Natürlich konnten sich die Kinder ein wenig verlegen gefühlt haben... Oder doch nicht? Lieber Syrdal, so empfindliche Menschen, wie wir Senioren es sind, gibt es heutzutage kaum mehr. :)
Mit besten Grüßen
Christine
@Christine62laechel
Leider, liebe Christine, leider… der Umgang miteinander ist oft so roh geworden und die Kinder spüren das und prägt sie, dass sie bald auch roh und hart werden. Man schaue nur, wie Kinder – vor allem Jungs – in arabischen Großfamilien erzogen werden… grauenhaft, was da entsteht und auf die Menschen zukommt!
Man merkt doch an dir die Frau, die eine instinktive Bindung für Kinder hergibt, die geborene Pädagogin. Von Kindesseite ergibt sich natürlich leicht der Versuch einer Ausnutzung, deren du dich erwehren musst. Ich kenne die Situation von Seiten meiner beiden Nachbarskinder auch, die auch stets ein Geschenk von Mama dabei haben, wenn sie mich besuchen wollen. Ich lasse sie auch nicht immer rein, kann aber das „Geschenk“ für mein Mülleimer-Management ansehen und muss es nicht zurückweisen.
@Manfred36
Hier war es ganz gewiss keine Kinderinitiative. :) Vielleicht will deine Nachbarin auch ab und zu Lust, sich in aller Ruhe eine TV-Serie anzusehen, und dann sagt sie - Liebchen, geht doch mal zu unserem lieben Nachbarn... ;)
Man möchte ja nicht gerne unfreundlich sein. Doch es heißt: Don't give too much! :)
@Christine62laechel
Meine Nachbarn sind beide Lehrer und ich billige ihnen pädogische Fähigkeiten zu.
@Manfred36
Dann wollen sie es wahrscheinlich doch gut... Trotzdem werden die Kinder von dir doch nicht immer rein gelassen. :)
Manchmal, liebe Christine, nützt es nichts, wenn man etwas durch die Blume sagt, da braucht es eine klare Ansage, auch wenn man sich damit unbeliebt macht. Beim Lesen deiner Geschichte hat mich ein unbehagliches Gefühl beschlichen. Ich kenne solche Situationen auch, dass andere kein Gespür dafür haben, was sich gehört und was nicht. Es ist immer unangenehm, ihnen das sagen zu müssen. Gut, dass du das couragiert gemacht hast.
Herzlichen Gruß
Brigitte
@Roxanna
Danke, liebe Brigitte, dass du es ähnlich siehst. :) Ich bin schon immer gerne hilfbereit, und mit Kindern habe ich einen wirklich guten Kontakt. Da fühlte ich mich aber ganz dumm. Die Dame kennt mich ja, ich würde gerne die Kleinen kurz betreuen, das müsste ich es aber vorher wissen! Dann würde ich meine Beschäftigungen anders gestalten. Die Erwachsenen da unten, die sich ja ziemlich selten sehen können, hatten wahrscheinlich etwas zu besprechen, was die Kinder nicht mitbekommen sollten. Na ja, das ist aber nicht mein Problem. :)
Mit lieben Grüßen
Christine
Leider nutzen Kinder Situationen oft zu ihrem Vorteil aus, vielleicht hat deine Vermieterin ja zu ihrer Enkelin gesagt sie soll zurück kommen wenn sie dich stört oder du keine Zeit mehr hast, aber da du so diplomatisch gefragt hast hat das Mädchen die Notwendigkeit nach Hause zu gehen nicht gesehen und ist erst gegangen als sie gerufen wurde.
Zur Zucchini würde ich sagen, weiß deine Vermieterin das du keine magst? Evtl hat sie gemeint sie macht dir wirklich eine Freude.
Ich weiß es ist schwer Grenzen zu ziehen, nur wenn man es nicht macht, können Missverständnisse entstehen die evtl hätten vermieden werden können.