Altern
Guten Tag liebe Gleichaltrige,
es gibt Themen, die stoßen auf ungeheuer großes Interesse. Das Thema „Altern“ gehört dazu. Allein das Buch von Elke Heidenreich mit dem Titel Altern, erschienen 2024, wurde bis heute über 700 000-mal verkauft. [1]
Und es gibt Themen, die sind reine Minenfelder. Auch dazu gehört das Thema „Altern“.
Früher habe ich viel über Technik geschrieben – berufsbedingt. Da gab es kaum Minenfelder.
Seit ich mich darin versuche, auch über andere Themen zu schreiben, habe ich sehr schnell gelernt: überall Fettnäpfchen. Ganz schnell hat man jemandem auf die Füße getreten.
Ich versichere: Das ist nie und nimmer meine Absicht.😉
Hier also ein paar Worte zu diesem „heißen“ Thema (wo wäre es besser aufgehoben als auf seniorentreff.de?).
„Das Alter ist eine Naturkatastrophe. Die Katastrophe des Alterns kommt über den Menschen, wie Naturumwälzungen sich vollziehen: schleichend, unaufhaltsam, vernichtend.“ [2]
Wenn ich so etwas lese, ist meine Laune unverzüglich im Keller – das zerstört mir jede Leichtigkeit. Das muss doch nicht sein, oder?
Wie alles hat auch das Alter Gutes und Schlechtes im Gepäck. Das ist nun einmal so und lässt sich nicht ändern.
Eine mögliche Reaktion: Schulterzucken und weiter mit der Tagesordnung. Diese Methode geht auf die alten Stoiker zurück – ich finde sie höchst empfehlenswert.
Über die negativen Seiten des Alters muss ich kaum etwas sagen – da sind wir alle Expertinnen und Experten.
Und manches will ich auch gar nicht wissen. Zum Beispiel, was so alles in meinem Körper und meinem Gehirn passiert, wenn der Zahn der Zeit an mir nagt.
Dass ich in den letzten Jahren geschrumpft bin (es sei denn, die anderen sind gewachsen😉), ist ebenso ein Faktum wie das Knacken der Gelenke …
Mit den exzellentesten Beschreibungen aller möglichen Misslichkeiten ließen sich viele Seiten füllen.
Ich nehme an, daran besteht kein Bedarf. Wenn doch: einen Vormittag im Wartezimmer der Hausärztin verbringen.
Um es kurz zu sagen, mit Wilhelm Busch: „Der Mensch wird schließlich mangelhaft …“
Nachdem das abgehakt ist, hier eine Möglichkeit, mit dem Alter freundschaftlich zu verkehren:
Frühmorgens den Tag mit einem Herzen voller Dankbarkeit begrüßen. Sich freuen, dass man die Nacht überlebt hat und ein weiterer Tag vor einem liegt – so Gott will (oder das Schicksal, oder wer oder was auch immer).
Und – Achtung: Kernsatz! – versuchen, das Beste aus dem Tag zu machen. Das bedeutet für jeden etwas anderes, aber das Grundprinzip ist wichtig.
Und die Angst vor dem Tod?
X schreibt mir dazu:
„Mein Lieber,
an den eigenen Tod zu denken ist keine angenehme Beschäftigung. Sie deprimiert dich.
Ist es das, was du willst? Na also.
Ab und zu ist es vielleicht notwendig, aber bitte nicht permanent. Hast du nichts Besseres zu tun? Der Sensenmann kommt sowieso – er fragt dich nicht um Erlaubnis.
Du wirst sterben, aber bitte nicht andauernd. Einmal reicht.“
Liebe Grüße,
Dein X
Der Spruch „Cross that bridge when you come to it“ – auf Deutsch etwa: „Über diese Brücke gehen wir, wenn wir dort sind“ oder auch „Darum kümmern wir uns, wenn es so weit ist“ – hat viel für sich.
Dieser Ratschlag funktioniert recht gut bei mir, und dafür bin ich dankbar.
Herzliche Grüße
Kurt20
[1] Heidenreich, Elke: Altern. München: dtv, 2024.
[2] Quelle unsicher; wird dem Schriftsteller Curt Goetz zugeschrieben.
Kommentare (8)
@Globetrotter
So., 12. Oktober 2025
Guten Tag Gisela,
klingt ein Wenig resigniert. Man hat manchmal solche Phasen, kenne ich gut. Und wenn dann noch jemand daherkommt mit Kalendersprüchen, dem könnte man an die Kehle springen.
