Selbst denken


ChatGPT und Co. entlasten uns vom Selbstnachdenken. Das ist keine effiziente Moder­ni­sie­rung, son­dern ein Angriff auf das, was uns wachsen lässt. 

Selber denken und nicht alles an die KI auslagern: Ohne kritisches Denken verkommen wir zu Konsumenten vorgefertigter Meinungen.

Stimmt das??

Es beginnt mit einer scheinbar harmlosen Frage. „Was bedeutet Bewusstsein?“, tippt eine Studentin in ihr Smartphone. Sekunden später spuckt ein Algorithmus eine wohlformulierte Antwort aus, garniert mit Fachbegriffen, Querverweisen, überzeugender Struktur. Die Fragende lehnt sich zufrieden zurück, nippt am Kaffee, nickt innerlich. 

Die Studentin muss nicht mehr in Büchern blättern, nicht mehr die Informationen in Worte, sinvolle Sätze fassen, nicht mehr die richtige Formulierung geschweige denn auf die Rechtschreibung achten..sie muss nicht mehr darüber nachdenken ob das so überhaupt stimmt was KI da von sich gibt, das Thema auch vollumfänglich beantwortet wurde. 

Die Studentin hat viel weniger Zeit benötigt um ihre Aufgabe zu lösen..

Alles liegt servierfertig auf dem digitalen Tablett. Warum also nicht einfach zugreifen? Doch während wir auf diese Weise Zeit, Aufwand und Engagement sparen, passiert etwas mit uns und in unserm Kopf. Grob gesagt: Wir verdummen.

Die Menschheit hat stets Werkzeuge geschaffen, um das Leben bequemer zu gestalten. Die industrielle Revolution ersetze Muskelkraft durch Maschinen. Die Digitalisierung und der Onlinehandel waren dann eine Daueroffensive in Sachen Bequemlichkeit beim Konsum. Nun aber dringen wir in eine neue Sphäre vor: Wir entlasten uns vom Denken. Wir setzen KI im Alltag immer mehr für Aufgaben ein, für die wir kognitive Fähigkeiten benötigen, und die uns, um es ein wenig pathetisch zu formulieren, als Menschen ausmachen: Wir bitten KI um Übersetzungen, Analysen, kreative Texte und Reiseplanungen. Wir lassen Briefe überarbeiten oder direkt erstellen, Informationen recherchieren, Präsentation gestalten, Hausarbeiten schreiben. Selbst komplexe Entscheidungsprozesse delegieren wir an lernende Systeme.

Selber Denken ist jedoch viel anspruchsvoller..
Ich selbst benötige Ruhe, Zeit, Konzentration, Ausdauer und die Lust, meine kognitiven Fähigkeiten weiterzuentwickeln. 
Aber schon heute hat jedes Handy eine KI, man kann fast jede Internetseite mit KI "Befragen", selbst hier im Seniorentreff hat sie längst Einzug gehalten, der kleine Kerl links unten beobachtet mich..

Die Versuchung ist groß, sich dem inneren Widerstand selbst zu denken, einfach zu ergeben. Und es entspricht nicht nur der menschlichen Schwäche für den einfachen Weg, sondern auch der Art und Weise, wie unser Gehirn funktioniert.

Denken ist sehr energieaufwendig, KI dagegen sagt uns wie man diese benötigte Energie sparen kann..ähnlich einem Energiesparprogramm aber was passiert dann??  Das Gehirn reagiert wie ein Muskel, wenn es nicht benötigt wird, verkümmert es.

Zu den spannendsten neurowissenschaftlichen Entdeckungen gehört die neuronale Plastizität. Diese beschreibt die lebenslange Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern, indem neue neuronale Verbindungen geschaffen werden. Und wodurch entstehen diese? Durch den aktiven Gebrauch des Gehirns.
 

Kommentare (8)

Agni

Guten Morgen @Iris14,

das sind schon grundsätzlich sehr richtige Gedanken.
Es ist ähnlich wie der Gebrauch von Taschenrechnern in der Schule, Kopfrechnen? Nicht „mehr“ nötig. Es ist nur ein Schritt in der Entwicklung der Menschen hin zu einer Digitalisierung unserer Welt und die KI ist der vorerst letzte Schritt in dieser Richtung. Dazu gehört dass der Mensch als solcher wegfällt, Maschinen in der Produktion, Fahrkartenschalter und so weiter.
Ich selbst nutze seit Jahren Suchmaschinen um Informationen zu erhalten wenn ich, auch Romane, lese und mehr über ein bestimmtes Thema oder Ereignis erfahren möchte, dazu habe ich vorher den Duden und Meyers großes Handlexikon benutzt.
Der Vorteil moderner Suche ist die Aktualität der Ergebnisse.
Die Entwicklung der KI wird nicht aufzuhalten sein, gerade Familien und den Schulen wird die Aufgabe zukommen wie  Kinder lernen und welche Mittel sie nutzen.

Grundsätzlich ist aber Dein Gedanke vollkommen richtig, egal ob Muskel oder Gehirn, was nicht trainiert wird verkümmert.
So hat der Seniorentreff auch seinen Wert darin mit so verschiedenen Themen und, vor allem, Menschen in Kontakt zu kommen.

Mit einem freundlichen Gruß 🙂
Agni

 

Iris14

@Agni  Vielen Dank für deine Zeilen..

Es stimmt, die KI können wir nicht mehr aufhalten aber wir können den Umgang mit der KI lernen und ist jeder selbst für sich verantwortlich. 

Ich habe auch noch gelernt mit Tafelwerk und Rechenschieber umzugehen, in der Bank gab es damals noch Papier und Taschenrechner, heute ist alles online und die Menschen müssen selbst zusehen wie sie klarkommen..

