Alzheimer - das Leben eines Arztes, von Konrad und Ulrike Maurer


Alzheimer - das Leben eines Arztes, von Konrad und Ulrike Maurer

Alzheimer, das Leben eines Arztes und die Karriere einer Krankheit
so heißt das Buch, das Konrad und Ulrike Maurer über das Leben dieses Arztes und Forschers geschrieben haben.
Der Begriff „Alzheimer“ ist inzwischen als geflügeltes Wort für Vergesslichkeit in aller Munde und hat auch als beliebter Begriff für makabre Witze eine traurige Berühmtheit erlangt. Die Symptome der Krankheit sind auch in den Medien in vielfältiger Weise behandelt und beschrieben worden. Aber nur wenig wusste man über den Menschen, nach dem diese sehr ernste Hirnleistungsstörung benannt ist.
Abhilfe schafft hier die gut recherchierte und wissenschaftlich fundierte Biografie des Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten Konrad Maurer und seiner Frau Ulrike. Sie haben durch die Beschreibung des Lebens und Wirkens von Alois Alzheimer dem negativen Krankheitsbegriff Alzheimer nun den liebenswürdigen Menschen Alois hinzugefügt, der den meisten bisher nicht oder nur wenig bekannt war.
Die Autoren behandeln ausführlich die Kindheit und Jugend des Alois A., der als eines von 8 Kindern eines Notars in Marktbreit in Unterfranken im Jahre 1864 geboren wurde. Schon früh interessierte er sich für die Naturwissenschaften und studierte dann Medizin. Während seiner Assistenzarztzeit an den „Städtischen Irrenanstalten“ in Frankfurt am Main traf er zum ersten Mal die Patientin Auguste D., die später zu dem ersten berühmten und dokumentierten Fall der Krankheit „Morbus Alzheimer“ wurde.
Bei der Anamnese der erst 51-jährigen Frau fiel ihm auf, dass ihre Ausfallserscheinungen und Hirnleistungsstörungen der senilen Demenz von Hochbetagten glichen, in Anbetracht der „Jugend“ von Auguste D. aber nicht zu erklären waren. Der fortschreitende Verlust des Gedächtnisses, der Wahrnehmung und später auch der Körperfunktionen veranlasste ihn zu der Vermutung, dass es sich hier um ein eigenständiges Krankheitsbild handelt. Sein Verdacht, dass es sich um eiweißartige Ablagerungen an den Schaltstellen der Nervenbahnen handelt, die eine ordnungsgemäße Weiterleitung der „Signale“ zu den Organen verhindern, hat sich später als richtig erwiesen.
Obwohl Alois Alzheimer zeitlebens (außer in Breslau) stets voll in den praktischen klinischen Alltag eingebunden war und zuverlässig den normalen Dienst eines Klinikarztes absolvierte, verbrachte er bis zu seiner Heirat fast seine gesamte freie Zeit mit der Erforschung des menschlichen Gehirns. Auch als er Professor in München und später in Breslau war, hielt er Kontakt zu den früheren Kollegen in Frankfurt und ließ sich stets über den Zustand der Patientin Auguste D. auf dem Laufenden halten. Er besuchte sie auch einige Male persönlich und führte Protokolle über die Unterhaltungen mit ihr. Nach ihrem Tode im Jahre 1906 wurde ihm auf seinen Wunsch hin das Hirn der Patientin nach München gebracht, wo er seine Untersuchungen zum Abschluss bringen konnte. Die Ablagerungen (Plaques genannt) auf den Nervenbahnen, die Fibrillen in den Nervenzellen, der fast gänzliche Verlust der Hirnrinde sowie das geringe Volumen der Hirnmasse der Verstorbenen bestätigten seine Vermutung, dass es sich hier um eine eigenständige Krankheit handelt, die unabhängig vom Alter auftreten kann. Im „Neurologischen Centralblatt“ beschrieb Alois Alzheimer diese Symptome einer Demenz, aber erst 1911 wurde die Krankheit in einem Lehrbuch des Neurologen und Psychiaters Emil Kraeplin als „Morbus Alzheimer“ bezeichnet.
Alois Alzheimer war ein sehr beliebter Lehrer für seine Studenten, ein umgänglicher und humorvoller Kollege, ein unermüdlicher Arbeiter im klinischen Alltag und im privaten Bereich ein treuer Freund. Als Bayer war er auch dem Bier und der Lebensfreude nicht abgeneigt. Er fand privat durch einen Zufall sein Lebensglück, indem er die Witwe eines jüdischen Kaufmannes heiratete. Das jüdische Ehepaar hatte den jungen Assistenzarzt Alzheimer als Privatarzt und Reisebegleiter engagiert, als sich bei dem noch relativ jungen Kaufmann eine fortschreitende Geisteskrankheit zeigte, die nach nicht allzu langer Zeit zum Tode führte.
Das Ehepaar Alzheimer führte eine glückliche Ehe und Alzheimer war seinen drei Kindern ein für die damalige Zeit großzügiger, liebevoller und phantasievoller Vater, der so viel Zeit wie möglich mit ihnen in der Natur verbrachte. Leider starb Cecilie Alzheimer früh. Eine Schwester von Alzheimer zog die Kinder groß und führte ihrem Bruder bis zu seinem Tode den Haushalt.
Alois Alzheimer starb an den Folgen einer Grippe am 19. Dezember 1915 in Breslau, wo er vor seinem Tode einige Jahre als Ordinarius tätig war.

Meine Besprechung bezieht sich auf das gebundene Buch von 1998 vom Piper-Verlag.

ella©2018


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Kommentare (2)

Manfred36


Vor großen, engagierten und zielstrebigen Forschern wie Alois Alzheimer kann man nur den Hut ziehen. Er hat der Krankheit den Namen gegeben, die heute wie keine Andere in Medien, Foren, Selbsthilfegruppen usw. als häufigste Form von Demenz im Vordergrund steht.
Gleichzeitig ist er auch eine tragische Figur, weil die moderne Hirnforschung ohnehin auf sie gestoßen wäre, und weil man immer noch keinen Heilungsweg gefunden hat. Neben erfolgreichen Ansätzen bei Tieren, wie CRISPR, wird auch sehr viel Schindluder getrieben.
Die Demenz, speziell in dieser meist-vertretenen Form, ist mit der alternden Gesellschaft in unser aller Bewusstsein gerückt, auch in der Pflege. Mutet es doch auch furchtbar an, wenn jemand (wie schon R.Reagan) er- und bekennt, dass er sich von nun an scheibchenweise von der Welt verabschiedet.
Man könnte also auch brüsk sagen, dass A. Alzheimers Forscherleben umsonst war. Aber umsonst ist nichts auf der Welt, was von positivem Sendungsbewusstsein getragen ist.
 

ella

Danke für den Kommentar.

Ich finde keineswegs, dass Alzheimer's Entdeckung und seine weitere Forschung oder gar sein "Forscherleben"  zu dem Thema "umsonst" war. Er hat den Grund gelegt und den Ansporn gegeben für weitere Forschungen zu dem Thema. Und CRISPR sehe ich ähnlich. Es wird sich zeigen, wem es helfen wird und in welcher Weise. Die Ansätze sind gut, besonders im Hinblick auf seltene Krankheiten.

Überhaupt finde ich nicht, dass man in Bezug auf eine gelebtes Leben (hier ein Forscherleben) sagen sollte, dass es   u m s o n s t    im Sinne von  v e r g e b l i c h    war.

Einen schönen, lebendigen Sonntag wünscht
Dir und uns allen
Ella

 


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