Das möchte ich vermeiden, daher nur ein klitzekleiner: Das wird wieder besser.
Und noch einer von Heinz Strunk. „Bei Schwermut Wermut“.
Bis bald,
herzliche Grüße
Kurt
Hallo Kurt!
Angst vor dem Tod hat im tiefen Inneren wohl jeder in den späten Jahren.
In erster Linie ist es aber auch eine Frage, wie das geschieht. Ist es mit endlosem Leiden und Schmerzen verbunden, die man hilflos ertragen muss, weil unsere Regierung sich nicht zu einer Sterbehilfe durchringen kann?
Wie sehr quält einen der geistige Verfall? Mit dem körperlichen Abbau setzt man sich zwangsläufig ohnehin schon früher auseinander.
Hat man keine Familie mehr, wie geht man mit Einsamkeit, zunehmender Gefühlskälte der Umwelt und mit dem auf der Streckebleiben durch immer schneller werdende Änderungen im täglichen Leben um?
Was, wenn die Augen nachlassen, die Hände zittern, der Alltag kaum mehr zu meistern ist, aber kein Geld für einen Verwöhnaufenthalt in einem noblen Heim zur Verfügung steht?
Wertschätzung alter Menschen war einmal, als diese noch ihr Wissen weitergeben konnten und auch noch mitarbeiteten. Heute, wo die Folgen kurzsichtigen und unverantwortlichen Regierens uns in eine unglaubliche Schuldenlage gebracht haben, wird die Auszahlung der Pensionen immer mehr zum Problem. Dazu kommt noch, dass die Lebenszeit sehr gestiegen ist, all das trägt sicher nicht zu besonderer Beliebtheit alter Leute bei.
Was ich am Altern wirklich schön finde, ist die durch Wegfall div. Möglichkeiten gewonnene Zeit, in der man sich der Schönheit der noch restlichen Natur widmen kann. Man darf stehen bleiben und den Amseln und Spatzen beim Baden in der Vogeltränke zusehen, oder im Winter das turbulente Treiben um die Futterstellen beobachten. Man kann jederzeit in geliebten Büchern schmökern oder gute Musik in einem bequemen Stuhl geniessen. Auch muss man nicht mehr ständig in jedem Winkel herumputzen, man sollte sich vielleicht etwas von der Perfektion distanzieren, vieles leichter nehmen und mehr genießen.
Ich besitze einen Garten, der zwar sehr arbeitsaufwendig ist, mir aber viele wundervolle Momente schenkt. Und noch trägt mein 14jähriges Hundemädchen, obwohl auch schon ein wenig wunderlich, allein durch seine Anwesenheit sehr zu meinem Lebensglück bei.
Ich lebe gerne, bin eigentlich ein fröhlicher Mensch, aber leider auch Realist, das stört ein wenig .....
Herzliche Grüße und vielen Dank für die tollen Themen
Lydia
@keyly
11. Oktober 2025
Guten Morgen Lydia,
vielen Dank für Deinen Kommentar. – Oh weh, Stoff zum Nachdenke im Überfluss. Ich mache mich an die Arbeit. (Selbst 'dran schuld, Kurt, warum musstest Du auch dieses Fass aufmachen! 😉)
Mit „keine Angst vor dem Tod zu haben“, meinte ich nur einen Aspekt. Einfach ausgedrückt: Diese Angst ist nutzlos, weil sie an der Tatsache, dass wir sterben müssen, nichts ändert.
Darüber hinaus halte ich die Angst vor dem Tod und dem Sterben für so stark, dass man sie mit Hilfe seines Denkens nur bedingt beeinflussen kann.
Persönlich versuche ich es nach wie vor mit Verdrängen, worüber sich wahrscheinlich manche Psychologen die Haare raufen würden. Aber bei mir funktioniert es (einigermaßen) – „wahr ist was wirkt“.
Gegen die Angst vor Tod und Sterben haben die Menschen unterschiedlichste Strategien entwickelt.
Über eine der wirkungsvollen und trostreichesten verfügen heute immer weniger Menschen: Über den Glauben, dass nach dem Sterben das eigentliche, ewige Leben beginnt.
„Wir haben den Glauben an Gott gegen den Glauben an den Tod und das Nichts eingetauscht – das schlechteste Geschäft, das Menschen je gemacht haben. Wir sollten es reklamieren“ schreibt Dietmar Hansch [1].
Wer „religiös unmusikalisch ist“, wie ich, dem steht dieser Trost nicht zur Verfügung.