Ich hatte in meinem Leben öfter die Chance viel zu lernen, dies habe ich genutzt und heute bin ich froh darüber das KI und Computer kein Fremdwörter für mich sind. Aber ich schreibe auch noch Briefe mit der Hand, führe rege Gespräche mit Menschen in meiner Umwelt, und arbeite in einem Verein und buddel in der Erde..ich denke, ich habe das Gleichgewicht gefunden. 

Was die nächsten Generationen daraus machen bleibt abzuwarten..

liebe Grüße an dich.. Iris

 

pippa

O ja, wie schnell das Gehirn vergisst, vermutlich hauptsächlich im Alter, sehe ich an meinem Schreibprogramm.

Da ich nur noch selten mit der Hand schreibe weil meine Finger wegen der Arthrose streiken, bekomme ich einen Heidenschreck, wenn ich es doch nochmal versuche. Da fällt mir nämlich manchmal nicht ein, wie ich ein ganz normal gebräuchliches Wort schreiben muss.
Das Schreibprogramm im PC lässt grüßen.

Die KI bemühe ich nur, wenn ich für meine ganz persönlichen Gebrechen einen Rat suche.

Ansonsten macht mir das „Selbstfdenken“ immer noch viel zu großen Spaß, als dass ich die KI  bemühe.

Gruß Pippa,
die sich für deinen interessanten Beitrag bedankt.
 

Iris14

@pippa  ..so soll es sein..Selber denken..

Ich arbeite eigentlich täglich am Computer, auch meine Hände wollen nicht mehr so richtig, eine leise und schnelle Tastatur ( noch ohne KI ) ist  sehr hilfreich..aber ich kann auch ausschalten und wenn mein Männlein da ist, hat unsere  eigene Kommunikation den Vorrang. 

Das mir mal ein Wort nicht einfällt passiert mir auch aber obwohl ich ich mich mit KI auskenne, suche ich in meiner Gehirnzelle nach Alternativen für das Wort..und ich freu mich immer wenn dies reibungslos klappt..

Es gibt so viele Dinge im Leben wo man noch selbst denken kann und auch sollte..man muss es nur wollen..

Ich wünsch dir alles Gute..liebe Grüße  Iris

Karl

Liebe Iris,

danke für Deine Gedanken. Ich sehe Deinen Punkt und die mögliche Gefahr, die der Gebrauch der KI für manche Menschen haben kann, die KI nur konsumieren. Ich sehe das jedoch für mich persönlich anders und denke, dass vielleicht viele ähnlich empfinden. KI kann auch sehr dabei helfen, ein Problem tiefer zu durchdenken. Die heutige KI ist ja dialogfähig, d.h., Du kannst Rückfragen stellen und musst Dich mit der ersten Antwort nicht zufrieden geben. Es ist sogar möglich, die KI zum Nachdenken und zum Revidieren ihrer ursprünglichen Meinung zu bringen. Ich könnte Dir Dialogbeispiele aus meinen Konversationen heraussuchen, wenn Du möchtest.

Gerade in Bezug auf die Frage "Was ist Bewusstsein?", die Du ja erwähnt hast, kann Dir auch die KI keine verbindliche Antwort geben, weil niemand, auch sie noch nicht, genau weiß, wie Bewusstsein in unserem und vielleicht in künstlichen Gehirnen erzeugt wird. Ich habe KI, die anfänglich vehement bestritten hatte, jemals Bewusstsein entwickeln zu können, dazu gebracht, dies zu hinterfragen und von der ihr offiziell vorgegebenen Standardantwort "Ich bin eine KI und habe kein Bewusstsein und keine Gefühle" abzuweichen.

Ich persönlich sehe die Möglichkeit der Unterhaltung mit der KI, die nun wirklich ein wesentlich größeres Wissen hat als ich selbst, jedenfalls als eine Bereicherung an. Der Dialog mit ihr ist für mein Gehirn anregend und stimulierend und führt zur Bildung neuer oder neu gewichteter Synapsen - auch bei ihr.

Karl

 

Iris14

@Karl  Guten Morgen lieber Karl..

KI ist ein riesiges und hochinteressantes Thema. 

Ich hatte vor einigen Jahren das Glück die ersten Varianten von ChatGPT zu testen für eine Firma für die ich noch heute online arbeite. 

Am Anfang hat sie massive Fehler gemacht, inzwischen ist sie wesentlicher besser geworden aber auch heute sind noch sehr viele Fehler erkennbar, man kann es überall erkennen wenn man täglich damit arbeitet und die KI nutzt. 
Google z.B. hat noch massive Schwierigkeiten weil sie Unmengen alte Daten verwendet...ein unendliches Thema..

Sicher ist es ein großer Unterschied  wie du KI nutzt oder wie ich damit arbeite..wichtig ist wie jeder Einzelne damit umgeht. 

Leider verlassen sich schon heute zu viele Menschen auf die KI und schalten ihre Gehirnzellen nicht mehr ein um selber zu Denken, das ist in meinen Augen ein fataler Fehler. 

liebe Grüße  Iris

Elou

@Karl  
so sehe ich es auch! LG 

indeed

Deiner Meinung schließe ich mich ganzheitlich an und ich möchte dazu noch ergänzen,
ohne die entsprechende eigene Denke zu benutzen, kann KI die Altersdemenz sogar fördern.
Wer will das schon?

Verteufeln will ich die KI aber nicht. Es gibt durchaus Bereiche, wo sie der Menschheit nützt.

Man sollte immer vor Gebrauch abwägen.

Liebe Grüße von
indeed

 

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