Aber ich bewege mich gerade auf dünnem Eis: „Äußert man sich zu religiösen Themen, kann man nur verlieren, denn man tritt immer irgendwem auf den Füßen herum“, schreibt Manfred Spitzer [2]. Ich verlasse die Eisfläche unverzüglich.
Die Angst vor Verfall, Siechtum und Schmerzen ist nochmals von ganz anderem Kaliber. Es ist zum Verzweifeln, aber auch darauf haben wir wenig Einfluss, (auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen, weil es unseren Stolz verletzt).
Die die Ohnmacht der „Machbarkeitsideologie“ zeigt sich hier besonders deutlich. Patientenverfügungen, Palliativmedizin oder Suizid als letzter Ausweg können in manchen Fällen vielleicht das Elend etwas entschärfen, aber insgesamt …
Und so kann ich mir schlussendlich doch wieder nur den einen Ratschlag geben: Lebe und genieße dein Leben, solange es noch geht, eingedenk des Spruchs „Cross that bridge when you come to it“ – Über diese Brücke musst du erst dann gehen, wenn du dort angekommen bist.
Damit kannst du dem Tod am ehesten ein Schnippchen schlagen.
Schönes Wochenende und herzliche Grüße
Kurt
[1] Hansch, Dietmar: Erfolgsprinzip Persönlichkeit. 2., aktualisierte Auflage. Heidelberg: Springer, 2009.
[2] Spitzer, Manfred: Vom Sinn des Lebens: Wege statt Werke. Stuttgart: Schattauer, 2006.
@Kurt20
Kleiner Abstecher zur Aussage Manfred Spitzers:
Zweifellos tritt man bei fast jeder gegenteiligen Meinung jemand auf den Füßen herum. Aber das Ziel kann nicht sein, die eigenen Anschauungen so weit zurückzunehmen, bis nicht einmal mehr die Gefahr eines Fünkchen Unwillens entstehen kann.
Höflichkeit sollte natürlich trotzdem nicht außer Acht gelassen werden.
Corona lehrte uns viel über Meinungsbildung, auch gegen jede Vernunft und durchaus gnadenlos.
Schönes Wochenende Lydia
@keyly
"Aber das Ziel kann nicht sein, die eigenen Anschauungen so weit zurückzunehmen, bis nicht einmal mehr die Gefahr eines Fünkchen Unwillens entstehen kann."
Stimmt, liebe Lydia. Mein Zusatz: Ich gehe sehr sparsam damit um, meine „Anschauungen“ unter die Leute zu bringen. Erstens will sie meistens niemand wissen (Kategorie „ungebetene Ratschläge) und zweitens, weil das Lebenszeit und/oder Energie frisst. Deshalb nur, wenn das Nutzen/Kosten-Verhältnis stimmt (für mich), gemäß dem Spruch „Hör auf, mit Bäumen zu diskutieren!“
Einen schönen Sonntag.
Herzlichst
Kurt
Hallo Kurt,
es ist immer wieder eine Freude, Deine Überlegungen zu lesen!
"Da ist alles gesagt!"
Daß wir ST ler damit auch zu Deiner guten Laune und geistigen Beweglichkeit beitragen ist der Dank für Deine Mühe 😉
In diesem Sinne herzlich
Ursula
@U. Petri
Sa., 11. Oktober 2025
Liebe Ursula,
beim Niederschreiben wird mir einiges klar, was mir vorher nicht so klar war. Eine gute Übung, die noch dazu Freude macht. Insbesondere, wenn man freundliche Kommentare erhält wie Deine.
Vielen Dank und einen schönen Sonntag,
herzlichst Kurt
Guten Morgen Kurt,
morgens dankbar sein, dass man noch lebt. Ja bin ich wohl, obwohl ich mich heute Morgen fühle als ob mich ein LKW überrollt hätte. Und das nach nur 1 Stunde Fitness Center. Doch das Alter bringt eben auch, in Bezug auf meine Fitness, Weisheit.
Angst vor dem Tod? Zur Zeit entwickle ich eine Leck-mich-Stimmung, sprich: mir ist so ziemlich alles egal. Um es etwas freundlicher auszudrücken, ich habe gelebt. Es gibt nicht viel was ich unbedingt noch einmal hätte tun wollen. Bis auf eine Sache, und die hat sich Anfang letzten Monats auch erledigt. Angst vor dem Tod? Ein klares Nein.
LG Gisela🙋♀️